Thema: Reconquista
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Alt 26.11.2015, 17:00   #7
wolo von thurland
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Hallo Falderwald, nun zu Teil zwei

„unversöhnlich“ klang das von deiner Seite eigentlich nie. In diesem Forum gibt es nur einen raubeinigen Kreuzritter, der wohl beim letzten Übungskampf mit dem Morgenstern einen Schlag auf den Kopf abgekriegt hat und dessen Sicht der Problematik man etwas Unversöhnliches fast attestieren muss. Mein Ritter trägt nicht zufällig den Namen Hans.

Leider zielt deine Argumentation auch im zweiten Teil auf Aussagen, welche ich wohl kaum je gemacht haben dürfte. Trotzdem ist es mir ein Anliegen, dir in einigen Dingen zu widersprechen, wo ich wiederum befürchte, der Wunsch nach heilenden Umschlägen erschwere eine sachliche Diagnose der Anschläge.

Ein (oder neu zwei) gefälschter syrischer Pass, welcher bei einem auf Leros (nicht Lesbos) registrierten Migranten und offenbar Attentäter von Paris gefunden wurde, sagt nichts darüber aus, wie einfach es für einen Attentäter wäre, mit dem Fulgzeug oder über die grüne Grenze bis nach Paris zu gelangen, ohne den Weg über die Fähre nach Athen und dann weiss Gott wo durch. Wer diesen einen (odeer diese zwei) Mitglieder der Gruppe von Pareis überbewertet, verschleiert die wahre Lage und setzt sich dem Verdacht aus, ein ideologisches Raster an diese Ereignisse anzulegen.

Dass Monsieur Hollande „la guerre“ ausruft, sagt wenig über die effektive Problematik aus und sehr viel über die eklatanten Schwächen seiner Regierung.

„Der Islam ist mit unseren Werten nicht kompatibel“ ist eine Aussage, welche einem sturierten Menschen nicht erlaubt sein dürfte.
Teile der im Islam tradierten Bräuche und Verhaltensmuster decken sich sogar besser mit Teilen meiner eigenen Wirklichkeit als Teile der in unseren Ländern vorhandenen Bräuche und Verhaltensmuster.
Teile davon widersprechen allem, was ich selber für richtig halte. Was aber eben auch für anderes, hier „Normales“ gilt.
Der Begriff „unsere Werte“ ist genauso ein politisch mythifizierter und gefährlicher Begriff wie „Gutmensch“.

Das Christentum spielt in den Alltag fast eines jeden Europäers hinein, auch wenn wir das nicht mehr wahrnehmen. (Sorry, keine Belege zur Verfügung, momentan eher Überzeugungssache.) Das ist in sehr vielen Bereichen nicht unbedingt schlecht, nicht wahr?

Homophobie war bis vor eher kurzer Zeit „unseren Werten“ alles andere als fremd. Da müssen wir gar nicht bis ins Dritte Reich zurückblicken. In den mit Islam als Hauptreligion lebenden Gesellschaften ist Homosexualität genauso stark verbreitet wie in Europa oder den USA. An vielen Orten und während langer Zeit wurde sie diort nicht stärker verfolgt als hier, sondern versteckt und verschwiegen ausgeübt.
Frauenfeindlchkeit kannst du mit wenigen Mausklicken auf youporn.com in Massen genießen. Frag deine Schüler, wenn du‘s nicht kennst.
Toleranz im gesellschaftlichen Bereich ist etwas, was wir historisch gesehen eigentlich ein wenig aus den islamisch dominierten Gebieten mitgekriegt haben, oder nicht? Wenn die Verrücktheiten reaktionärer Mullahs und ihrer Gefolgschaft, ihre radikale Intoleranz und Todesverschworenheit mit der Gesamtheit islamischer Gläubiger gleichgesetzt wird, dann ist das nicht lösungsorientiert und „nur eine Provokation“ (wenn ich dich kurz zitieren darf).

Wenn einzelne wenige, plakativ wirksame Fakten aufgebauscht oder zurechtgebogen werden, um eine allgemeine Angst vor Islamgläubigen zu schüren, dann ist nach meinem Gefühl unsere freie Gesellschaft in stärkerem Masse gefährdet als durch eine Kindergärtnerin, welche in bester Absicht allen ihren Kindern gerecht zu werden versucht, indem sie die Weihnachtsfeier nicht Weihnachtsfeier nennt.
Und was heisst „Aldi wurde angegangen“? Wie viele Bomben wurden gelegt? Welche Aldi-Kunden wurden auf offener Strasse erschossen? Wie viel berechtigte Kritik an Aldi wurde schon von Christen geübt, weil sie unsere Werte von Aldi bedroht seihen?

