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Alt 14.10.2009, 07:33   #1
Ibrahim
Verstorbener Eiland-Dichter
 
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Standard Baboons are dangerous

Baboons are wild animals

„Baboons are dangerous and attracted by food“ oder „Baboons are wild animals“ warnten unübersehbar weiße Aufschriften auf grünen Tafeln da unten in Afrika, wo einst ängstliche Seeleute guter Hoffnung waren, wie man hört.

Wer ein bisschen über Paviane, besonders über den außergewöhnlich großen Schlag in der Kapregion, Bescheid weiß, dem mussten die Warnungen nicht unangebracht, in ihrer Häufigkeit aber doch etwas übertrieben erscheinen. Es gab nämlich allerlei Getier, schwarze Agamen zum Beispiel oder gestreifte Heuschrecken, zu beobachten, alle nicht sonderlich Angst einflößend. Paviane waren weit und breit nicht zu sehen. Offensichtlich waren die Warnschilder gedacht, den Touristen ein Gefühl vager Bedrohung durch die afrikanische Tierwelt als Erinnerung mit nach Hause zu geben.

Kurz und gut, etwas enttäuscht setzte ich mich ans Lenkrad, das in südafrikanischen Wägen eher unpraktisch vor dem Beifahrersitz angebracht ist. Es war im August, also im südlichen Hochwinter, aber warm genug, dass wir die Fenster herunterkurbelten. Herrliche Landschaft auf der Zunge zwischen Atlantik und Indischem Ozean zog auf dem Weg zurück nach Kapstadt an uns vorbei.

Plötzlich ein Aufschrei aus zwei Mündern, dem meiner Frau und etwas zeitversetzt aus dem meiner Tochter, der auf dem Rücksitz der Grund des Entzückens erst später ins Auge fiel. Paviane! Paviane am Straßenrand. Spielende, allerputzigste Affenkinder, beäugt von ihren weniger putzigen Müttern und unter dem Schutz des Bosses, eines mächtigen Männchens, das stoisch und sichtlich etwas gelangweilt (es gähnte nämlich ununterbrochen) das Treiben überschaute.

Die Kameras wurden in Anschlag gebracht und ich vergaß nicht, auf das Schließen der Fenster zu beharren. Baboons are dangerous. Uns war es vollkommen gleichgültig, dass wir einen Stau ausgelöst hatten. Sollten sich doch die eiligen Städter auch an der Natur erfreuen. Plötzlich schob sich ein Schatten vor mich, etwas, was nach Fell roch, streifte meine Nase. Schnell hatte ich aber wieder freie Sicht, denn der Pavian, es war der gelangweilte Boss, der Pascha der Truppe, machte es sich auf dem Schoß meiner Frau bequem, obwohl er etwa ihre Größe hatte und schien zu sagen, „Schau mir in die Augen, Kleines!“ Unnötig zu erwähnen, dass ich das Fenster auf meiner Seite nicht hochgekurbelt hatte. Baboons are wild animals, rief ich mir in Erinnerung und sagte das auch meiner Frau und meiner Tochter, die sich ängstlich in die Ecke drückte und leise vor sich hin wimmerte.

Flüsternd, um den Riesen nicht zu reizen, riet ich, Ruhe zu bewahren, vor allem aber dem Affen nichts zu entreißen, was auch immer er sich aneignen sollte. Ich dachte dabei an die Kameras und allenfalls herumliegende Geldbörsen. Baboons are attracted by food. Das musste der Kerl auch gelesen haben, denn er kletterte auf den Rücksitz zu meiner Tochter, die seltsam blass das Geschehen aus den Augenwinkeln beobachtete. Ein Sack mit Orangen wechselte den Besitzer, außerdem eine Tüte mit Schnitzereien, die als Mitbringsel bestimmt waren. Der Pavian war beschäftigt, zeigte keine Animositäten, trotzdem musste er hinaus. Aber wie?

Nach kurzem Überlegen stieg ich aus, bedrängt von etwa dreißig Jungaffen und deren Müttern und Tanten, öffnete die Hintertür, stieg wieder ein und fuhr langsam los. Das schien dem Herrn doch nicht ganz geheuer, obwohl er sich auch in meiner Familie offensichtlich sehr wohl gefühlt hatte. Er stieg aus, vergaß dabei nicht, die zwei Säcke mitzunehmen. So schnell wurde in der Geschichte der Automobile noch nie eine Tür geschlossen.

Ein Blick in den Rückspiegel zeigte gestikulierende Leute in den nachfolgenden Autos, die sich vor Lachen krümmten, ihre Kameras einpackten und in absonderlich aufreizender Weise erheitert waren.
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Ich will mit meinen Reimen die Leute zum Schmunzeln, Weinen oder Fluchen bringen.
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