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Alt 23.01.2021, 08:56   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Standard Königin Angaros

Königin Angaros

Die Königin auf ihrem Thron
war krank, sie war es lange schon,
doch keiner durfte wagen,
die Wahrheit ihr zu sagen.

Der Medicus sprach das uns dies,
er wusste, wie die Krankheit hieß,
doch kam zu keiner Stund
das Wort aus seinem Mund.

Allein der Hofnarr sprach das Wort.
Man hat im Kerker ihm sofort
die Zunge ausgerissen
und auf den Mist geschmissen.

Dem König war das ganz egal,
betrunken sah er in dem Saal
bei Wein und gutem Essen
mit buhlenden Maitressen.

Und nachts, sobald der Vollmond schien,
da wuchsen dieser Königin
die Hauer und die Krallen,
um Menschen anzufallen.

Und dämmerte der Morgen schwer
da lagen schockweis kreuz und quer,
vom Werwolf angefallen,
zerstückelte Vasallen.

Der Pfarrer spielte mit dem Glied
des Sakristans und sang ein Lied,
rief Gott um Gnade an,
für den, der das getan.

Der Hofnarr schließlich, stumm und stolz,
schnitt einen Pflock aus Eschenholz
schlug ihn ins kranke Herz
der Königin – zum Scherz.

Der König lachte dreimal kurz,
ließ einen königlichen Furz.
Von Syphilis geplagt
hat er sonst nichts gesagt.

Der Pfarrer und sein Sakristan,
die riefen nun den Teufel an,
er soll die Alte holen
zu Schwefeldampf und Kohlen.

Der Medicus sprach amüsiert:
"Die Königin ist gut kuriert
durch diesen Aderlass,
sie wirkt nur etwas blass."

Und die Moral von der Geschicht:
Die klugen Narren reden nicht,
Sie machen lieber spitz-
geschliffen eine Witz.
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© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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