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Alt 12.11.2014, 19:54   #31
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo AZ,

ich dachte eigentlich, dass wir über den Unterrichtsstoff der 9. und 10. Klasse hinaus seien und werde hier sicherlich keinen Grundkurs über Logik, Metaphysik und Naturphilosophie geben, um zu beweisen, dass Religion und Ideologie im Grunde dasselbe sind.

Wie dem auch immer sei, es gibt zahlreiche überlieferte Hitler-Zitate, die annehmen lassen, dass er zwar mit der weltlichen Institution Kirche haderte, die er übrigens keineswegs vernichten, sondern nur entmachten wollte, innerlich aber zeitlebens Katholik geblieben ist.

Das will ich hier auch nicht weiter ausführen und im Grunde ist es auch egal, denn Fakt ist, dass Hitler seine Soldaten „Mit Gott fürs Vaterland“ in den Krieg ziehen ließ.
Selbst wenn er nicht daran glaubte, so wusste er um die Macht, die dies beinhaltete, um das für seine Zwecke auszunutzen.
Und so etwas kann man nur mit Gläubigen anstellen, denn die sind ja schon anderweitig manipuliert bzw. indoktriniert worden, bei realistischen Menschen funktioniert diese Motivation aber nicht.

Natürlich entfernen wir uns in dieser Diskussion vom Grundthema, aber nicht ich war es, der hier andere „berühmte(-berüchtigte)“ historische Persönlichkeiten ins Spiel brachte.
Ein Anderer wollte mir zeigen, dass selbst einige der fähigsten Köpfe der Menschheit von diesem Aberglauben infiziert waren, du argumentierst mit den drei üblichen Führern der bekannten totalitären Regime, um zu zeigen, wie böse und schlecht doch die sogenannten Atheisten sind, nur um eine Rechtfertigung für den ach so harmlosen Glauben anführen zu können.

Niemand hat jemals behauptet, dass alle Atheisten „gute“ Menschen seien und deshalb kann man das Pferd auch nicht beim Schwanz aufzäumen, das funktioniert nämlich nicht.

Die Wissenschaft hingegen heißt Wissenschaft und nicht „Glaubenschaft“, weil sie versucht, das Wissen zu erweitern.
Im Gegensatz zur Religion ist sie nicht statisch und behauptet auch nicht, alles zu wissen oder alles entschlüsseln zu können.
Ganz im Gegenteil ist die Wissenschaft immer bereit, Theorien, die widerlegt werden können, zu revidieren. Sie stellt keinen Anspruch auf Perfektion, ihr liegt kein „heiliges Dogma“ zugrunde, sie bezieht ihre Kenntnisse auch nicht durch höhere Wesen, die keine Menschen waren und die irgendwann einmal dem Menschengeschlecht Aufschlüsse über sein und der Welt Dasein und Zweck gegeben haben.

Wissenschaft und Philosophie haben nichts damit zu tun, was geglaubt werden kann oder soll, sondern ausschließlich damit, was man wissen kann.

Darüber erhebt sich Religion, sie hebt sich über den Menschen über die reale Welt hinaus und begibt sich in Gefilde, die keinerlei Beweise bedürfen.
Damit macht sie es sich sehr einfach.

Die üblichen Argumente die sich gegen den Atheismus wenden, sind die Gräueltaten vermeintlicher Atheisten (s.o.) und wenn dann gar nichts mehr hilft, kommt der altbackene Hinweis auf einen irgendwie anders gerichteten Glauben:

Zitat:
Glaube ruhig weiter, dass du ohne Glauben und Annahmen durchs Leben ziehen kannst, es ist ein hübscher Glaube, warum nicht.
Und wenn wir schon die Begrifflichkeiten nach Belieben vermischen, musst du selbst der heiligen Wissenschaft Glauben und Vertrauen schenken.
Das ist schlicht und einfach falsch. Hier geht es nicht um Glauben, sondern um knallharte Fakten. Selbstverständlich kann die Wissenschaft kein gesamtes Weltbild liefern, sie erklärt aber beweisbar viele Dinge, die früher in den Bereich der Wunder fielen.

Muss ich daran glauben, dass heute nach 10jähriger Reise das Landemodul „Philae“ der Sonde „Rosetta“ in der sagenhaften Entfernung von 400 Millionen Kilometern auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko sicher aufgesetzt hat?
Erzählt man uns das nur oder ist dies eine beweisbare Tatsache?

Nein, ich glaube nicht an die Wissenschaft, ich nutze ihre Erkenntnisse nach meinen persönlichen Fähigkeiten, um meine eigenen, dürftigen Kenntnisse zu erweitern.
Und da geht es um greifbare Dinge und nicht um irgendwelche Mythen und unbeweisbaren Dogmen, die auf den Aussagen alter Bücher beruhen, aus einer Zeit, als in unserem weiteren Kulturkreis die meisten Menschen noch unter den primitivsten Bedingungen lebten, von Bildung wollen wir da gar nicht sprechen.

