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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 24.11.2013, 08:56   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard Der Gänse-Vielfraß

Ich habe das Original eines Gedichtes entdeckt. Es wurde von Johann Wolfgang Goethe am 23.11.1770 geschrieben, während Friedericke Boullion ihm eine Gänseklein-Suppe zubereitete, und war Jahrzehnte lang in meinem Kopf verschollen.

Der Gänse-Vielfraß

Der Ofen briet, der Ofen schwoll,
ein Vielfraß saß daran,
die Wampe war ihm dick und voll,
er schaut‘ den Braten an.
Und wie er sitzt und sich erbaut,
klappt auf das Ofenrohr,
aus der erhitzen Röhre schaut
die fette Gans hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
mit Menschenwitz und Menschenlist
hinein in Todesglut?
Ach wüsstest du, was's Gänslein frisst
so leck‘res auf der Wies‘,
du stiegst hinunter, wie du bist,
und wärst im Paradies.

Labt sich der größte Kenner nicht
an Escargots mit Wein,
würzt Wiesenkraut und Beifuß nicht
das gute Gänseklein.
Lockt dich das warme Festgericht
nicht hier zu mir hinein?
Lockt dich mein Bratenduft denn nicht,
ganz nah bei mir zu sein?

Der Ofen briet, der Ofen schwoll,
die Gans versprach Genuss,
sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,
wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
da war's um ihn geschehn:
halb zog sie ihn, halb sank er hin,
und ward nicht mehr gesehn.



Es folgt das Gericht, welches irrtümlich für das obige Werk in den Gesammelten Werken von Johann Wolfgang Goethe veröffentlicht wurde.

Der Fischer

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
ein Fischer saß daran,
sah nach der Angel ruhevoll,
kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
teilt sich die Flut empor;
aus dem bewegten Wasser rauscht
ein feuchtes Weib hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
mit Menschenwitz und Menschenlist
hinaus in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
so wohlig auf dem Grund,
du stiegst hinunter, wie du bist,
und würdest erst gesund.

Labt sich die liebe Sonne nicht,
der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eignes Angesicht
nicht her in ew'gen Tau?"

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
netzt' ihm den nackten Fuß;
sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,
wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
da war's um ihn geschehn:
halb zog sie ihn, halb sank er hin,
und ward nicht mehr gesehn.
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 24.11.2013, 19:20   #2
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Thomas,

- beim ERSTEN las ich lachend und dachte - das kennst du doch.
Beim ZWEITEN las ich und "erkannte" - ja genau, das ist es!

Mit Verzögerung erkannte ich den Humor und lachte schallend, weil beide gut verpackt DEINE sind.

Feine Idee und Irreführung.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 29.11.2013, 15:09   #3
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Dana,

vielen Dank für die netten Worte zu meinem Spaß.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

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