Thema: Bücher
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Alt 06.03.2011, 16:41   #15
Lord Skarak
Gast
 
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Standard Oh, na gut...

Hallo Kurier!

Aus Deiner Reaktion gegenüber Larin lese ich heraus, dass es sich bei Deinem Gedicht wohl tatsächlich um die einfache, meiner Empfindung nach oberflächliche Hommage ans Lesen ohne größeren interpretativen Gehalt handeln soll. Insofern weiß ich ja jetzt auch, auf welcher Bahn ich denken muss, um diesen Text richtig einzuordnen. Larin gab zu verstehen, dass der Text möglicherweise nicht so leicht zugänglich sei, weil er nicht reimend ist. Das kann zumindest in meinem Fall nicht gültig sein, ich habe selbst schon höchst bewegende Texte im Elegeion gelesen, welche sogar metrisch (Disticha, also Hexa- und Pentameter) nicht so gerichtet waren wie Dein Text. Es bleibt dazu leider zu sagen, dass es sich bei der Unzugänglichkeit Deines Gedichtes um eine Sache der Wortwahl und des Klanges handelt. Larin hat zugegeben, dass der Inhalt nicht leicht zugänglich ist. Ich versuche hierfür eine andere Begründung als die "Ungereimtheit" auszuarbeiten:

Der Text ist in einer seltsamen emotional versetzten Manier geschrieben. Es steht zum Beispiel:

Zitat:
Zitat von dem Kurier
der Januskopf grüßt
Hierzu habe ich bereits oben erwähnt, dass "grüßen" ein absolut banaler Akt ist, hinzu kommt nun, dass er außerdem emotional fast völlig neutral ist. Dieser und andere emotional neutrale Begriffe sind einem erhöhten Stimmungsbogen abträglich, sie stehen auch oft da, wo man sich vielleicht eine Pointe erhoffen würde. Anstelle von grüßen würde sich hier vielleicht "grinsen" anbieten, denn man bleibt ja oft im Zweifel darüber, was denn nun der Grund des Grinsens sei. Es muss in diesem Zusammenhang nicht einmal von grüßen die Rede sein, da "grüßen" hier ja anscheinend nur deutlich machen soll, dass dem Protagonisten in diesem Moment der Januskopf "einfällt". Durch die bloße Erwähnung des Kopfes ist das aber bereits gegeben, daher hätte man eigentlich noch eine Silbe für ein anderes Verb frei. Das "grüßen" ist in diesem Zusammenhang so läppisch, dass es die Stimmung der beiden Vorverse schlagartig abbricht. Exakt dasselbe gilt für

Zitat:
Zitat von dem Kurier
Im Umfang beträchtlich, in Vielfalt betörend,
es bittet zum Lesen die schreibende Zunft.
Es werden hier wie Klötze zunächst die beiden eher emotional besetzten Worte "beträchtlich" und "betörend" eingeworfen, dann "bittet" die schreibende "Zunft" plötzlich zum lesen. Spinnenweben. Zwar ist der Stil der Sprache insgesamt nicht nieder, aber sie ist auch nichts Besonderes. Da ist die Metrik eingehalten (wobei man jetzt streiten könnte ob das allein bereits ein Kunststück sei) und die Pointe wird stets durch handwerkliche und/oder neutrale Begriffe verhindert. Ein weiteres Beispiel Deiner stilistisch höchst elaborierten Langeweile:

Zitat:
Zitat von dem Kurier
Gedanken, sie zeichnen bewegende Bilder,
aus federndem Können im lesenden Akt.
Wieso in aller welt hast Du hier nicht wenigstens "malen" statt "zeichnen" gesetzt? Zeichnen klingt in Kombination mit Zunft und federnd so schrecklich nach Zahnrad und Unruh... und an sich ist "malen" bereits sanfter und schöner als "zeichnen" welches mit seinem zischenden "ch" doch wohl wirklich nicht sonderlich weich klingt, oder? Emotional beißt sich auch ganz gewiss der "lesende Akt", "lesen" ist neutral und informativ, ein "Akt" klingt hitzig und hat vielleicht etwas Großes, zusammen sind sie einfach nur... fad. -.- Und beim "federnden Können" denke ich zunächst gewiss nicht an die Schreibfeder, da muss ich mich erstmal durch diverse Maschinerie hindurchdenken.

So, jetzt ist mein Stimmungsbalken so verrant, dass ich einen Spaziergang brauche. Ich werde meiner Analyse hier vielleicht noch einen zweiten Teil hinzufügen, bei der Gelegenheit demonstriere ich dann auch, wie der Edit-Button funktioniert und man Doppelposts vermeidet.

Liebe Grüße,
Skarak

Geändert von Lord Skarak (06.03.2011 um 17:03 Uhr)