Der Monotheismus entsprang einst einem uralten Wüstenglauben, davor hatten sie die Vielgötterei, die im Brahmanismus / Hinduismus noch heute existiert.

Ja, moderne Menschen von heute sollten tolerant sein, damit sie politisch korrekt wirken, vorzeigbar, kreditwürdig, Gemüseeintopf.

Geh mir bloß weg mit dieser scheinheiligen Toleranz, denn alle (wirklich) großen Religionen sind reine Männerreligionen und 50 % der Menschheit werden durch diese diskriminiert, unterdrückt und weniger wert geschätzt. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass selbst in der aufgeklärten westlichen Welt mit jüdisch-christlichen Traditionen die meisten Frauen im Berufsleben immer noch benachteiligt werden und weniger Lohn für die gleiche Arbeit erhalten, als ihre männlichen Pendants?
Wie ist es zu erklären, dass in anderen Kultur- und Religionskreisen viele weibliche Neugeborene einfach entsorgt werden?

„Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.“
Und was ist umgekehrt? Ach nein, die Frau ist ja das Eigentum des Mannes.
Warum hat er nicht seine Tochter als Erlöserin auf die Erde geschickt?
Das ging ja nicht, wer hätte schon auf eine Frau gehört bzw. hören wollen?
Wo waren die „Jüngerinnen“? Warum waren alle Propheten männlich?
Selbst der Stellvertreter Gottes hier auf Erden hat Testikel.
Warum heißt es Gott und nicht Göttin?

Vielleicht weil nur Männer, almmächtig, allwissend, kreativ und gerecht sein können?

Aber so ist mein lieber Gott ja nicht. Er ist der gütige, barmherzige Schöpfer, der alles aus Nichts und Liebe erschaffen hat, denn irgendwas muss da ja sein, ich will das eben so.
Und was die Kirche sagt, von wegen Sünden, Jüngstes Gericht, Himmel und Hölle, das stimmt ja auch alles nicht, ich bringe mir das wie aus Knetmasse in die eigene Form, denn der Gott der Kirche entspricht ja nicht meinen Erwartungen.
Also mache ich mir mein eigenes Bild und treffe meine eigenen Aussagen über ein höheres Wesen, das niemals in Erscheinung getreten ist, von dem niemand auch nur das Geringste wissen und sagen könnte, wenn es tatsächlich existierte.

Ich lache mich schlapp über soviel gläubige Unerschütterlichkeit.

Zitat:
Es ist ja schön und gut, hinter der aufgeklärten Welt unendliches Wissen zu vermuten, und Faktencheck seiner eigenen Möglichkeiten zu betreiben. Es grenzt aber alles mehr oder weniger auch an gefährliche Naivität und Glauben, mehr als dir vielleicht dabei lieb sein kann, wenn diese Welt als unumstößliche Realität angebetet wird.
Nein, es ist nicht schön und gut, es ist richtig so und der einzig gangbare Weg für die menschliche Zukunft.
Die Natur hat den Menschen mit fünf Sinnen ausgestattet, um ihn mit Informationen aus seiner Umwelt zu versorgen.
Und diese Welt, womit nicht nur die Erde gemeint ist, ist zumindest in dieser Gegenwart eine unumstößliche Realität, was alleine schon dadurch bewiesen ist, dass ich existiere.
Diese Welt brauche ich nicht anzubeten, ihr brauche ich nicht zu huldigen, sie ist die Voraussetzung für meine Existenz.

Wie gefährlich und naiv ist dagegen denn der Glaube an eine Welt, die in unserer Realität erst gar nicht in Erscheinung tritt, von der wir also gar nichts wissen können und in der wir ein übernatürliches Wesen mit menschlichen Charaktereigenschaften versehen?

Zitat:
Ich empfinde es ähnlich wie Hans Beislschmidt, der die Notwendigkeit erkennt, einem professionellen Sterbehilfeprozess eigene idiologische oder religiöse Ansichten einfach unterzuordnen.
Das tut Hans ja gerade nicht. Er wehrt sich vehement gegen Sterbehilfeprozesse (s.o.).
Denn bei diesem Thema werden ideologische oder religiöse Ansichten eben nicht untergeordnet.

Natürlich kann man einen Sterbenden anlügen und ihm sagen, gleich geht’s weiter, der liebe Gott wird sich schon um deine unsterbliche Seele kümmern.
Dann kann man nur hoffen, dass derjenige dann auch keinen Dreck am Stecken hat, denn auch diese Medaille hat zwei Seiten, man könnte auch ganz woanders landen, wenn der liebe Gott abgerechnet hat.
Aber das verschweigen wir als empathische und tolerante Menschen dann ganz dezent.

So viel zur Ehrlichkeit…


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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