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Alt 27.08.2018, 08:51   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Standard Lasst Licht herein

Lasst Licht herein (Übertragung)

Die Sterbeworte Goethes

"Licht! Mehr Licht! Die Schatten weben
und mein Leben flieht ins Weite,
öffnet mir die Fensterläden:
Licht! Mehr Licht bevor ich scheide.

"Lindernd soll der Sonnenschein
sich ums Totenlager spreiten,
wenn durch dieses düstre Tal
ich nun muss alleine schreiten.

"Licht! Mehr Licht! der Tod webt Schatten
mir ums müde Angesicht,
möchte ihm ins Auge schauen
durch den Strom von ird'schem Licht.

Nicht die schöpferischen Gaben
und die großen Dinge nicht,
alles was den Dichter kümmert,
ist die Bitte um mehr Licht.

Achtet nicht den eignen Lorbeer,
er entschwindet seiner Sicht;
alles Hoffen dieses Dichters
ist ein Beten für mehr Licht.

Heiland, wenn der spröde Tagtraum
meines Erdenlebens bricht,
segne mir mein vages Hoffen
gnädig dann mit Licht, mehr Licht.



Original

Let the Light Enter

By Frances Ellen Watkins Harper

The Dying Words of Goethe

“Light! more light! the shadows deepen,
And my life is ebbing low,
Throw the windows widely open:
Light! more light! before I go.

“Softly let the balmy sunshine
Play around my dying bed,
E’er the dimly lighted valley
I with lonely feet must tread.

“Light! more light! for Death is weaving
Shadows ‘round my waning sight,
And I fain would gaze upon him
Through a stream of earthly light.”

Not for greater gifts of genius;
Not for thoughts more grandly bright,
All the dying poet whispers
Is a prayer for light, more light.

Heeds he not the gathered laurels,
Fading slowly from his sight;
All the poet’s aspirations
Centre in that prayer for light.

Gracious Saviour, when life’s day-dreams
Melt and vanish from the sight,
May our dim and longing vision
Then be blessed with light, more light.



P.S.:
Frances Ellen Watkins Harper lebte von 1825 bis 1911. Sie setzte sich für die Abschaffung der Sklaverei und Frauenrechte ein und schrieb Lyrik und Prosa. Wegen ihrer zahlreichen Zeitschriftenartikel wurde sie die Mutter des afroamerikanischen Journalismus genannt.
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (27.08.2018 um 13:04 Uhr)
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