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#1 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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. . Er blieb allein im großen Stadgetriebe, ein Eremit im Riesenblockgebiet. Nur in der Früh, im Straßenbahngeschiebe, da sah man ihn und auch, dass er nichts sieht. Sein Blick war stets auf einen Punkt gerichtet, kein Schubs entlockte eine Reaktion, er war nicht blind, nicht taub, nur ausgerichtet auf Nummer acht der Haltestation. Dort ging er unter in der Menschenmenge und tauchte abends wieder auf und fuhr, genauso unberührt von dem Gedränge, zur Nummer drei, der Wohnbetonkultur. Mich streiften im Vorübergehen Zeilen, dass wieder jemand sich das Leben nahm. Die Gegend stimmte, so dass ich bisweilen den Eremiten angedacht und kam auf die Idee, er wäre es gewesen, was ich verwarf, es kam mir viel zu nah. Viel schlimmer noch, denn hätt ich nichts gelesen, dann bliebe wohl sein Bild noch lange da. . . .
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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#2 | ||||||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, Dana,
hier "ruft" mich eine Stimme zum Kommentar. Ich glaube, sie heißt Wahrnehmung. ![]() Zitat:
Das LyrIch sehe ich als Beobachter (eher objektiv, fast, als ob dieser sich für diese Beobachtungen einen Schritt „neben“ sich selbst gestellt hätte).Der Eremit ist offenbar der Stellvertreter (Avatar) des Begriffes "Ein/der Mensch" in der Seelenlosigkeit einer Großstadt. Der Eremit ist allein. Hier wird ein deutliches Gefühl der Einsamkeit, ja, Verlorenheit im "Riesenblockgebiet" auf mich übertragen. Ich sehe das LyrIch vor mir, wie es an der Haltestelle steht, einsam, reglos, während um ihn herum die Leute hin- und hereilen. Er lässt das apathisch über sich ergehen, nimmt das alles nicht wirklich wahr. Jetzt kommt mein Problem. Wenn ich diese Strophe isoliert lese, ist die Darstellung klar. Zitat:
Zitat:
Super gemacht! ![]() Zitat:
![]() Zitat:
Zitat:
Zusammengefasst: Das Schicksal des heutigen Menschen in der seelenlosen, anonymen Großstadt. Trotz Rempeln (kann man auch übertragen sehen) finden keine zwischenmenschlichen Berührungen (Kontakte) mehr statt. Jeder ist isoliert für sich alleine. Die Existenz des Einzelnen ist bedeutungslos. Trotz dem „Getriebe“ bewegt sich eigentlich nichts. Hin und her, ohne an ein echtes Ziel zu kommen. Gibt es überhaupt noch Ziele? Die Sicherheit wird aus der ständigen Wiederholung der alltäglichen Bedeutungslosigkeiten gewonnen, da es ansonsten keine gibt. Was stören könnte, wird (auch im geistig-inneren Sinn) beiseite geschoben. Heile, trostlose Welt des Daseins, das aufgehört hat, ein Leben zu sein. Leider nur allzu wahr. Dein Werk hat mich tief berührt. Wer ist nicht manchmal selbst der Eremit? Ein Glück ist, dass es Freunde und Familie gibt, sonst wäre unser Leben heute wirklich trost- und belanglos. ![]() Mit dem Vorsatz gelesen, mich künftig mehr um meine anonymen Mitmenschen zu kümmern, denn morgens und abends bei meinen Fahrten in der U-Bahn bin ich selbst einer. ![]() Lieben Gruß Stimme der Zeit
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Geändert von Stimme der Zeit (19.03.2011 um 09:45 Uhr) Grund: Es fehlte noch eine Kleinigkeit. |
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#3 | ||
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
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Hallo Stimme der Zeit,
ich sehe, du bist "mitgefahren" und hast sogar die Wohnbetonkultur angeschaut. Ich freue mich über deine eingehende Interpretation, die erkannt und getroffen hat. Das lyr. Ich ist einerseits Beobachter und Kritiker seiner selbst. Dieser Eremit existiert - und kaum jemand würde ihn wahrnehmen, wenn er nicht zwangsläufig regelmäßig auftauchen würde. Einmal nur und erstmalig morgens. Dieses "nur morgens" bedingt die morgendliche Wiederholung über die abendliche Wiederkehr. Du hast ganz und gar meine Intention erkannt. Nur hier will ich das lyr. Ich "verteidigen" und den Kommentator "trösten". Zitat:
Ich möchte nicht wissen, wie viele "Mitreisende" es gibt, die viel größere Leiden erleiden. Jener "Eremit" könnte jemand sein, der unangetastet nur ein Ziel verfolgt. Er gelangt zu einer Arbeit, wo er ein ganz anderer ist, wo er lebt, redet, wahrnimmt und hilft. Sein Wohnsitz und sein Straßenbahngeschiebe sind "seine Entspannungen", die nur Beobachter als "Einsamkeit" wahrnehmen. Der Beobachter interpretiert etwas hinein (hier der Lyriker ![]() Der Eremit reist nicht mehr mit der Straßenbahn, weil er sich ein Auto angeschafft hat. Die Verbindung zur Zeitungsnachricht ist rein zufällig und passt nur, weil er nicht mehr in der Strßenbahn auftaucht. Dennoch stimme ich dir voll und ganz zu - aus Erfahrung: Zitat:
![]() Ein kleiner Gruß, ein einziger unverbindlicher Satz verbindet für den nächsten Tag. Nicht nur um des Eremiten Willen - es tut jedem wohl und ergibt ein Miteinander, das uns vom Eremitendasein befreit - es sei denn, es ist gewollt. Nochmals lieben Dank für deine Mitreise, liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
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