Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 29.08.2014, 20:38   #15
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.909
Standard

Moin syranie,

du hast es im Grunde erfasst.

Aber wie schon gesagt, geht es hier gar nicht um den Dichter selbst, der ist ja frei in seinen Handlungen und Ideen, sondern um die Kriterien, die festsetzen, was einen "wahren" Dichter ausmacht.

Und da stimme ich dir aus vollstem Herzen zu, wenn du sagst, die Vielfalt ist es, welche die Lyrik eben so interessant macht.
Es ist doch auf die Dauer langweilig, immer nur die positiven Dinge zu beschreiben. Wie soll man diese noch würdigen, wenn nicht auch die andere Seite zu Wort gelassen würde?

Ich verurteile weder die romantische Lyrik, noch fordere ich auf, kritisch zu schreiben, sondern es geht doch darum, beidem eine Daseinsberechtigung einzuräumen und den Dichter als Dichter für seine Leistung anzuerkennen.

Mehr war da gar nicht...

Danke für deine nachdenklichen Worte...


Servus larin und Erich,

jetzt nähern wir uns langsam aneinander an.

Selbstverständlich ist dieser Text ein wenig provokativ und der Abschluss ist ja auch ein ziemlich krasses Beispiel, was dann herausfordert.
Und ganz klar ist das auch so gewollt, das musste ja wie ein Schlag auf die Nase sitzen, damit es auch eine Wirkung erzielt.
Die Diskussion darüber hat ja auch gezeigt, dass diese nicht ausgeblieben ist.

Zitat:
Zitat von larin
immer höre ich da so einen zornigen unterton.
und wundere mich.
weil ich es so nicht nachvollziehen kann.
Ich glaube, du verwechselst das.
Das ist ein pures Spottgedicht, scharf ironisch, ja eigentlich schon zynisch, aber ganz bestimmt nicht zornig.
Vielleicht kannst du das nicht nachvollziehen, weil dir diese Eigenschaften fremd oder nicht so vertraut sind, ich weiß es nicht.

Zitat:
Zitat von larin
woher weißt du, was die "landläufige erwartung" an eine "wahre dichterseele" ist - und was ist das überhaupt? ( beides sind für mich so floskeln, die zu gar nichts greifbarem führen).
Nun, es mag vielleicht nur mein Gefühl als Mann sein, doch sehr oft wenn ich mich irgendwo als Dichter "oute", dann erfahre ich ein nachsichtiges Lächeln und versteckt verächtliche Reaktionen. Das kommt nämlich meist so herüber, als traue man dem romantischen Spinner und Träumer nur Verse für ein Poesiealbum zu.

Was schreiben sie? Gedichte? Ah ja...

Das ist bei Frauen vielleicht anders, die dürfen ja romantisch und verträumt sein.

Ich aber weiß, dass die Lyrik vieler Dichter alles andere als harmlos, lieb und romantisch war, und wenn du solchen Leuten, wie oben erwähhnt, mal so einen richtig fetten Text um die Ohren haust, dann sehen sie, dass es eben nicht nur die "schöne" Lyrik gibt.

Zitat:
Soweit ich es verstanden habe, klagt das Gedicht die schöngeistige Feigheit jener an, die gern von Heldenmut und Opfer reden oder sich moralisierend über Sinn und Zweck von Gewalt in die Brust werfen und bloß anklagen, ohne über mögliche Konsequenzen nachzudenken und große Verse darüber schreiben, während eben andere für ihre Freiheit, ebendies schreiben zu können, wie sie möchten, irgendwo in der Welt wider den Wahnsinn die Stellung halten, kämpfen und verbluten. Wer ist wohl "edleren Gemüts"?
Und genau so ist eben nicht, Erich, woraus schließt du das?

Ich schreibe das mal kurz für dich um. Hätte es so dagestanden, hättest du sofort zugestimmt:


O wunder-, wunderbare Priesterseele,
eröffne deinen Geist dem Publikum,
verklärten Augenblickes lauscht es stumm,
damit sich ihm das Gute anbefehle.

Verleih dem Wort aus deiner Sängerkehle
ein schönes religiöses Fluidum,
dass es ästhetisch und ad libitum
des Weltenlaufes Wirklichkeit verhehle.

Bestärke deinen unfehlbaren Glauben,
den hehren Bibelvers zu rezitieren,
der wahre Priester kann sich das erlauben.

Moralisch lässt sich besser onanieren;
aus jenem Sperma steigen weiße Tauben,
noch während andere im Krieg krepieren.


Verstehst du nun, wo ich hinwollte?

Zitat:
Zitat von larin
können wir es dabei belassen?
Ja, aber ich möchte zum Schluss noch zwei Zitate aus meiner Antwort an syranie einfügen, um meine eigentliche Intention jetzt wirklich abschließend noch einmal zu erläutern:
Zitat:
Aber wie schon gesagt, geht es hier gar nicht um den Dichter selbst, der ist ja frei in seinen Handlungen und Ideen, sondern um die Kriterien, die festsetzen, was einen "wahren" Dichter ausmacht.
Zitat:
Ich verurteile weder die romantische Lyrik, noch fordere ich auf, kritisch zu schreiben, sondern es geht doch darum, beidem eine Daseinsberechtigung einzuräumen und den Dichter als Dichter für seine Leistung anzuerkennen.
Vielleicht ist das jetzt wirklich etwas klarer geworden.

Vielen Dank für eure erneuten Rückmeldungen, das war eine interessante Diskusssion und auch eine gute Rückmeldung für mich, denn nur so sind auch die Schwierigkeiten in der Kommunikation zu erkennen und zu bewältigen. Daraus kann man nur lernen.


Vielen Dank für eure Antworten...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten