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Alt 02.01.2015, 17:42   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin AZ,

ich weiß jetzt nicht, ob das unter deinem Text passend ist und rege an, einen eigenen Diskussionsfaden zu eröffnen, wenn du das möchtest.

Aber ich muss hier noch einmal Stellung nehmen:

Zitat:
Die Reduzierung der Religionen auf dumme Kühe, Einfaltigkeit und Bombengürtel ist m.EA eine Diskreditierung vieler Gläubiger und eine unzulässige Reduzierung, die einer Intoleranz in nichts nachsteht.
Die Diskreditierung erledigen die Dumpfbacken und Bombengürtel ganz allein. Der Rest gehört zur schweigenden Minderheit. Das sind die Mitläufer, die den o. a. erst eine Basis verschaffen, auf der sie vermeintlich legitimiert agieren können.

Zitat:
Mit einer undifferenzierten Sprache bishin zur synonymen Verwendung geraten wir schnell in sehr plumpe Fahrwasser.
Das ist mir egal, denn schon Ludwig Feuerbach hat 1841 festgestellt, dass die Religion das kindliche Wesen der Menschheit ist, also der Ausdruck der Psyche eines Menschen, der diesbezüglich auf der Stufe eines Kindes stehen geblieben ist.
In seinen Schriften gelang es ihm schon zu zeigen, wie einzelne religiöse Ideen und Praktiken im kindlichen Gemüt wurzeln.

Die kindliche Phantasie ist auch der Quellgrund des Glaubens an Märchen und Legenden. Kinder zwischen dem 3. und 8. Jahr leben in einer Welt der Märchen und glauben an Zauberer, Feen, Geister und göttliche Wesen (Blair et al. 1986; Dieckmann 1995; Hyde 1990, von der Leyen 1995; Werner 1959). Nicht nur der Gründervater der Psychologie, W. Wundt (1914), hat aufgezeigt, dass Göttermythen und Kindermärchen sich historisch zunächst nicht voneinander unterschieden haben. Der Glaube an die Götter wurzelt zunächst in Mythen und Legenden. Der vormoderne Mensch besaß die Fähigkeit, solche Märchen zu erfinden und an sie zu glauben. Religion und Göttermärchen gründen daher in einem anthropologischen Entwicklungsstand, der dem eines Kindes unterhalb des achten Jahres entspricht.

Zitat:
Ähnlich wie es Dana formulierte, soll jeder das glauben, was er möchte. Dem ist auch eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Die differenzierte Sichtweise halte ich für unerlässlich
wenn wir uns ernsthaft darüber austauschen wollen.
Meinetwegen kann jemand an das Spaghettimonster oder das heilige Teekännchen glauben, doch sollte er das ganz allein für sich praktizieren und behalten und diesen ganzen infantilen Sermon nicht auch noch von sich geben.
Jeder noch so infantile Glaube ist etwas ganz Persönliches und Intimes, und jemand der z. B. mit seinen Sexualleistungen prahlt, den kann ich einfach nicht ernst nehmen.

Zitat:
Wenn ich dir Glauben unterstelle, den du zur Überbrückung am Rande deiner Vorstellungskraft benötigst, möchte ich kein Totschlagargument bemühen.
So habe ich das aber bisher aufgefasst. Außerdem besteht ein riesiger Unterschied zwischen „Glauben“ und „Glaube“.
Wenn ich z. B. sage, ich glaube daran, dass es möglich ist, schneller als das Licht zu reisen, dann ist das für mich keine heilige Kuh, sondern stellt lediglich eine Möglichkeit dar, die ich, wenn ich so etwas äußere, auch ganz klar als spekulativ kennzeichne und nicht als unumstößliche und allgemeingültige Wahrheit ausgebe.

Zitat:
Glaube bzw. Nicht-Glaube entzieht sich doch gerade einer Argumentation, sonst wäre es nicht das, was es ist.
Falsch! Nur der Glaube entzieht sich jedweder Argumentation, der „Nicht-Glaube“ hingegen basiert auf einer Ablehnung von Märchen und Legenden aus vormodernen Kulturen, die ihre Wurzeln in der Altsteinzeit finden.

