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Alt 30.04.2012, 21:36   #19
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus fee und Erich und alle anderen Diskutanten,

ich freue mich, daß ihr zu diesem Thema so viele Gedanken hiergelassen habt.

Als erstes möchte ich noch einmal versichern, daß ich den Begriff "Ossis" auf gar keinen Fall abwertend gebraucht habe.
  • Ich brauchte einen plakativen und zugleich provokanten Titel, um der ebenfalls arg provokativen Aussage des Herrn Mosebachs entsprechend begegnen zu können.
  • Im Gedicht selbst wird das LI selbst zu einem "Ossi" und setzt sich zur Wehr.
  • Beide Begriffe, "Ossi" sowie "Atheist" sind zunächst wertneutral zu betrachten, können aber, je nach persönlicher Einstellung auch abwertend eingesetzt werden. Diesen Umstand habe ich mir wohlüberlegt zunutze gemacht.
  • Der "Ossi" wird hier eindeutig verteidigt und eine vorweg angenommene negative Konnotation dieses Begriffes im Titel wird m. E. im Laufe des Textes ad absurdum geführt.

Soviel dazu...


Zitat:
Zitat von Erich
In 1000 Jahren werden die Menschen auf unsere Zeit zurückblicken wie heute wir auf jene der alten Griechen und milde lächelnd werden sie, so wie wir heute auch, sich sagen: Was haben die damals für hirnrissige Sachen geglaubt, weil sie nicht besser Bescheid wussten! Welch naives Welt- und Menschenbild!
Wobei man den alten Griechen noch zugute halten muss, daß ihre "Religion" gar nicht so tierisch ernst genommen wurde.
Sie war mehr der Stoff für heldenhafte Abenteuer und den Dichtern vorbehalten. Natürlich haben manche daran geglaubt und andere haben das für ihre Zwecke ausgenutzt.

Zitat:
Zitat von Erich
Natürlich habe ich keine Ahnung, was die Menschen (gesetzt den Fall, die entwickeln sich tatsächlich weiter und nicht zurück) DANN glauben werden, aber tragischerweise bin ich mir leider ziemlich sicher: GLAUBEN werden sie an irgendwas!!! Und solange wir diese Arroganz, diesen Fluch der eigenen Unsicherheit nicht losgeworden sind, solange kann die Menschheit nicht als reif und erwachsen gelten!
Das befürchte ich auch. Selbst wenn die Wissenschaft in tausend Jahren viel weiter als heute sein würde, so könnte sie immer noch nicht alles erklären.
Das liegt in der Wissenschaft selbst begründet, denn sie kann lediglich einerseits die bleibenden Formen und andererseits die wandelnde Materie nach den Gesetzen ihres Übergangs aus einer Form in die andere betrachten.
Sie wird immer bei der Erkenntnis von Ursache und Wirkung stehen bleiben.
Die Dinge an sich kann sie nicht erklären, nur die Verhältnismäßigkeiten, die sich durch die sogenannten Naturgesetze ableiten lassen.
Da werden immer Fragen offen bleiben und damit Raum für einen Glauben lassen.

Zitat:
Zitat von Erich
Seit wir zu denken begannen, haben wir Fantasie. Und seit wir unsere Umgebung erforschen, benutzten wir diese Fantasie, um uns zu erklären, was nicht erklärbar war, um uns ein wenig sicherer fühlen zu dürfen, als hätten wir dank der Gnade des angenommenen Gottes eine Art von Kontrolle über das Unkonntrollierbare - solange wir nur brav beteten, den Tempeln spendeten oder den Erstgeborenen opferten - je nach Epoche und Kulturkreis!
Natürlich ist es so gewesen. Jegliche Religion ist eine menschliche "Errungenschaft", also ein künstliches Gebilde, um das metaphysische Bedürfnis der Menschen zu befriedigen.
Einerseits vermittelt sie moralische Grundlagen, andererseits muss sie, um das zu erreichen, institutionalisiert werden. Das können nur Menschen und somit bekommen sie eine ungeheure Macht und Kontrolle über ihre Anhänger.
Das ist der Punkt.

Zitat:
Zitat von Erich
Interessanterweise scheint auf jede verworfene Religion sofort eine neue, dem akzelerierten Weltbild angepasste Religion zu entstehen, so als könnten wir ohne dieses "Betthupferl" tröstlicher Illusion von Geborgenheit nicht sein! Das meinte ich mit Unsicherheit.
Und wie Idioten nehmen wir an, dass das jeweils offizielle Glaubens- und Welterklärungsmodell nun aber DAS EINZIG RICHTIGE UND WAHRE sein muss - so als hätten alle vor uns geirrt, nur WIR natürlich nicht!!! So als wäre unser Hirn JETZT groß genug, sich das Absolute richtig auszumalen, und natürlich auch, wo genau hinter unserem geistigen Wahrnehmungshorizont es denn beginnt! Das meinte ich mit Arroganz!
Diese Unsicherheit, wie du sie nennst, ist das von mir schon erwähnte metaphysische Bedürfnis. Die Menschen wollen etwas wissen, was sie nicht wissen können und das nennt man Glaube. Bündelt man diesen Glauben nun, indem man ihn auf ein bestimmtes Bild lenkt, werden die ganzen vielen "kleinen Glauben" nun zu einem organisierten und "großen Glauben", der vorgibt, Antworten auf nicht zu beantwortende Fragen zu haben. Das nennt man dann Religion.
Arroganz ist da m. E. weniger im Spiel, obwohl ich weiß, wie du das hier gemeint hast. Ich sehe da eher ein knallhartes Kalkül und ein Geschäft mit menschlichen Hoffnungen.

Zitat:
Zitat von Erich
Sollten wir die Chance haben, uns weiterzuentwickeln, wird sich dieser Kreislauf der geistigen Feigheit natürlich nicht ad infinitum fortsetzen, aber wir werden es mit Sicherheit nicht mehr erleben...das dauert noch ein paar Jahrzehntausende, schätze ich mal, bis wirklich die gesamte Menschheit von dieser Seuche namens "Glauben" geheilt ist und sich mündig mit dem Universum auseinandersetzen kann.
Ja, so weit sind wir noch lange nicht, denn unsere Hirne sind noch nicht so weit entwickelt, um sich davon zu lösen. Andererseits denke ich, würde das auch eine ganz schön nüchterne Welt bedeuten, in der kein Zauber, keine Magie mehr Platz hätte und Gefühle ebenfalls eine untergeordnete Rolle spielten. Ob das dann allerdings eine lebenswerte Welt wäre, so wie wir sie uns heute vorstellen, wäre sicherlich noch eine andere Diskussion wert.

Zitat:
Zitat von Erich
Der andere Faktor ist die Unterwürfigkeit: Viele WOLLEN etwas Größerem dienen, als sie sich selbst empfinden und finden im Gedanken Trost, dass sie so zu etwas beitragen, das sie überdauert. Dabei ist der Inhalt nicht mal so wichtig wie das System an sich: Viele wissen um die Ungereimtheiten ihres Glaubens und die vielen unlogischen und teils hirnrissigen Verscherungen, aber sie ignorieren sie bewusst oder nehmen sie duldend in Kauf, entmündigen sich quasi selbst, weil das sowohl eine Identifikationsgeschichte ist (mia san mia, weul ma des glaum' und net des, wos di aundan glaum'...), als auch ein sich selbst erhaltendes System von An- und Abhängigkeiten, in dem sie schon zuviel in ihre jeweiligen "Karrieren" investiert haben.
Ja genau. Ich geh heut in mein Verein, da bin ich jemand, ein Teil vom Großen und Ganzen und habe eine Funktion. Und je nach Bedeutung dieser Funktion bin ein Funktionär und somit habe ich etwas erreicht.

Zitat:
Zitat von Erich
So gehen der Glaube und sein jeweiliges Predigersystem Hand in Hand und verhindern Fortschritt, wo sie können, denn Glaube und Kirche sind per definitionem starre, beharrende Konstrukte, die sich auf ein bestimmtes Welterkärungsmodell festgelegt haben und bis aufs Blut (meist das anderer und Unschuldiger) ihren Standpunkt verteidigen, bis sie sich völlig überlebt und unglaubwürdig gemacht haben und still oder mit Knalleffekt untergehen.
Das ist das Dogma, an dem es nichts zu rütteln gibt. Jeder Verein hat sein Motto und seine Regeln und die sind in diesem Falle starr und lassen keine Veränderungen zu. Und wenn das jemand versuchen will, dann fließt u. U. auch Blut.
Willkommen im Fanclub vom FC Christus Bibelhausen.
Aber dieser Club spielt ja bereits in der zweiten Liga und kämpft schon gegen den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit.

Zitat:
Zitat von Erich
Traurig eben nur, dass wir scheint's nie klüger werden und immer wieder etwas "glauben" müssen oder möchten. Erzöge man die Kinder korrekt darin, sich nur auf empirische Beweise zu verlassen und nie unreflektiert Faktenlagen zu übernehmen und hirnlos ins eigene Weltbild einzubauen und nachzubeten, gehörte all dieses endlose von den Religionen verursachte Elend vielleicht schon der Vergangenheit an. Aber wir haben ja immer noch Religionsunterricht!!! Bei jeder Sekte würde man das als Gehirnwäsche bezeichnen, aber hier ist es ja "offiziell" und daher okay!!! WANN LERNEN WIR ENDLICH ZU DENKEN!!!!?
Ach Erich, was sind alle empirischen Beweise wert, wenn sie keine Antworten auf grundlegende Fragen geben können?
Ich lasse Schopenhauer noch einmal sprechen, weil ich sonst seine Worte nur schlechter wiederholen müsste:

Zitat:
Zitat von Arthur Schopenhauer
§ 31. Empirische Wahrheit

Eine Vorstellung der ersten Klasse, also eine durch die Sinne vermittelte Anschauung, mithin Erfahrung, kann Grund eines Urteils sein: dann hat das Urteil materiale Wahrheit, und zwar ist diese, sofern das Urteil sich unmittelbar auf die Erfahrung gründet, empirische Wahrheit.

Ein Urteil hat materiale Wahrheit, heißt überhaupt: seine Begriffe sind so mit einander verbunden, getrennt, eingeschränkt, wie es die anschaulichen Vorstellungen, durch die es begründet wird, mit sich bringen und erfordern. Dies zu erkennen ist unmittelbar Sache der Urteilskraft, als welche, wie gesagt, das Vermittelnde zwischen dem anschauenden und dem abstrakten, oder diskursiven Erkenntnisvermögen, also zwischen Verstand und Vernunft, ist.
Wenn du Kinder erziehst, dann kannst du dies nur vermittelst deines eigenen Weltbildes tun, sonst würdest du ja gegen dich selbst agieren.

Den Religionsunterricht an Schulen und anderen öffentlichen Bildungseinrichtungen verurteile ich allerdings auch aufs Schärfste, denn dieser hat dort überhaupt nichts zu suchen, zumal er auch kontraproduktiv zu den Naturwissenschaften steht und somit die Kinder in einen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft bringen kann.
Wo die einen z.B. von Adam und Eva im Paradies reden, sprechen die anderen von der Evolution der Menschen. Was soll ein Kind da denken?
Sinnvoller wäre es da, Ethikunterricht für alle einzuführen, so daß allen eine gemeinsame ethisch-moralische Wertevermittlung und damit Grundausbildung zu Teil würde.

Die Institution Kirche könnte dann ihre "biblische Geschichte" in ihren eigenen Räumen unterrichten (und würde dann auf eine ganze Menge mehr kritisch-skeptischer Geister stoßen).

Das Denken aber ist gar nicht erwünscht, es könnte ja auch in eine andere Richtung führen und das würde u. U. das Establishment gefährden, wo kämen wir denn da hin? Das war doch immer und an allen Orten bequem, die große Masse unter einer Art Gedankenkontrolle zu halten.
Einfacher geht es doch gar nicht...

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Zitat:
Zitat von fee
wie beten die gläubigen katholen so schön im herrgottswinkel, wenn es gewittert ?

genau:

Zitat:
"heiliger sankt florian, schon' unser haus, zünd 's ander an".
Das ist doch mal eine Mentalität...

Schlimmer geht's nimmer, da zeigt das Ungeheuer sein wahres Gesicht.

