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Alt 01.06.2009, 21:29   #3
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 23.02.2009
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Hallo Chavali

Das Thema in ein paar wenigen Zeilen zu verarbeiten ist sicher nicht leicht. Neid* hat bestimmt viele Facetten. In deinem Gedicht beschreibst du eigentlich Neider, weniger den Neid an sich, finde ich. Und das scheint mir dann doch sehr am Titel vorbei. Klar, du wählst Eigenschaften der Menschen, die neiden, um Neid zu beschreiben; Doch sind diese Spektren eben nur Auswirkungen, Symptome die man am Charakter, an Persönlichkeit, an Handlungen usw. nachvollziehen kann. Zudem sind einige Zuschreibungen, wie Schmeicheleien, Begehren, Falschheit oder Zorn erst im Gefolge von Neid zu finden, zwar weitläufig ihm zugehörig, aber nicht konkret "die Sache".
Neid, denke ich, entsteht durch Vergleichen von Haben und Nichthaben, von Ich und (den) anderen oder anderem. Ein Vergleichen, ein Messen im Denken (vgl. anmaßen):
Das bin/hab ich - das bin/hab ich nicht. Dabei entsteht ein Konflikt von dem, was ist und dem, was erreicht werden möchte/wollte. Das, was erreicht werden möchte ist die Differenz zwischen dem, was ist (so, wie ich bin) und dem, was ich zwar nicht bin, aber gern wäre!
Um die Differenz nicht das eigene narzistische Empfinden "zerfressen" zu lassen, versucht das Gemüt selbst zu fressen, zu beißen!
Ursache und Entstehung von Neid ist meiner Ansicht nach das Ego. Nur, wenn z.B. ohne dieses wertende "Zentrum" Tatsachen gewahr werden, bleibt ein Vergleichen aus, denn der innere Gegenpol fällt dann weg.

Deine Version ist allerdings in der allgemeinen Übereinkunft gerechtfertigt, Neid sind unsoziale Handlungsweisen. Die Todsünden heißen unter anderem so, weil sie der Tod eines rechten Umgangs der Menschen untereinander sind und fern aller liebevollen Achsamkeit füreinander.

*Wie schwer es ist, eine menschliche Eigenschaft, die wir doch alle mehr oder weniger an uns feststellen könnten, in grundlegende Worte eines Ausgangspunktes und nicht nur in traditionellen Erklärungen zu fassen, ist mir schon klar. Doch wäre das nicht auch eine lyrische Herausforderung?

Blaugold
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