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Alt 22.09.2011, 19:47   #19
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Stimme,

ich bleibe dran...

Zitat:
Faites vos jeux!

Im Spiel, in dem nur wenige brillieren,
gewinnt in erster Linie die Bank,
selbst Investoren sind am Ende „blank“,
gezwungen, einen Schuldschein zu quittieren.

Im Vorstand sitzen feiste Direktoren
und zählen eifrig ihren Geldgewinn,
in Soll und Haben suchen sie nach Sinn.
Die Menschlichkeit erstickt in den Tresoren,

gefangen hinter meterdicken Wänden
aus kaltem, frisch poliertem Edelstahl.
Die Zukunft liegt in manikürten Händen,

gepflegt gekrallt in unser armes Leben.
Kommt, zeigen wir schon bei der nächsten Wahl:
Wir werden uns der Herrschaft nicht ergeben!
Meine Damen und Herren, machen Sie Ihr Spiel !

Ehrlich gesagt, kann ich auch einige der "Investoren" nicht bedauern, denn gerade die "größeren" unter ihnen erhofften sich auch höhere Rendite, wodurch dieses Spiel erst salonfähig wurde.
Das hat natürlich auch die Kleinanleger gelockt, die reihenweise abgezockt wurden und die die eigentlichen Verlierer waren, neben den vielen Menschen in den USA, die ihre Häuser verloren haben, weil die Finanzierungen platzten.

Es ist ein dreckiges Spielchen und viele Banken haben ihre Leichen im Keller verbuddelt.

Das Ganze hat ja System, denn unsere Gesellschaft (natürlich nicht nur unsere) ist auf Bankgeschäfte aufgebaut.
Wir haben ja schon von jung an mit Konten gelebt. Viele aus unserer Generation hatten ein Sparbuch bei der Sparkasse, wo Omi und Opi, die Eltern oder sonstige Verwandte kleinere (oder größere) Beträge mehr oder weniger regelmäßig deponierten. Da gab's ja dann auch noch ein paar Zinsen von der Bank geschenkt.
Und mit dem ersten Job oder der Lehrstelle war dann sowieso ein Girokonto fällig, weil der Arbeitgeber überweisen wollte.
Und wenn man dann mal was übrig hatte, dann gehörte es sich, dies nicht zuhause unter der Matratze aufzubewahren, sondern zur Bank aufs Sparbuch zu bringen, denn das gab ja Zinsen (s.o.) und man wäre ja blöde, wenn man Geld verschenkt.

Tja, und dann wurden die Zinsen für das Sparbuch immer lächerlicher und die sogenannten Anlageberater verkauften andere Optionen.
Das Spielchen wurde immer riskanter, bis es dann eben zu einer weltweiten kreditfinanzierten Massenspekulation kam, nebst eines spekulativ aufgeblasenen Wirtschaftswachstums in den USA, wonach der große Crash im August 2007 erfolgte, dessen Auwirkungen wir bis heute spüren können.

Man hatte mit Luftbuchungen gespielt und die weltweiten Verluste bei Wertpaieren werden auf vier Billionen (4 000 000 000 000) US-Dollar geschätzt.

Da haben einige ganz gut verdient.

Ja, das ist ein kaltes Geschäft (gut dargestellt durch den "kalten, frisch polierten Edelstahl"), bei dem viele Menschen um ihr Erspartes gebracht wurden, aber eben auch vielen nicht solventen Kunden Kredite gewährt wurden, die eigentlich nicht hätten sein dürfen, weil das Geld, das hinter all dem stand, eigentlich gar nicht vorhanden war.

Tja, leider sind wir in diese Geschäfte viel zu sehr verstrickt, als daß sich etwas durch die nächste Wahl ändern lassen würde.
Eine neue Regierung wäre gezwungen, erst einmal dort weiter zu machen, wo die alte aufgehört hat, denn es bestehen ja verbindliche Verträge, aus denen man nicht so leicht aussteigen kann, auch wenn diese, zumindest auf europäischer Ebene, ständig gebrochen wurden, ich erinnere nur an den Maastrichter (später Amsterdamer) Vertrag.

Ja, man hat die Wahl.
Und zwar die Art und Weise, ob man schwarz, mit verschiedenen Rottönen, grün oder gelb betrogen werden möchte.
Diese netten Farben lassen sich dann auch noch munter miteinander kombinieren, da gibt es keine Grenzen.
Das ist richtig lustig, weil du zum Schluss nur noch einen bunten Einheitsbrei als Farbe hast, der von Einfaltspinseln verschmiert wird.

Ach, kotzt mich das alles an...

Aber dein 5. Sonett bringt es auf den Punkt.
Nur der Schluss (s.o.) wirkt m. E. nicht mit allerletzter Konsequenz, womit ich dieses Gedicht ganz knapp auf Platz zwei hinter " Retrospektive Aktualität verweisen muss, obwohl eine deutliche Steigerung zu den vorhergehenden Texten vorliegt.

Vorläufige Tabelle:
  1. Retrospektive Aktualität
  2. Faites vos jeux!
  3. Der Dukatenesel
  4. Kühles Kalkül
  5. Gedankenlose Konzeption

Obwohl du jetzt den gesamten Zyklus eingestellt hast und ich schon vorab einsehen durfte, habe ich mich absichtlich noch nicht näher mit den anderen Texten beschäftigt, weil ich sie mir der Reihe nach vornehmen und mir selbst als Kommentator die Spannung nicht nehmen möchte.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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