Zitat:
Zitat von fee
das war für mich schon als kind ein "gebet", das mich sehr irritiert hat. inzwischen - als erwachsene und auch aus der evangelischen kirche ausgetreten - weiß ich, WAS mich da so von vorschneller begeisterung für den katholischen glauben hat abstand nehmen lassen.... dabei habe ich meine katholischen klassenkameradInnen immer um ihren tollen unterricht beneidet. der war so interaktiv, so abwechslungsreich, so voller geschichten und reden über gefühle und gemeinschaft.... dennoch, ETWAS war da, das mich argwöhnen ließ (und auch heute nicht religions-affiner macht).
Ja, aber stell dir mal vor, das bekommst du von Kind an eingetrichtert.
Dann bist du so manipuliert, daß du tatsächlich glaubst, diese Moral sei in Ordnung. So werden dann auch u. U. deine künftigen Handlungsmaximen aussehen.

Was an diesem Glauben tatsächlich stört, ist die Ausrichtung auf das Jenseits. Viele gute Taten und Handlungen werden nur deshalb begangen, um Pluspunkte für dieses Jenseits zu erlangen.
D. h. nichts anderes, als daß diese Handelnden nicht aus persönlicher Überzeugung aufgrund ihres guten Charakters agieren, sondern aus reinem Egoismus, weil ihr Glaube ihnen ein besseres "Leben nach dem Tode" verspricht.
Zugleich verbietet die Moral ihnen aber bestimmte Dinge, die das irdische Leben erst lebenswert machen, indem es spezielle Sachen, wie z. B. die menschliche Sexualität auf den reinen Zeugungsakt reduziert.
Und da sage ich mal ganz salopp: Wenn der liebe Gott nicht gewollt hätte, daß die Menschen immer ficken könnten, dann hätte er ihnen eine Brunftzeit gegeben, nicht wahr?

Zitat:
Zitat von fee
es war dieses "fromme angstgebet" im herrgottswinkel, das ich kannte, seit wir am bauernhof sommerurlaub machten und man mir taferlklasslerin erklärte, was das eckerl dort in der stube für eine funktion hatte und welche gebete man da gemeinsam zu murmeln pflegte.

ich glaube, viel simpler kann man die mentalität, die mich da so irritiert, nicht darstellen.
Ja, und letztendlich hat diese Vorstellung doch etwas Bedrückendes an sich, oder? Da ist doch nichts Schönes oder Helles, geschweige denn was Heiliges zu erkennen...


Zitat:
Zitat von fee
das gedicht ist mordsdynamisch, lieber falderwald!
Dankefein...

Zitat:
Zitat von fee
und ich kann den ärger und auch die beklemmung dahinter, die du in deinem text mit viel energie verarbeitest, gut verstehen.
Das freut mich und ich denke, das werden auch viele der gemäßigteren Christen so sehen.

Zitat:
Zitat von fee
religion ist - glaube ich - dennoch auch immer, sobald eine "zu organisierende gemeinschaft" dahintersteht, politisch.
Das ist das Problem, sobald eine Institutionalisierung erfolgt. Menschen üben damit Macht über andere aus. Das ist sogar eine menschliche Eigenschaft.

Zitat:
Zitat von fee
buddhismus ist da für mein empfinden noch am ehesten frei von solchen tendenzen, die ja mit glaube an sich, im sinne einer lebensbewältigung, nichts zu tun haben.
Der Buddhismus ähnelt auch mehr einer in der Praxis angewandten Denktradition oder Philosophie als einer Religion im westlichen Verständnis.
Durch das Fehlen eines allmächtigen Gottes und einer unsterblichen Seele unterscheidet er sich grundlegend von den monotheistischen Religionen.
Hier ist zumindest ein großer Ansatz erkennbar, sich auf das Menschsein zu konzentrieren, denn laut der Lehre des Siddhartha Gautama kann jeder Mensch, der seiner Lehre und Methodik folge, zur Erkenntnis durch eigene Kontemplation gelangen, die ein Verständnis der Natur des eigenen Geistes und der Natur aller Dinge beinhaltet.
Das ist, wie gesagt, schon einmal ein annehmbarer Ansatz.

