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Alt 18.11.2016, 11:32   #11
Angelika
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Lieber Erich Kykal, ich verstehe dich sehr gut. Als ich vor Jahren in der Berliner Nationalgalerie war, stolperte ich in der Empfangshalle beinahe über einen Haufen verrosteten Schrotts und dachte mir, die bauen hier um und sind nicht fertig geworden. Denkste. Da war nämlich ein Schild mit dem Titel eines "Kunstwerks", das ich nun versuchte herauszufinden, was es eigentlich darstellen sollte. Bin nicht drauf gekommen, weil auch der Titel mir sehr abwegig vorkam.

Aber ich hatte mal ein wirklich schönes Erlebnis mit einer abstrakten Wandmalerei. Das war in Plötzensee, nahe der Strafanstalt, dort gibt es eine hochmoderne Betonkirche, im Innenraum eine riesige Wand, auf der im ersten Moment nicht deutbare Farbflecken waren. Ich setzte mich also hin und sah mir die Farbflecken genauer an. Und plötzlich ergab sich das Bild einer Szene aus der Bibel. Bei abstrakten Gemälden braucht man vielleicht mehr Phantasie und Abstraktionsvermögen als zum Beispiel bei einem eher realistischen Gemälde von Rubens oder so, wo man auf ganz andere Dinge achtet. Falls man interessiert ist und sich mit der Betrachtung Zeit nimmt, hat man also wenigstens dieses Aha-Erlebnis.

Aber du zielst mit deinem Gedicht ja auch noch auf anderes hin, nämlich auf das oberflächliche Herangehen von Künstlern an ihre Kunst. Das hängt natürlich mit dem Grad ihrer Ausbildung und ihrer unbedingten Sucht, modern zu sein, zusammen. Vielleicht auch mit der Sucht nach dem schnellen Geld, das freischaffende Künstler ja immer nötig haben. Deine Worte in der ersten Strophe allerdings finde ich reichlich stark und auch ganz schön selbstsicher. Mein lieber Mann.

Aber man kann niemandem vorschreiben, was er schön finden soll oder was nicht, höchstens, dass die ästhetische Bildung wieder in ihr Recht treten muss. Deinem verständlichen Ärger hast du mit diesem Gedicht Luft gemacht.

Angelika
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