(15.01.2011)
Kein Platz für einen Freund
Ein Baum und ich einst Freunde waren,
wie oft hört´ ich die Blätter rauschen,
fand Einfachheit im Wunderbaren:
mein Ohr am Stamm, um ihm zu lauschen.
Im Winter sah ich ihn in Träumen,
ich konnte endlos bei ihm bleiben,
wollt´ keinen Tag mit ihm versäumen:
Ließ mich im Herzen einfach treiben.
Ein neuer Frühling, neues Leben,
was musste er an Schmerz erleiden,
denn was hat ihm der Mensch gegeben:
Wer kam zu sägen und zu schneiden...
Mein Freund, mein Baum, hast neu getrieben,
doch spendest keinen Schatten - nicht mehr.
Dir fehlt die Kraft, bist schwach geblieben:
Ich weine leise, Trauer wiegt schwer.
Dein Kampf, ich fühl´ ihn, möchte hoffen,
musst ernten, was der Mensch für dich sät;
hat dich zu hart, zu schwer getroffen:
Dank ihm kommt jede Hoffnung zu spät.
Ich kann mich nicht mehr selbst belügen;
er ist markiert, das kann ich sehen,
schon liegt er in den letzten Zügen:
Kann sehen, ja, doch nicht verstehen.
Warum soll er sich länger quälen;
holt her die Axt und macht ein Ende,
wer keine Wahl hat, kann nicht wählen:
Der Tod sei´s, der ihm Frieden spende.
Wir Menschen könnten´s Töten lassen,
nur möchten wir in Selbstsucht baden;
die Formen wollen uns nicht passen:
Ein Achselzucken, ab mit Schaden.
Der Baum, er lebt in falschen Zeiten,
ein krummer Ast wär´ ja natürlich;
kein Platz im Weg, den wir beschreiten:
Natur, benimmst dich ungebührlich.
Mein Freund wird nicht mehr lange stehen;
es fällt uns leicht, die Schuld zu tragen,
das Unglück kam und ist geschehen:
Wenn´s weh tut, soll´s der Baum doch sagen.
Er schreit, doch will das niemand hören;
ein Mensch, der kann nur Eines achten,
die stummen Schreie würden stören:
warum soll er den Baum beachten - er muss den eig´nen Glanz betrachten...
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