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Alt 23.12.2009, 17:17   #67
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Weihnachtsamnestie und Schneematschbusserln

Ich glaube, ich weiß jetzt, warum wir Katzen neun Leben haben:
Weil das Zusammenleben mit den Menschen uns so viel Kopfzerbrechen macht, dass wir in einem Katzenleben niemals mit dem Nachdenken fertig sein könnten.
Da ich nun gemütlich auf der Ofenbank liege und mir den Bauch anständig voll geschlagen habe, kann ich mich ja wieder ein wenig meinen Betrachtungen widmen.

Ich muss sagen, so eine Weihnachtsamnestie hat durchaus auch ihre Vorteile – obwohl ich zunächst einmal doch etwas verärgert war, aber da hab ichs wohl noch nicht so richtig verstanden. Das dürfte auch schwierig sein, deshalb erzähle ich jetzt mal schön der Reihe nach….

Da mir mein Frauchen die Leckerschälchen im Keller verräumt hatte, musste ich unbedingt etwas gegen meinen Appetit unternehmen. Der Gedanke an das Wintermäuschen kam mir da wirklich sehr entgegen, noch dazu, wo Frauchen wieder in der Küche zugange war und offensichtlich ein neues Futterrezept ausprobierte. Wenn sie etwas Neues ausprobiert merkt man das, weil sie irgendwie nervös ist. Dann bin ich ihr überall im Wege – egal wohin ich mich auch setze oder lege.
Mein wohlwollendes Interesse an ihrer Arbeit missdeutet sie misstrauisch als schlummernde Attacke (worauf auch immer) und erstaunlicherweise scheint sie dann auch mein kuscheliges Fell nicht zu mögen. „Weg da, du haariges Etwas!“ rief sie mir heute zu, gerade in dem Moment, als ich beschloss, draußen mein Jagdglück zu versuchen.
Na bitte, wenn sie es unbedingt so meint! „Haariges Etwas“! Pah! Des Nachts in ihrem Schlafkörbchen hat sie dieses „Haarige Etwas“ ja noch nie gestört. Ganz im Gegenteil! Da vergräbt sie manchmal ihr Gesicht ganz tief in meinen Flanken und reibt sich ihre Wangen an mir….
Es muss also am Futterrezept liegen, dass sie so gereizt ist. Hab’s beim Hinausgehen noch kurz gehört, wie sie zu Herrchen sagte: „Ich versuche heute mal, Schneebusserl zu backen, nach Omis Rezept. Hoffentlich gelingen sie mir diesmal und laufen nicht wieder auseinander…..“
Obwohl mir Herrchen gar nicht mehr so haarig erscheint, musste auch er die Küche verlassen. Vielleicht dürfen ja Kater generell nicht dabei sein, wenn schwieriges Futter hergestellt wird?
Egal – ich war sowieso bereits im Jagdfieber. Traf auf dem Hof draußen noch kurz Minusch. Die Ärmste sah nicht besonders gut aus .Hatte einen Mordsschnupfen und nieste gleich mehrere Male! Ach Mädelchen, wo hast du dich denn so erkältet? Na hoffentlich packen sie dich nicht ein und bringen dich zu dieser Tierarzt-Frau. Ich denke immer noch mit Schrecken an meinen letzten Besuch. Geh lieber rasch in dein Haus hinein – mit dieser kleinen, frechen Maus werde ich schon noch alleine fertig….
Wir sehen uns, wenn es dir wieder besser geht!