Zitat:
Wir könnten hier auch Glaube mit Vorstellung oder Sichtweise umschreiben, damit du jetzt keine glaubensinfektiösen Ausschläge bekommst, und dich dagegen erwehren musst.
Dann frage ich mich aber, worauf die Vorstellungen und Sichtweisen der Gläubigen basiert, wenn nicht auf diffusen Märchen, Mythen und Legenden.
Ich persönlich muss mich gar nicht erwehren, denn das, was ich glaube, ist zwar auf bestimmte Weise ebenso spekulativ, beruht aber auf nachprüfbaren Fakten.

Zitat:
Wenn du in dem Glaubensbekenntnis von Menschen gleichzeitig eine Ausgrenzung verspürst, mag es an den persönlichen Begegnungen liegen, die du im Umgang mit ,,Gläubigen" verbindest, als Erfahrung hochrechnest und in deiner Überzeugung festbetonierst.
Es geht hier gar nicht um meine eigenen Erfahrungen, sondern darum, wie Gläubige mit Andersgläubigen oder „Nicht-Gläubigen“ umgehen, was sie über sie denken und was sie empfinden, weil ihr Glaube ja der Löffel ist, mit dem sie die ihre ganze Weisheit gefressen zu haben glauben.
Jeder (wirklich überzeugte) Gläubige ist in diesem Sinne arrogant und überheblich gegenüber
Andersgläubigen eingestellt.
Er sieht auf sie herab, genau wie auf jene Menschen, die einst an Odin, Zeus und Jupiter geglaubt haben.
Spätestens mit Einzug einer neuen Religion wird milde lächelnd auf die Anhänger der alten Religionen von oben herabgeschaut.
Jede Religion wird sich eines Tages überholen.

Zitat:
Ich konnte dem einladenen ,,Menschen" bisher überall begegnen, das hatte mit seinem Glauben überhaupt nichts zu tun.
Damit habe ich auch keine Probleme, solange er mich mit seiner kindlichen, märchenhaften und mythischen Überweltvorstellung in Ruhe lässt und keine Diskussion mit mir darüber beginnt, um mich von diesem Unsinn zu überzeugen.

Zitat:
So habe ich mich z.B. unter Moslems, Christen, unter Hindus, oder unter Atheisten noch nie ausgegrenzt gefühlt, wenn diese ihren Glaubensüberzeugungen nachgehen.
Als Agnostikerin, wie du dich neulich selbst bezeichnetest, wenn ich mich recht entsinnen kann, räumst du ja auch indirekt die Möglichkeit des Existenz von Gott oder Göttern ein.
Nimm da mal einen überzeugten anderen Standpunkt ein, dann können wir gern noch einmal über Ausgrenzung reden.

Zitat:
Es gibt aber auch sehr intolerante Gesellschaftsgruppen, deren Intoleranz mich auf die Palme bringt.
Die Intoleranz gegenüber alles und jedem, was nicht dem eigenen Glauben entspricht, ist in Grundzügen in jedem Gläubigen verankert.

So antwortete der armselige und ansonsten harmlose Schriftsteller Martin Mosebach In einem Interview mit "Welt Online" vom 20.04.2012 über den ausgeprägten Atheismus im Osten Deutschland auf die Frage, ob es schlimm sei, daß laut einer Studie Ostdeutschland die atheistischste Region der Welt sei:

Zitat:
Zitat von Mosebach
Für die Christen ist es immer schlimm, wenn Menschen die Verbindung zu Christus verlieren. Weil sie davon überzeugt sind, dass diese Verbindung die Fähigkeit, Mensch zu sein, erst zur Vollendung bringt. Diejenigen, die religiös unmusikalisch sind – wie man das heute so flott formuliert –, sind in ihrer Vollausbildung als Menschen beeinträchtigt. Unglaube ist ein Mangel. Ein Leben in völliger Abkehr von Gott ist eine reduzierte Existenz. Die seelische und auch die rationale Fülle des Menschseins ist dann nicht gegeben, wenn die Verbindung zum Schöpfer verödet ist.
In einer Talkshow mit ganz normalen Menschen (an der auch Wolfgang Bosbach teilnahm, dem ich aber das nachfolgende Zitat nicht in den Mund legen möchte, da ich nicht mehr genau weiß, ob dies aus seinem Munde kam), in der es um Glaubensfragen ging, wurde tatsächlich ausgesagt, dass der Glaube an Gott das Kriterium sei, was den Menschen vom Tier unterscheide.

