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Alt 04.03.2009, 10:47   #18
Klatschmohn
MohnArt
 
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Montag

Der Montag begann genau so trübe und verhangen wie der Sonntag aufgehört hatte. Markus Scheffel wurde verhört. Er gab sich, wie er sich fühlte - als Opfer.
Er kenne Claudia seit zwei Jahren und arbeite in ihrem Fitnessstudio, sagte er zu den Beamten. Vor einem Jahr habe Claudia angefangen Interesse an ihm zu zeigen. Das war die Zeit, nachdem sie krank geworden war, nach der Fehlgeburt. Viel erzählt habe sie ihm nicht. Sie war aber sehr verändert. Er habe trotzdem weiter zu ihr gehalten. Jetzt im nachhinein, glaube er, sie habe ihn wohl nur benützt um die alte Frau auszuspionieren.
Er habe ihr ja immer wieder geraten, die Sache anders anzugehen, aber sie wollte nicht auf ihn hören. Richtig verbissen sei sie gewesen. Um das Geschäft habe sie sich auch nicht mehr gekümmert. Eine Menge Kunden waren bereits abgesprungen. Sie sei dann nach Düsseldorf gefahren um die Dame zu beobachten, habe vor dem Haus rumgehangen dann aber nicht den Mut gefunden sich zu offenbaren. Einmal habe sie Frau von Limpisch auf ihren Hund angesprochen, aber diese habe sie weiter nicht beachtet. Dann sei sie auf den Gedanken gekommen, die Frau zu entführen. Manchmal habe er schon an ihrem Verstand gezweifelt. Vermutlich wollte sie sich irgendwie rächen, weil sie als Baby weggegeben wurde.
Auf jeden Fall habe sie die Frau, die ihre leibliche Mutter war, kennen lernen wollen. Wahrscheinlich hatte sie der auch die Schuld gegeben, dass sie das Kind verlor und dass sie krank geworden war. Er wisse nicht was in Claudia gefahren sei. Sie sei vollkommen unberechenbar geworden.
Wieso er denn mitgemacht habe bei dem verrückten Unternehmen, Luise von Limpisch zu entführen, wurde er gefragt. Das könne er sich heute auch nicht mehr erklären, meinte er. Sie habe ihn auch mit dem Geld gelockt, dass sie zu bekommen glaubte. Das Fitnesscenter könne auf den neuesten Stand gebracht werden. Schließlich sei die reiche Dame ja ihre Mutter und da stünde ihr auch etwas von dem Vermögen zu. Er wisse, es klinge jetzt alles unlogisch.
Warum er sie nicht abgebracht habe von der Entführung, sollte er erklären. Er hatte dann gelacht und gesagt, Claudia von etwas abbringen, genauso gut könne er versuchen die Taten rückgängig zu machen. Was sie sich in den Kopf gesetzt habe, das führe sie auch aus.
Er könne sich jetzt auch nicht mehr erklären wieso er sich darauf eingelassen habe. Sie hätten der alten Dame auch kein Leid zufügen wollen, aber irgendwann habe sich alles verselbstständigt. Eigentlich, so hatte Claudia ihm suggeriert, würde alles ganz schnell gehen. Der Neffe würde das Geld organisieren, sie hätte die Mutter kennen gelernt und Claudia hätte auch was von dem Geld abbekommen, das ihr wohl als Tochter zustände. Schließlich habe sie sich nicht adoptieren lassen wollen. Sie hätte das nie zugelassen.
Freiheitsberaubung, ja das sehe er ein, es tue ihm auch leid, aber schließlich habe Claudia keine andere Möglichkeit gesehen.
Wie er denn herausbekommen habe, dass Frau von Limpisch hier Urlaub mache. Ja, er habe sie im Auftrag von Claudia schon länger bespitzelt. In einem Kaffeehaus habe er am Nebentisch gesessen und da habe sie mit ihrem Neffen über die bevorstehende Reise gesprochen. Claudia habe das als einen Wink des Schicksals verstanden. Sie war in Montabaur aufgewachsen und habe sich hier gut ausgekannt.
Warum er sie niedergeschlagen habe und warum er sich nicht weiter um sie gekümmert habe, als sie blutüberströmt vor ihm lag, wurde er gefragt. Ja, plötzlich sei alles anders gewesen. Sie habe ihm Vorwürfe gemacht. Frau von Limpisch sei ja ihre Mutter. Sie wollte sie um Verzeihung bitten und ihr den Autoschlüssel zurückbringen. Das sei ja Wahnsinn, habe er zu ihr gesagt, sie solle zur Vernunft kommen. Er habe keine Lust wegen ihrer Launen ins Kittchen zu wandern. Aber sie habe sich, wie immer, nicht abbringen lassen Habe ihn weggeschickt wie einen kleinen Jungen. "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen." Er habe sie dann festgehalten und sie gefragt wie sie sich das vorstelle. Man war ihnen doch sicher wegen des Handys schon auf die Schliche gekommen, kenne ihre Namen. Sie hat nur mit den Achseln gezuckt. Ihr sei es egal, dann habe sie sich losgerissen. Dann lag da dieser abgebrochene Ast. Er hatte zugeschlagen um sie aufzuhalten, aber es im gleichen Moment bereut.
Vor Panik sei er dann weggelaufen, sei aber später wieder gekommen. Da waren aber schon die Frauen mit ihren Hunden dort gewesen. Da habe er gemacht, dass er wegkommt.
Das Verhör, das früh am Morgen begonnen hatte, ging bis weit in die Stunden des Nachmittags hinein. Gegen Abend wurde er wieder ins Koblenzer Gefängnis gebracht.



Frau von Limpisch saß schon den ganzen Nachmittag am Bett ihrer Tochter. Ab und zu wachte Claudia auf, dann sahen sie sich an. Claudia versuchte zu sprechen aber es gelang ihr nicht. "Ich weiß Bescheid, mach Dir keine Sorgen", hatte sie zu ihr gesagt. Claudia schloss die Augen. Tränen rannen ihr über das Gesicht.
Sie hatte ein Telefonat mit Kommissar Keiner geführt. Der hatte ihr von der möglichen Verwandtschaft berichtet. Ein DNA Test sollte durchgeführt werden, aber sie war sich auch so sicher. Caudia hatte ihre Augen und die Ähnlichkeit mit Franz war nun unübersehbar. Warum hatte das Kind sich nicht gemeldet, warum hatte sie so lange gewartet. Ein verborgener Teil von ihr hatte sich immer danach gesehnt, dass sie sich melden würde.
Nur gesund solle sie wieder werden. Die besten Ärzte, die besten Anwälte, die besten Therapeuten sollte sie bekommen.
Sie dachte an ihren Mann, sie dachte an ihre Schwester, sie dachte an das Geld, das da verborgen in dem Tresor schlummerte. Kein Zusammenhang, dachte sie.
Kein Zusammenhang. Sie war froh.





Ende
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Geändert von Klatschmohn (04.03.2009 um 10:57 Uhr)
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