Thema: Lebewohl Mama
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Alt 15.02.2009, 23:38   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Hi Michael,

danke für deine Worte, denn dieser kleine Text liegt mir sehr am Herzen.
Er ist am selben Abend des Ereignisses geschrieben worden, als ich noch unter dem Eindruck des Geschehens stand, basiert also auf Tatsachen.
Deshalb steht auch das Datum darunter. (Bitte lies dazu auch die Antwort an den Prinzen weiter unten.)
Selbst meine Mama und unser alter Onkel haben ein paar Tränchen zerdrückt, als ich ihnen diesen Text vortrug...


Servus Kleiner (Prinz),

du wagst es, meinen allerallerallerheiligsten Text zu kritisieren?
Du bist nicht zufrieden damit?
Hm...

Ich weiß um die Problematik der Worte, die ich dem Kind in den Mund gelegt habe. Darüber hatte ich schon einige Diskussionen.
Nun ist es ja so, daß es sich nicht genau so, wie hier beschrieben, ereignet hat.
Klar habe ich die Kleine in den Arm genommen und gedrückt, aber der Dialog hat in dieser Weise nie stattgefunden.
Das Kind und ich sprachen vom Himmel, von Engeln und einer langen Reise. Sie hatte noch gar nicht richtig verstanden, was es bedeutet, daß die Mama nun nicht mehr nach Hause kommt. Und sie war unendlich tapfer. Sie hat gespürt, daß da etwas Ungeheuerliches passiert war, denn sie bemerkte das lähmende Entsetzen ringsum, welches die Menschen befallen hatte. Das war die Situation, als bei ihr die kleinen Tränen aus den großen braunen Augen flossen.
Ich glaube, daß sie das betroffener machte, als die eigentliche Tatsache, daß die Mama gestorben war.
Als sie mit ihrem Papa nach Hause gefahren ist, habe ich mich hingesetzt und den Text geschrieben.
Es ist einer jener geworden, die selbständig, unter dem Eindruck eines erlebten Ereignisses, entstanden sind. Die Verse sind mir so aufs Papier geflossen.
Ich weiß, was du meinst, es gab auch schon Kritik an dem Wort "wähnen".
Aber schau mal wer in dem Text wirklich spricht. Das sind die Augen des Kindes, die zum LI sprechen, also nicht das Kind selbst. Das habe ich sogar in Strophe zwei wiederholt, um es zu unterstreichen.
Es ist so, wie es das LI empfangen und für sich übersetzt hat. Und LI ist ein Erwachsener, kennt also alle diese Worte.
Auch das "stolz" würde ich gerne so stehen lassen, da sie wirklich einen eigenen kleinen Stolz hatte. Die Persönlichkeit dieses damals sechsjährigen Kindes ist in diesem Augenblick erwacht. Und sie war stolz, sie war wahrhaft stolz. Und ich war stolz auf sie, weil sie stark genug schien, das zu verkraften.
Was sagt man einem Kind in einer solchen Situation? Mach dir keine Sorgen, deiner Mama geht es jetzt gut und sie passt im Himmel auf dich auf.
Und durch die Kleine schien ein Ruck zu gehen, als wenn sie das akzeptierte. Sie wollte wohl nicht, daß die Mama sich Sorgen um sie macht.
Als sie weg war, musste ich erst mal heulen.
Danach kam der Text.
Deshalb gibt der Text das alles aus der Perspektive des Erzählers wieder.

Und darum möchte ich auch daran nichts ändern. Er ist ein Ganzes, vielleicht nicht perfektes, aber dennoch starkes Stück emotionaler Lyrik.

Ich danke dir sehr, daß du dich so intensiv mit dem Gedicht auseinander gesetzt hast. Auch deine Metrik-Analyse ist vollkommen richtig.
Der Text fängt mit einer betonten Silbe an und endet mit einer unbetonten, immer im Wechsel zwischen einem 4-hebigen Trochäus und einem 3-hebigen Jambus, was in diesem Fall immer auf eine betonte eine unbetonte Silbe folgen lässt, und zwar strophenübergreifend.

Nein, ich habe deine Kritik nicht in den falschen Hals bekommen, wollte dir aber meine Sichtweise zu den kritisierten Stellen auch aufzeigen.

Danke für dein Lob...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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