Ich musste gar nicht lange warte, da kam das kleine Nagetier schon angetanzt. Sie witterte zwar neugierig umher, konnte mich aber nicht erschnüffeln, weil der Wind von der anderen Seite her kam. Die Erfahrung vieler Jagden ließ mich genau im richtigen Moment losspringen und zupacken! Zack! Schnapp! Ich hatte sie!
Ich hätte einen Luftsprung tun können vor Lust und Vergnügen, doch ich wollte nicht riskieren, meine Beute wieder zu verlieren.
Das Mäuslein zappelte ja noch beträchtlich. Herrlich! Dachte ich mir. Das kann ja noch ein Riesenspaß werden. So etwas Feines muss man schon entsprechend genießen. Da es bereits langsam dunkel wurde, entschied ich mich dafür, den Leckerbissen im Haus zu vernaschen. Außerdem sollte auch Frauchen sehen , was ich für ein tüchtiger Jäger bin.
Ich zwängte mich also mit dem sich heftig zur Wehr setzenden Nager im Maul wieder durch die Katzenklappe und trottete gemütlich in die Küche.
Frauchen schien mit ihrer schwierigen Arbeit schon fertig zu sein. Im Backrohr leuchtete das Licht. Ob da wohl gerade die Menschenleckerlis gebacken wurden? Ich legte die Maus auf dem Küchenteppich ab, hinderte sie aber mit der Pfote am
Weglaufen. Wenig später hörte ich Frauchen mit Herrchen im Gespräch aus dem Keller kommen.
„Miau!“ begrüßte ich sie freundlich. „Bin ich dir immer noch zu haarig oder gehts jetzt wieder so einigermaßen?“
Frauchen bemerkte mich zuerst gar nicht so richtig. Dann aber sagte plötzlich Herrchen: „Guck mal, Samuel hat eine Maus gefangen.“ Das war mein Stichwort. Ich hob die Pfote ein wenig hoch, damit man sehen konnte, welch prächtiger Fang mir da geglückt war. Das nützte die Maus, um die Flucht zu ergreifen. „Samuel!“ Frauchens Entsetzensschrei überraschte mich sosehr, dass ich einen Augenblick lang vergaß, mir den Flüchtling wieder zu schnappen.
Die Maus zischte daraufhin ins Wohnzimmer, Herrchen, Frauchen und ich sofort hinterher. „Nein, nein, nein! Paul, bitte sag mir, dass das nicht wahr ist!“
Aber Herrchen hielt durchaus zu mir und bestätigte meinem Frauchen noch einmal, dass ich diese Maus gefangen hatte. Ohne Frauchens Entsetzensschrei hätte ich sie auch noch immer gehabt, doch mittlerweile war das Pelztier unter der Wohnzimmerbank verschwunden.
Ich hätte mich natürlich sofort am Wiedereinfangen der Flüchtigen beteiligt. Doch auch damit war Frauchen nicht einverstanden. Sie setzten mich ins Vorzimmer und machten die Wohnzimmertüre zu. Mist! Den Trick mit dem Türeöffnen habe ich leider immer noch nicht heraus gekriegt!
Ein Weile lang hörte ich dann ein Geschiebe und Gerücke aus dem Wohnzimmer. Ich fragte mich, wozu die da drinnen wohl die Möbel umstellten und weshalb ich es nicht sehen sollte.
Schließlich aber hörte ich, wie die Terrassentür kurz auf und dann wieder zuging. Danach durfte auch ich wieder ins Wohnzimmer hinein.
Ich suchte sofort nach der Maus. Ich guckte in jede Ecke und in jeden Winkel, ich stocherte mit den Pfoten hinter die Sitzbank, aber - nichts! Einfach - nichts! Die masu war futsch und weg!
Herrchen setzte sich neben mich und lachte nur.
„Mach dir nichts draus, mein Junge, die Maus hat eben Weihnachtsamnestie bekommen!“
Weihnachtsamnestie? Soll das vielleicht heißen, dass ich sie auch nicht fressen darf? Erst die Leckerschälchen und dann die Maus? Und so was nennt ihr „ein Fest feiern?“ Ich muss echt verärgert dreingesehn haben. Herrchen hatte aber Verständnis für mich. Er streichelte mich und meinte: „Bist ja ein echt tüchtiger Mäusefänger! Aber weißt du: Mäuse in der Küche, und das ausgerechnet zu Weihnachten - das hält die beste Köchin nicht aus."
In diesem Moment setzte die beste Köchin in der Küche gerade zum nächsten Entsetzensschrei an: “Meine Schneebusserl! Die sind ja komplett zerlaufen! Ich hätte sie viel früher herraus nehmen sollen! Wenn doch bloß nicht diese dämliche Maus gewesen wäre….!“

Aber Herrchen lachte nur schallend und meinte nu auch zu Frauchen: „Nimms von der heiteren Seite, Martha. Dann hast du eben heute Schneematschbusserln gebacken – das passt dann wenigstens auch zum Weihnachtstauwetter!“ Und weil auch ich immer noch ein wenig gekränkt dreinsah, ging er anschließend in den Keller runter und holte eine Hand voll Leckerschälchen für mich.

Und stellt euch mal vor: Die durfte ich dann alle, alle ganz leer fressen!
Also, wie gesagt : So eine Weihnachtsamnestie ist vielleicht gar nicht mal so übel…..

Wird fortgesetzt!

Geändert von a.c.larin (23.12.2009 um 17:29 Uhr)
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