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Alt 12.03.2017, 20:56   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

die Frage lautet, was man da noch straffen könnte, denn diese Versform, Stanze genannt, ist ja nun mal ausholend und beschreibend, wie man ja auch an Rilkes "Winterliche Stanzen" oder Goethes "Zueignung" beim Faust erkennen kann.

Der Text spricht ja niemanden direkt an, sondern ist ganz allgemein gehalten. Er kann für einige Situationen oder Lebenslagen stehen, denn im Grunde empfinden doch alle Menschen ab und an ähnlich, wie beschrieben.

Natürlich hast du Recht, der Mensch, als soziales Wesen, existiert nur in der Gemeinschaft und kann sich ergo auch nur über diese definieren.
Er sieht immer, wie gut der schlecht es den anderen geht, und es liegt ausschließlich an seinem eigenen Charakter, wie er damit für sich umgeht.

Und über das "wahre Leben" müssen wir auch gar nicht diskutieren, das stellt der Text ja auch dementsprechend in Frage, in dem er eben fragt, wer sich erkühnen will, einem andern darüber etwas zu erzählen oder gar beizubringen.
Womit natürlich nicht die Schule und ihre Pädagogen gemeint sind, sondern die sogenannte harte Schule des Lebens.

D.h., du kannst nur aus der Erfahrung lernen und auf entsprechende Situationen "richtig" reagieren.

Das Problem dabei ist, dass eben alles, wie stets, relativ ist.

Die Kernaussage lautet eigentlich, du kannst die Welt nicht verändern, sondern nur deine Sichtweise darauf.
Das wird vielen Menschen tatsächlich schwerfallen, denn Veränderungen sind immer auch mit Mühe verbunden. Die Dinge, die man aufgibt oder startet, ändern eben die üblichen Gewohnheiten.
Da spielen die persönlichen Befindlichkeiten eine große Rolle.

So ist das Leben...


Vielen Dank für deine einlassenden Gedanken...


Hi Koko,

ja, ich dachte mir, ich mache mal wieder einen Text mit Stanzen, weil ich diese Form neben dem Sonett auch sehr gern verwende.

Du schreibst es, Leben ist Wandel und Menschen müssen sich anpassen, das war immer so und es wird immer so bleiben, denn wenn eine Spezies das nicht schafft, wird sie aussterben.
Moral und Ethik jedoch sind für das nackte Überleben nicht notwendig, sie sind rein menschliche Erfindungen, die ein akzeptables Zusammenleben in Gesellschaften erst ermöglichen.

Doch ebenso schreibst du, dass verschiedene Gesellschaften und Kulturen auch unterschiedliche Moralvorstellungen haben können.
Da kann dann nur die Toleranz weiterhelfen, wenn diese dann aufeinander stoßen. Sind sie also tatsächlich nicht verrückbar?

Authentizität ist ein großes Wort, denn Glaubwürdigkeit kann vielerlei bedeuten und ist immer einem bestimmten Ideal geschuldet.
Sich dabei nicht übermäßig anpassen zu wollen, kann im schlimmsten Fall das Ende bedeuten, oder aber es bringt erhebliche Probleme mit sich, wenn sich eine Gesellschaft im Wandel befindet.

Und genau das geschieht ja gerade bei uns, und es wird sich nicht aufhalten lassen.
Und dann heult man entweder mit den Wölfen oder man wird von ihnen gefressen.

Aber wenigstens hat man die freie Entscheidung...

Die Hauptsache ist doch, man bleibt als Mensch authentisch.

Also mein Leben ist meines Erachtens sehr schnell an mir vorübergegangen, aber ich habe auch sehr viel davon genossen. Und aus den anderen Dingen, nun ja, da habe ich mehr oder minder draus gelernt.
Ob's mir noch was nützen wird?

Wer kann das schon sagen?


Vielen Dank für deine ausführliche Antwort zum Thema...


Vielen Dank für eure Kommentare...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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