Aber was ist das für ein Argument?
Wenn wir Menschen jetzt anfangen, uns gegenseitig täglich Sahnetorten ins Gesicht zu werfen, dann wäre dies, zur Sitte geworden, ein typischer Unterschied zwischen Mensch und Tier.

Soviel zur Toleranz „vollwertiger“ Menschen und „normaler“ Gläubigen.

Vielen Dank!

Zitat:
Glaubenskrieger Kreuzritter, verblendete Hitzköpfe etc. haben für mich ebenso wenig mit tiefen Glaubensfragen gemeinsam, wie die kommerziellen Stilblüten der Schenkerei mit ihrer angeblichen religiösen Grundidee.
Und mit welcher Motivation ziehen dann Glaubenskrieger, Kreuzritter oder verblendete Hitzköpfe in den Kampf?

Zitat:
Bescheidenheit, Nächstenliebe, Achsamkeit etc., sind auch keine Exportgüter von Religionen. Die kriegt der Atheist genauso gut gebacken.
Genau das ist der Punkt: „Bescheidenheit, Nächstenliebe, Achsamkeit etc., sind auch keine Exportgüter von Religionen.“
Dazu braucht man doch gar nichts weiter mehr zu sagen…

Zitat:
Glauben und Krieg oder Unfrieden synonym zu verwenden entspricht für mich schlicht dem Glauben an die Einfalt, und grenzt Andersdenkende und -fühlende aus.
Das ist ja interessant. Dann wurde der arme Jesus also aus friedlichen, religiösen Überzeugungen ans Kreuz genagelt.

Und es ist ja dann wohl auch ganz friedlich gemeint, wenn in der Bibel steht:

<Mk 9,42 (Jesus sagt): "Und wer einen der Kleinen ärgert, die an mich glauben, dem wäre es besser, dass ihm ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde."

<Mt 10,34-39 (Jesus sagt): "Viele glauben, dass ich als Friedensbringer gekommen bin. Ich bringe aber nicht Frieden sondern das Schwert. Ich werde die Kinder gegen ihre Eltern aufwiegeln (und die Familien spalten), so dass die eigenen Hausgenossen zu Feinden werden. Wer seine Eltern oder seine Kinder mehr liebt als mich, kann nicht zu mir gehören. Wer nicht bereit ist, sein Kreuz auf sich zu nehmen und mir zu folgen, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben wegen mir verliert, der wird es finden."

Oder im Koran:

„Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo (immer) ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf!“

Und das sind nur eine wenige Beispiele für den Frieden, den Religionen bringen.

Für mich sind die Einfältigen diejenigen, die ihre Augen davor verschließen, dass Religionen menschenverachtende Überzeugungen transportieren und alle in ihrem Sinne Nicht-Gläubigen oder Andersdenkende und –fühlende ausgrenzen.

Geh mir bloß weg mit der angeblichen (christlichen) Nächstenliebe:

Joh 15,10-14 (Jesus sagt): "Wenn ihr meine Gebote haltet, liebe ich euch, so wie mein Vater mich liebt, wenn ich seine Gebote halte..... Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete."

Die viel gerühmte christliche Nächstenliebe gilt also nur dem Glaubensgenossen.

Welches Fazit bleibt also übrig?

Der gläubige Erwachsene unterscheidet sich vom Kind zwar durch Wissen und Erfahrung, aber nicht durch seinen psychologischen Entwicklungsstand und die Basiskategorien des Weltverstehens und des Denkens. Die Entsprechungen betreffen tatsächlich jedes Detail.

Gefährlich, gefährlich! Vor allen Dingen mit Machtinstrumenten und Waffen ausgerüstet.


Das ist mein Standpunkt und bitte nicht persönlich zu nehmen.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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