Müsste ich mich zwangsweise für eine Religion entscheiden, fiele meine Wahl auf diese.

Zitat:
Zitat von fee
religion an sich wär gar nichts so verkehrtes (natürlich abhängig von der individuellen definition für "religion") - irgendwo ist sie nur falsch abgebogen, denke ich.
Ich denke, Religion ist ein gigantisches künstliches Gebilde aus Betrug und Selbstbetrug.
Betrug meine ich nicht einmal im kriminalistischen Sinne, denn wenn der Betrug mit Zustimmung des Betrogenen erfolgt, ist es ja kein eigentlicher Betrug mehr. So wird das Ganze also zu einer Glaubenssache, indem der Betrogene selbst glaubt, dies geschähe alles zu seinem Nutzen.
Erich hat es weiter oben schon angedeutet, denn der Betrug liegt darin, etwas zu wissen vorzugeben, was man gar nicht wissen, sondern eben nur glauben kann.
Der Glaube aber ist eine Anerkennung einer Annahme, ohne eigene Überprüfung bzw. Möglichkeit der Überprüfung. Somit enthält der Glaube zwar Einsicht, entsteht aber nicht wie z. B. mathematisches Wissen auf dem Weg des zwingenden Beweises.
Und hier entsteht das Dilemma, weil es einfach zu viele Religionslehren gibt, denn die einzelnen (Welt)Religionen sind ja noch vielfach untereinander zersplittert und jede noch so kleine Sekte ist davon überzeugt, sie besäße den einzigen Schlüssel zur Wahrheit.
Und damit ist eigentlich schon bewiesen, daß jede Religion für sich doch etwas Verkehrtes sein muss, denn eine Religion als solches gibt es nicht.


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Zitat:
Zitat von Erich
Religion ist die Behauptung einer Unbeweisbarkeit auf der Basis anderer unbewiesener oder gar mittlerweile widerlegter Behauptungen. Verkehrter geht es nicht!
Well, that's alright.

Zitat:
Zitat von Erich
Okay, ich weiß, was du meinst: Die Gebote, das "moralische" Leben, die Lehre von Nächstenliebe, Gemeinschaft und Soziales, das alles damit einhergeht.
Ich nenne es die im Grunde allergrößte Hinterfotzigkeit:
Sie nehmen etwas her, was den Menschen wirklich wichtig ist, und stellen es in ihre Dienste, institutionalisieren es in ihrem Sinne, bauen vor kritischen Argumenten einen Schutzwall aus Selbstlosigkeit auf, so als könnte man nicht OHNE ihr Glaubenskonstrukt barmherzig, fürsorglich und selbstlos sein, oder als könne es OHNE ihre Vorstellung vom Absoluten keine moralisch wertvolleren Menschen geben als jene, die mit ihnen im Glauben vereint sind!
Genau das ist der Punkt, nämlich der absolutistische Anspruch auf die einzige Wahrheit. Die allermeisten Anhänger einer Religion sehen Andersdenkende (gläubige) als Menschen mit einem Defizit an.
Und so wären wir ja auch schon wieder bei den Aussagen des frommen Schwätzers Mosebach, die das ja allenthalben veranschaulichen, nicht wahr?

Zitat:
Zitat von Erich
Ich widerspreche!
Man kann ein Kind sehr wohl zu einem guten Menschen erziehen, OHNE den mahnenden Zeigefinger irgendeines Gottes dahinter!
Dass die Kirche Gutes tut, ist schön und ein Vorbild. Leider verbinden sie es immer auch mit ihrer "Botschaft", und so wird es zu einer Art Wahlkampftaktik erniedrigt.
Das kann man durchaus, ist aber viel komplizierter. Die nette Lehre vom richtenden höheren Wesen ist einem unbedarften Kind viel leichter zu vermitteln, als die komplizierten Grundlagen zur Metaphysik der Sitten von Kant.
Dafür brauchts du nämlich schon "bessere" intellektuelle Fähigkeiten, als sie in der großen Masse zu finden sind. Und die anderen sind einfach zu faul und bequem, ihren geistigen Arsch mal vom göttlichen Sofa hoch zu bekommen.
Und dann gibt es da auch noch die Tradition der Mittelmäßigen, die sich sagen, das war schon immer so und wenn unsere Vorfahren daran geglaubt haben, dann muss es ja stimmen.
Die Kirche tut übrigens nur deshalb Gutes, um ihre eigene Existenz zu rechtfertigen. Niemals würden die auch nur einen Finger rühren, wenn sie nicht genau um ihre Vorbildfunktion wüssten und um die Tatsache, daß sie ohne dies ein großes Nichts wären.
Und so ist es auch für einen Staat bequem, diese Institution in seiner Infrastruktur zu wissen.
Politik und Wahlkampftaktik, du sagst es.

