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Alt 21.06.2009, 22:36   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Hallo ihr zwei beiden,

reden wir zuerst über euren gemeinsamen Kritikpunkt "ideologisch".
Daß das Schriftbild das nicht hergibt, ist mir klar, ich habe es ja selbst geschrieben.
Ich meine aber, daß es darauf nicht ankommt, denn solche Fälle haben wir häufiger. Denkt nur mal an "Aktion" oder "Illusion" etc...
Bisher hat mir das noch niemand gesagt, selbst wenn ich einmal "gerade" als "grade" verwendet habe.
Der Sprachgebrauch ist es meines Erachtens, auf den es ankommt.
Ich spreche ganz klar "idjologisch", "Akzjon" oder "Illusjon".
Selbst wenn ich ganz deutlich spreche, verschmilzen das "e" und das "o" zu einem Buchstaben wie "jo".
Selbst wenn wir das jetzt wirklich ganz genau nehmen, dann müssen wir das wohl oder übel als kleinen Fehler nun stehen lassen, weil ich für diesen Terminus keinen Ersatz finden kann, der mir in diesem Text weiterhilft.
Aber ich habe die Kritik und die andere Sichtweise vernommen und versuche solch unklare Angelegenheiten in meinen künftigen Texten zu vermeiden.


Liebe Medusa,

meinst du wirklich, die Doppelung des Wortes "ideologisch" sei mir entgangen...?
Im Gegenteil habe ich mir diese mit voller Absicht erlaubt.
ideologisch noch sehen
ideologisch verdrehen
Es soll gezielt die Art und Weise darstellen, was hier geschieht.
Ideologien sind gefährlich, wie sich immer wieder herausgestellt hat.
Anfangs wird es durch die Brille der Ideologie betrachtet und hinterher für dieselbe hergerichtet und ausgelegt, wenn es nicht ins Bild passt.
Das ist immer dasselbe und Wahrheiten werden leider allzu oft zu Gunsten verschiedener Ideologien geopfert.
Die Anhänger einer Ideologie haben eine eingeschränkte Sichtweise auf das Geschehen.
Deshalb habe ich die Wiederholung als Verstärkung hier benutzt.

Den Nebensatz "und sich der Gewalt und den Ängsten verschworen" hast du aus dem Zusammenhang genommen.
So ist er unlogisch und syntaktisch falsch.
Nimmst du aber den ganzen Satz, ist es richtig:
Weil sie diese Welt ideologisch verdrehen und sich der Gewalt und den Ängsten verschworen.
Das heißt nichts anderes wie: und (weil sie) sich der Gewalt und den Ängsten verschworen.
Auch wenn hier verschiedene Zeiten verwendet werden, ist das korrekt.
Sie verdrehen die Welt aber das andere haben sie sich längst vorgenommen und ausgeführt. Sonst wären sie nicht an die Macht gekommen.
Also so sehe ich das und darin kann ich keinen Fehler sehen.

Für das gelungene Sonett bedanke ich mich ganz herzlich...


Hallo RiffRaff,

du hast vom linken Faschismus noch nichts gehört?
Das wundert mich jetzt aber.
Selbst Daniel Cohn-Bendit räumte als Alt-68er den damaligen Studentenbewegungen linksfaschistische Tendenzen ein.

Kennst du das Werk "Zorn und Zeit“ (2006) von Peter Sloterdijk?
Sloterdijk ist ein anerkannter und integerer deutscher Philosoph und Autor, der einige Bücher veröffentlicht hat.
Er sagte einmal:

Zitat:
Zitat von Peter Sloterdijk
„Dass sich der linke Faschismus als Kommunismus zu präsentieren beliebte, war eine Falle für Moralisten. Mao Tse-tung war nie etwas anderes als ein linksfaschistischer chinesischer Nationalist, der anfangs den Jargon der Moskauer Internationale pflegte. Gegen Maos fröhlichen Exterminismus gehalten, erscheint Hitler wie ein rachitischer Briefträger. Doch man scheut noch immer den Vergleich der Monstren. Das massivste ideologische Manöver des Jahrhunderts bestand ja darin, dass der linke Faschismus nach 1945 den rechten lauthals anklagte, um ja als dessen Opponent zu gelten. In Wahrheit ging es immer nur um Selbstamnestie. Je mehr die Unverzeihlichkeit der Untaten von rechts exponiert wurde, desto mehr verschwanden die der Linken aus der Sichtlinie.“
Im o.a. Buch listet er die wesentlichen Grundzüge und Gemeinsamkeiten der Linken und der Rechten auf:

Führerprinzip, Militarismus, Zentralismus, Kollektivismus, Demokratiefeindlichkeit, Monopolisierung, Parteipropaganda, Daueragitation der Gesellschaft, Indoktrination in Bildung und Erziehung, Geheimdienste, Bespitzelungen, Verfolgung des politischen Feinds, Funktionalisierung des Rechtswesens, Todesstrafe usw...

Das ist ganz interessant zu lesen, kann ich nur empfehlen und von Geschichtsverzerrung kann hier ganz sicher nicht die Rede sein.

Es war auch mein Anliegen, mit diesem Text darzustellen, daß sowohl der linke, wie auch der rechte Extremismus letztendlich in einem (praktizierten) Faschismus enden würde.
Despotismus, so wie du diesen Begriff hier verwendet sehen willst, geht mir nicht weit genug.
Die Gewalt- und Wilkürherrschaft eines Einzelnen fand sich oft in Monarchien, ohne daß man diese unbedingt als faschistisch hätte bezeichnen müssen.
Natürlich gibt es gemeinsame Merkmale, jedoch hat der Faschismus mehr Methode und Organisation.

Der von mir verwendete Terminus ist also keinesweg als so ausgelutscht zu sehen, wenn du das o.a. Zitat mal mit einbeziehst.

Aber dein Kommentar ist ok, denn ich hatte gehofft, mit diesem Gedicht eine interessante Diskussion auslösen zu können.

Ja, es reizte mich, einmal einen Amphibrachys in einem Sonett zu verwenden.
Klingt wirklich nicht übel...


Vielen Dank für eure Kommentare. Inhaltliche und formale Kritik ist immer wichtig. Ich habe mich darüber gefreut...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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