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Alt 26.12.2011, 10:39   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Walther,

ich fände es schade, wenn dieses Sonett keine Kommentare bekäme. Irgendwie ist die Erotik-Rubrik seltener besucht. Ich persönlich kommentiere ganz unterschiedlos auch hier (und poste auch selbst immer wieder mal etwas), aber ich "verteile" meine Kommentare ja auch so gut wie mir möglich, und ich muss auch Gefallen an einem entsprechenden Gedicht finden. (Wobei es keine Rolle spielt, ob es nun etwas direkter formuliert ist oder indirekt in Form von Metaphern - "Geschmackssache".)

Zu Anfang eine Frage: Ist mit "projiziert" eine "Wunschprojektion" auf ein LD gemeint, oder ganz konkret ein Film? Danach folgt ja "phantasmiert". (Das Wort ist so aber nicht gebräuchlich, oder?) Ich kann mir ungefähr denken, was es heißt, ich kenne "phantasmagorisch", im Sinne von "bizarr, ausgefallen". Beziehe ich das auf das folgende Phantasiebild der "Teufelin" und der "Peitsche", dann ergibt sich für mich ein "Spiel", ausgefallen, ja, aber vielleicht gar nicht "real". Ich glaube, es kann sich auch um eine "Wunsch-/Traumvorstellung" handeln, die das LI gerne einmal erleben möchte. Beziehe ich die "milden Gaben" und das "belüge mich vorzüglich" mit ein, kann es auch real stattfinden, aber es ist dann ebenfalls ein Spiel, das LI und LD, so wirkt es auf mich, im gegenseitigen Einverständnis miteinander "spielen". Ich kann das "so und so" auslegen.

Also mir gefällt das Gedicht sehr. Besonders die letzten beiden Verse, von denen der zweite ja auch als Titel dient. Auch ansonsten begrüße ich es, dass du hier einfach mal Erotik schreibst - ohne sie zu verstecken. Also ich bin diesbezüglich auch offen - soweit mir bekannt, leben wir im 21. Jahrhundert. (Ich selbst habe "Versuche" unternommen, aber keinen davon gepostet - ich schaffe es einfach nicht, "Freie Gefühle", das sind sie für mich, in eine "Form" hineinzubekommen. Da scheitere ich immer wieder, und mir gefällt mein Geschriebenes nicht. Ich lerne jetzt auch in Sachen "Freie Verse" und hoffe, dass mir im Zuge dessen unter anderem auch hier eine Möglichkeit eröffnet wird.)

Daher stelle ich dir ein Lob aus, dir gelingt das wirklich gut. Es ist ein schönes, erotisches Gedicht. Und eine Prise Humor fehlt auch nicht, denn bei "Durchbohren Dich mit diesem dicken Dings" musste ich grinsen - auch aufgrund der Alliterationen, du hast ja nur "mit" ausgelassen. Das sagt mir zu, denn es gibt etwas Leichtigkeit: Es ist ein Spiel, es macht Spaß.

Auch dieser Vers ist ähnlich:

Zitat:
Verfüge mich, belüge mich vergnüglich,
Wobei es noch mehr gelungene Feinheiten gibt, du verwendest hier sehr schön Assonanzen und Alliterationen, schaffst Verbindungen mit Vorsilben (verglühe, vergehe, verfüge, vergnüge, vergnüglich); und ich bin hier nicht ganz sicher, aber "So soll / so will" und "Zeig mir / Gib mir", "Verfüge mich / belüge mich" sind Parallelismen mit einer "Steigerung". Es gibt auch "wo oben / wo unten - wo rechts (und) wo links - für mich nicht ganz einzuordnen, Tautologie und Repetitio? Jedenfalls gut gemacht, gerne ein Lob dafür.

Formal möchte ich noch etwas anmerken:

Zitat:
Wenn ich Dich, liebste Teufelin, bemühe!
Hier bin ich beim ersten Lesen in den Trochäus "gerutscht", ich betonte "Wenn ich dich". Ich kann es jambisch lesen, aber ganz gelungen ist die Stelle nicht, das liegt einfach daran, dass sowohl Wenn als auch Dich "gewichtiger" sind als ich und es von beiden "umrahmt" wird, du verstehst sicher, was ich meine. Mit dem "Wenn" habe ich weniger Probleme, für mich ist es in der Hauptsache das "Dich", das ich unwillkürlich betonen möchte, nicht zuletzt sorgt auch dessen Großschreibung noch dafür.

Hier ist es ähnlich:

Zitat:
Zeig mir sie her, gib mir die milden Gaben:
"Zeig ... her", ich möchte hier XxxX betonen. Es würde mir leichter fallen, wenn statt "mir sie" hier "sie mir" stünde, der Diphtong "ie" und der Bezug des Inhalts unterstützen das: Was soll das LD herzeigen? Sie, die milden Gaben. Was allerdings das rhetorische Stilmittel, das ich oben erwähnte, verlorengehen lässt. Ich finde aber, so schlimm wäre das nicht, es ist ja nur eines.

Zitat:
Halt’s nicht zurück, komm, stöhn’ es, schrei es, sing’s!
Keine Kritik, nur als Anmerkung: Hier geht es mir in erster Linie um die Bedeutung des Wortes: komm. Das ist die "Hauptsache", jedenfalls meines Erachtens nach. Danach folgt eine schöne Klimax (stöhn, schrei, sing), aber das "komm" liegt - in einer Senkung. Es ist nur eine Sache meines "persönlichen Empfindens", das ein Wort mit "zentraler Bedeutung" (unterstützt wird es auch durch die zentrale Platzierung im Vers) gerne durch eine Betonung hervorgehoben sehen möchte. Ich kann es, aufgrund der beiden Kommata, betont lesen, das ist auf diese Weise ohne "Regelbruch" machbar - ich "lande" aber beim Lesen unwillkürlich in einer Senkung. (Natürlich rein betonungsbezogen! - Der Spaß musste sein. ) Wie gesagt, keine wirkliche Kritik, aber ich möchte dir meine Gedanken darüber mitteilen.

Diese drei Stellen ändern aber nichts daran, dass ich es für ein sehr schönes Sonett halte - kein Gedanke! Ich habe es gerne gelesen, mir gefällt es wirklich gut.

Liebe Grüße

Stimme
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