Thema: Bereit
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Alt 24.10.2021, 05:41   #4
whizzl
Eiland-Dichter
 
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Hi Thomas,

ich hab‘s Sonett auch mal unter die Lupe genommen:

Reimschema: abba cddc beb beb
Vers 2, 3, 4, z.B. u - - u, - u - - u - sind vierhebig usw.. Verse in Sonetten sind aber normalerweise entweder fünf- oder sechhebig.
Auffällig ist auch der betonte Wechsel von männlich bzw. weiblichen der Versanfänge bzw. -Endungen, die hier scheinbar bewusst als polarisierendes Stilmittel „männlich – weiblich“ eingesetzt wurden.

Was willst du denn im Folgenden sinngemäß ausdrücken?

1. „ …, was du mir erwählt, ...“ verstehe ich als eine Umschreibung für „fremdbestimmt“
2. „was immer kommen mag, […], es anzunehmen“ ist eine nette Umschreibung für totale Passivität
3. „… bis es nicht mehr quält.“ und das Ganze sollte auch noch quälen, egal wie lange es dauert, bevor es aufhört?

Oben angeführte Formulierungen bilden die Schlüsselsequenz zum Verständnis dieses Sonetts. Ein devotes LI wendet sich an ein dominantes „Du“ damit es sich an der Hand des DU‘s erheben kann. So weit, so gut.
Für mein Sprach-Verständnis ist das ein Gedicht über Sadomasochismus (SM).

Sicher spricht SM im wirklichen Leben ein paar MenschInnen an. Aber ob es wirklich „auffällig positiv“ ist, sei einmal dahingestellt. Wirklich gesund ist es wahrscheinlich nicht.
Bei mir als Leserin kommt dieses Sonett jedenfalls eher, - nun -, wie eine Kurzfassung von „was sie schon immer über Sex wissen wollten“ (ein Film-Klassiker von Woody Allen) an.

lg whizzl
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Warum gibt es Sein und nicht nichts? Darum! (Umberto Eco)
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