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Alt 17.06.2019, 18:09   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
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Hi Blitz!

Das Bild dazu erscheint unwirklich, als wäre es kein Wasser, sondern flüssiges Chrom. Auch das Muster der Wellen erscheint verwirrend, eher spiralig denn sich gleichmäßig ausbreitend, wie Wellen im Wasser es tun würden.
Das Foto wird zu den Rändern hin immer unschärfer, vielleicht um den Blick in die Mitte zu konzentrieren, vielleicht aber auch, um etwas sonst Erkennbares zu verbergen.
Auf mich wirkt das Ganze wie ein kunstfertig in Form gehämmertes, poliertes und zuletzt verchromtes Stück Blech. So oder so ein Kunstwerk - ob wirklich natürlich oder von Menschenhand ...

Dein Gedicht bezieht sich eindeutig auf eine "flüssige" Deutung des Bildes, und dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Die Sprache fließt angenehm, wenn man den Rhythmus erst einmal gefunden hat:

XxXxxXx
XxXxxX
XxXxxXx
XxXxxX
XxXxxX
XxXxxX
XxXxxX

XxXxxXx
XxXxxX
XxXxxXx
XxXxxX
XxXxxXx
XxXxxXx
XxXxxXxxX

XxXxxXxxXxX
xXxxXxxXxX


Bei diesem Rhythmus ist interessant, dass man jeden Zeilenanfang auch als Senkungsprall interpretieren und lesen könnte: xxXxxX(x)

Die letzte Zeile von S2 ist überlang, aber das passt ganz gut als Abschluss.

Die beiden Anhängselzeilen wirken so aber eher wie ein Nachhall denn eine Conclusio. Zudem fallen sie eindeutig aus dem bis dahin sauber eingehaltenen Takt (das eine einsame x vor dem letzten X). Zusätzlich scheint ein inhaltlicher Widerspruch zu S1Z2 zu bestehen, die "uns alle" als Meer bezeichnet, während "wir" zuletzt in einem Fluss fließen (was nicht sonderlich lyrisch formuliert ist, eher wie doppelt gemoppelt) - ein Meer in einem Fluss fließend? Irgendwie passt das nicht, so als solle man sich die Sonne im Inneren des Mondes vorstellen.

Eine diesbezüglich passendere Version wäre vielleicht:

So treiben wir weiter auf Wogen der Zeit,
gemeinsam ein Ozean, unendlich weit.

xXxxXxxXxxX
xXxxXxxXxxX


Gern gelesen und besenft!

LG, eKy
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