Thema: Abgenagt
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Alt 03.10.2019, 22:36   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Hans!

Ich kannte mal jemanden, der konnte mit wenigen Linien ein treffendes Portrait von jedem zeichnen. Ich kann zwar selbst sehr gut zeichnen, aber so eine Lockerheit und Sicherheit aus dem Handgelenk habe ich nie geschafft, und das mit so erstaunlichem Ergebnis - den Menschen so gut zu treffen, das Wesentliche herauszuschälen, und das in wenigen Augenblicken!

Auf die Frage, wie er das macht und wie lange er gebraucht hat, um es zu lernen, sagte er sinngemaß: "Ich weiß nicht, wie ich das mache, ich mache es einfach, und ich konnte das irgendwie schon immer. Ich habe kaum dafür geübt, es liegt mir einfach in der Hand. Ist für mich nichts Besonderes!"

Mir geht es mit dem Dichten ebenso: Ich muss mich nicht bemühen, es fliegt mir einfach so zu. Die Worte und Satzkonstrukte bilden sich wie von selbst. Für die Vorschläge oben habe ich ein paar Minuten gebraucht, und es hat Spass gemacht.
Ich weiß, andere staunen, aber für mich ist es eben ein Zufallsergenbis im genetischen Roulette, eine Gabe, die ich immer schon hatte, und damit nichts weiter Besonderes. Ich musste mir das kaum erarbeiten, bestenfalls etwas schleifen und verfeinern, und das war keine Arbeit, sondern Vergnügen. Sprache ist für mich wie ein endlos großer Legobaukasten ...

Von daher ist mir jedes Lob, so gern ich es auch höre, auch immer ein wenig peinlich, weil ich irgendwie immer das Gefühl habe, ich hätte mich dafür eigentlich nicht ausreichend angestrengt, um es mir ehrlich zu verdienen. Es steckt kaum Aufwand dahinter: für meine Sonette brauche ich meist zwischen 10 und 20 Minuten, und ich würde das niemals als "Arbeit" bezeichnen - eher als eine Art Liebesakt mit der Sprache selbst.

Ich hoffe, ich bin nicht zu penetrant mit meinen Kommis - manche vertragen keine "Vorschläge", fühlen sich lyrisch bevormundet oder gar erniedrigt ...

LG, eKy
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