Zitat:
Zitat von Erich
Aber das darf man nicht sagen, denn dann ist man sofort der Böse! Aber weiß man wirklich um die wahren Motive der Selbstlosen? Sind sie wirklich NUR am Wohlergehen ihrer Mitmenschen interessiert, oder gehen sie mit dieser Lebenshaltung sozusagen auf Stimmenfang im Interesse ihrer kirchlichen Organisation? Wollte eine Mutter Theresa nur Inder heilen und behüten, oder wollte sie auf dieser Basis (auch) das Christentum in Indien verbreiten? Wer kann das mit Gewissheit sagen? (Ich könnte, aber dann wär ich wieder der Arsch...)
Och, ich sag das aber, da bin ich gerne der Böse.
Es gibt keine "religiösen Selbstlosen", denn Handlungsmotive aus religiösen Gründen beinhalten auch immer ein religiöses Motiv. Dieses Motiv ist der Egoismus, der aus der Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tode geboren ist.
Wobei ich das jetzt doch relativieren möchte, denn nicht jede "gute Handlung" eines Gläubigen muss zwangsläufig auch von diesen Motiven geleitet sein. Natürlich gibt es auch unter den religiösen Menschen sehr viele mit einem guten Charakter.
Was ich meine, sind mehr die ganzen Vorzeigeobjekte. Seht her, wie gut wir sind.
Manchem Gläubigen werden auch mit Absicht religiöse Motive seiner guter Handlung seitens der Funktionäre und Prediger zugeschrieben, obwohl derjenige als Atheist u. U. genau so gehandelt hätte, weil er einfach einen guten Charakter besitzt.

Und selbstverständlich musste Mutter Teresa auch für die Ausbreitung ihres Glaubens werben, sie war schließlich römisch-katholische Ordensschwester und hatte somit laut Bibel sogar die Pflicht zu missionieren, denn dort heißt es: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16,15–16)

Ich bin so'n Arsch und sage das...

Zitat:
Zitat von Erich
Es ist diese unterschwellige Manipulation, die mich immer an Religionen gestört hat, abgesehen von der hilflosen Borniertheit derer, die ihnen unreflektiert nachlaufen!
Manipulation und Borniertheit gehen Hand in Hand. Was jemand glaubt, kannst du ihm nicht ausreden.
Das Problem dabei ist, sie sehen sich nicht in der Beweislast ihrer Behauptungen, es ist eben so, dieses Dogma, nein, da du nicht beweisen kannst, daß es nicht so ist... (siehe oben).

Zitat:
Zitat von Erich
Sie trennen nicht zwischen eindeutig zu trennenden Inhalten und erwarten, dass die Mehrheit hoffentlich dumm genug ist, das nicht zu bemerken. Leider liegen sie damit immer noch richtiger, als mündigen Menschen lieb sein kann...
Was erwartest du bei sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten?
Erwartest du tatsächlich, bei dieser Masse werden die Menschen schlauer?
Ein paar vielleicht, nein sicherlich, aber der Rest hat den Höhepunkt längst überschritten.

Pass mal auf, in nächster Zukunft wird es immer leichter, Menschen zu fangen und sie diesen monströsen Gebilden einzuverleiben.
Und dann?
Dann kommt irgendwann der Super-GAK (größter auszudenkender Knall) und was danach kommt, geschieht entweder ohne uns oder aber birgt die Chance für einen Neuanfang.
Das wäre eine Hoffnung, an die ich gerne glauben würde...

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Vielen Dank für den regen Gedankenaustausch...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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