Wer hier „Gutmenschen“ und „den Islam“ (nach dem Beispiel von Ritter Hans bis zurück zu den Raubüberfallen spanischer Reoterscharen und osmanischen Expansionsgelüsten) bekämpft, verschleiert die Problematik.
Wer sagt, die Aufnahme der Flüchtlinge würde „unsere gesellschaftlichen Werte in Frage stellen“, btereibt Schlagwort- und Angstpolitik, auf jeden Fall keine Sachpolitik.

Was ums Himmels Willen ist eine Wertegemeinschaft? Fasst das z.B. alle Kolonialstaaten (meinetwegen ohne das „Nur-möchte-gern“-Kolonialreich Deutschland) zusammen? Oder alle Häuschenbesitzer? Oder die Jetset-Inseln von Berlusconi und Co. (Ruby war islamischen Glaubens, hat sie B. einen geblasen, um unsere gesellschftlichen Werte in Frage zu stellen)?? Oder alle Aldikunden, welche sich nicht daran stören, Kaffee oder Schokolade zu konsumieren, für deren Produktion andere Gesellschaften zerstört werden??

Was sollen solch naive Begriffe in Diskussionen, in welchen es wirklich um einiges geht...?

Gunter Gabriel ist wohl in Deutschland so was wie der liebe Gott? Der kann mit wenigen Sätzen eine „Meinungsdiktatur“ errichten? Während die ganzen irrationalen Äusserungen im internet und die sehr wohl rationalen, fiesen Äusserungen von Sprechern auf Pegida-Demos „unsere Werte“ schützen?

Richtig, ich will Demagogie nicht schützen, deshalb sage ich deutlich, wie bei mir Texte ankommen wie einige von Hans oder in Einzelfällen von dir oder Erich Kykal. Damit richte ich mich an Menschen. Du bist dafür, sich „an die Politik“ zu richten. Das ist zwar bereits sehr schleierhaft, aber könnte was bringen, wenn es auf leere Begriffe und pauschale Angstmache verzichtet.

Wie kommst du zuletzt noch auf Waffen? Ist mein Text etwa eine Drohung mit Gewalt? Wenn dieser Eindruck bei irgendwem entstanden wäre, müsste ich nochmals darauf hinweisen, dass ich in diesem Text andere Texte karikiere. Welche nicht zu Gewalt aufrufen, aber den Nährboden schaffen, auf welchem gewalt wachsen kann.

Nun, damit müssen wir wohl den Grundkonsens woanders suchen. Dort, wo wir beide sagen, dass wir eine liberale, tolerante Gesellschaft wollen und dass wir beide befürchten, dass die heutigen Umstände (da gehört noch sehr viel mehr dazu als die Flüchtlinge) zu einem Rückfall in eine unfreie Gesellschaft münden könnten. Fragt sich halt, was genau die Gründe sind. Schon vor zehn oder mehr Jahren z.B. wusste man von der Jugendarbeitslosigkeit in Europa, vom billigen „Brot und Spiele“ auf Kosten von Menschen in der Dritten Welt, von der „Überproduktion“ (Mary lässt grüßen) in vielen Bereichen, welche bis jetzt erstaunlicherweise nur die Bankenwelt in die Krise stürzte, woraus sie wie Phönix aus der Asche erstand.

Als Grundschullehrer war mir immer ein Anliegen, komplexe Sachverhalte einfach zu erklären. Das geht vielleicht auch bei gesellschaftlichen Vorgängen. Nur sollte man Analyse und Suche nach Lösiungen nicht mit dem Verbeiten und Repetieren von Schlagwörtern verwechseln.

Ich hoffe, ich habe mich verständlich und für niemand verletzend ausgedrückt. Obwohl mir teilweise schon ums Afheulen war.

Falls jemand die Geduld aufbrachte, dies alles zu lesen, danke ich sehr und freue mich auf weitere Beiträge.

Noch zu s3z2 "kämpft Ritter Hans mit nichts als Wortes Schwert". Ich begreife leider nicht, was dich an dieser zeile stört. ich mache mich ein bisschen lustig darüber, wie eifernd und "allein auf weiter Flur" der Hans mit seinem Wort gegen Gutmenschen und solche wie mich kämpft. Ein richtiger Drachnetöter mit Worten eben.

Gruss
wolo
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