Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 29.12.2015, 11:44   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Thomas!

Gut geschrieben und logisch durchstrukturiert!

Einzig das Beispiel "Kolumbus" entbehrt nicht einer gewissen Ironie!

Schiller hatte damals noch der Volksmär geglaubt, Kolumbus hätte sich Amerika erträumt und es dann entsprechend auch entdeckt. Heute wissen wir, dass es der Seeweg nach Indien war, den er entdecken wollte, und dass der unbekannte Kontinent sozusagen im Weg lag. Kolumbus glaubte zeitlebens sogar, er hätte Indien gefunden, nannte die Eingeborenen entsprechend "Indianer".

Es ist also kein folgerichtiges Beispiel dessen, dass die Natur zu erfüllen wüsste, was der Genius sich erdenkt, sondern vielmehr eines dafür, dass man trotz eines Fehlschlusses große Entdeckungen machen kann - dass also sozusagen der falsche Weg an ein anderes, aber nicht weniger richtiges Ziel zu führen vermag.

Also wäre demzufolge Wissen die wahre Macht und seine Erlangung der oberste moralische Imperativ. Schiller wusste noch nicht, was wir heute über Kolumbus Motive wissen, und missdeutete den kausalen Zusammenhang für sein Beispiel. Dies widerlegt allerdings nicht seinen philosophischen Ansatz. Erst das Wissen verifiziert das Erdachte, erleuchtet es aus allen Positionen, um es zu bekräftigen oder zu widerlegen.
Darum findet auch alles "Böse", das geschieht, seine Ursache in einem wie auch immer gearteten Mangel an Wissen. Wissen um Ursachen, Wissen um Konsequenz, Wissen um Zusammenhänge, Wissen um besseres Wissen, usw...

Das gilt auch für die Geschichte: Ohne Wissen darum ist der Mensch verflucht, sie zu wiederholen ...

Das ist mir spontan zu deinen kundigen Zeilen eingefallen. Ist vielleicht Blödsinn, wer weiß ...

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (31.12.2015 um 13:13 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten