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Alt 11.03.2012, 10:30   #2
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asphaltwaldwesen
 
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ein wirklich hartes schicksal, das es da trägt, das prosagedicht, lieber thomas.



dein schachzug, einen höchst prosodisch angelegten text dennoch mit reimbetonenden wörtern und zeilenumbrüchen zu setzen, finde ich höchst amüsant. da bildet die form an sich schon die aussage ab. sowas mag ich.


solange "gedicht" mit reim assoziiert wird, wird kein verständnis für das eigentliche "wesen" des gedichtes aufkommen können. wo sollte es auch herkommen, wenn man jahre- und generationenlang lernt, beim gedicht käme es auf rhythmus und vor allem (end)reim an?

für viele ist doch schon ein riesenschritt, als gedicht zu akzeptieren, was zwar metrum-bedingten ebenmäßigen rhythmus aber keinen reim bietet. wenn dann ein metrum auch noch fehlt.... was ist es dann? ein gedicht?


"was ist ein gedicht?" (wenn nicht der reim und das metrum die berechtigung sind, es gedicht nennen zu dürfen)?
eine ähnlich unbeantwortbare frage in der heutigen zeit ist auch "was ist kunst?". über sie streiten die gelehrten und werden sich nicht einig. und auf ungelehrtem niveau hört man dieses "das kann ich auch" (=nix dahinter).

ich fürchte also, die menschheit kann nur schwer mit dem anerkennen von etwas leben, das sich an nicht-mess- oder einordenbaren kritierien festmacht. da fehlt der halt, um es für sich einordnen und bewerten zu können.

wir sind eine spezies, die bewertet. einschätzt. einordnet. um sicherheit zu haben. (der säbelzahntiger ist zwar ausgestorben, doch unser reptiliengehirn nicht).


ich fürchte, das prosagedicht klagt umsonst. vielleicht sollte es sich einfach nicht mehr um die anerkennung von vielen (oder gar allen?) bemühen. dann gäbe es auch keinen grund, sich zu grämen.


dir einen schönen sonntag,


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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
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