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Alt 05.03.2018, 16:20   #6
Sufnus
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Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Jetzt sagten mir schon mehrere User, ich solle klarer schreiben.
Ich würde mich dem nicht anschließen und durchaus in Deinen Gedichten das Dunkle und Unklare verteidigen: "Je inkommensurabler und für den Verstand unfasslicher eine poetische Produktion, desto besser" (J. W. v. Goethe).

Ich denke aber, dass der Nachtwanderer, bei aller höchst wünschenswerten Unklarheit (die den Gedanken Raum lässt), doch noch von einer größeren Präzision der Rede profitieren könnte (unklar oder inkommensurabel ist nicht gleich unpräzise).

So finde ich in dem Gedicht noch einige Formulierungen, denen etwas rein Dekoratives und zugleich Willkürliches anhaftet, weil sie (soweit das ein Leser, der nicht der Autor ist, überhaupt "fair" beurteilen kann) wahrscheinlich nicht dem Inhalt, sondern dem Reim oder Metrum geschuldet sind.

Warum etwa ist es (inhaltlich) notwendig, dass das "lyrische Du" schleichend in die Nacht geht? Und beißt sich das nicht mit "bahntest Deinen Weg"? Das Schleichen will zumindest für mich nicht ganz mit dem Wegbahnen zusammengehen. Wird das Bild nicht insgesamt präziser, wenn z.B. "Und schleichend" durch "Wie träumend" ersetzt wird?

Etwas unpräzise finde ich auch noch die Formulierung "Und klingt das Echo leis im Widerhall". Zum einen, weil für mich Echo und Widerhall dasselbe bezeichnen, zum anderen, weil die widerhallenden Schritte und das Fallen in Sternehände für mich gedanklich etwas unverbunden nebeneinander stehen. Auch gegen das "Schritte, die Du lange hältst" schaue ich etwas an, der Ausdruck erscheint irgendwie gesucht, nicht zwingend. Eine Art "roter Faden" ohne plumpe "Leichtverständlichkeit" entstünde hier für mich z. B. durch eine Formulierung wie "Und ragt das Schweigen in den Widerhall / der kleinen Schritte, die der Tag verkürzt".

Mein Sermon klingt jetzt alles wieder furchtbar krittelig... aber 1. finde ich das Gedicht bei allem Detailgemoser ungemein anregend und 2. kritisier ich nur rauf-und-runter, als gäbs kein Morgen mehr, wenn ich finde, ein Gedicht ist es wert.
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