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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 13.10.2009, 17:43   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Standard Gedanken, die im Wind verwehen

„Willkommen, komm herein in meine Welt!“
das scheinen frohe Augen mir zu sagen.
Vom Nebel des Vergessens ist ihr Blick verstellt
und der Verstand belegt mit tausend Fragen,
doch ohne Antwort, die das Dunkel ihr erhellt.

So bleibt sie still und ohne Gram gefangen,
sie öffnet ohne Ängste Tür und Tor,
doch kann sie nie in meine Welt gelangen,
das Vakuum "Vergessen" steht davor.
Der Weg heraus liegt weit zurück und ist vergangen.

Ganz sicher geht sie mit der Leere um,
lenkt ab, versucht stets freundlich zu erscheinen.
Ich frage, und sie lächelt einfach stumm,
die eigne Schwäche mit Geduld vereinend,
und zwischen uns steht wieder schmerzlich ein "Warum".

Bei dem Versuch, in ihre Welt zu gehen,
wobei Realität sich rasch verliert,
versuche ich das Elend zu verstehen,
in einem Dasein, das nicht existiert,
in dem Gedanken wie der Staub im Wind verwehen.

So lass ich traurig sie allein zurück,
versuch mir hilflos selber einzureden,
sie lebte friedlich in geträumtem Glück,
doch spür ich immerzu dabei und jeden
Moment, ihr Leid, wenn ich sie schweigend an mich drück.

Die Wirklichkeit holt langsam mich dann ein,
und quälend stellt sich mir die bange Frage:
„Wo ist sie hingegangen, wird sie sein?“
Sie fehlt mir bis ans Ende meiner Tage.
Die Welt verschwimmt in Tränen, die ich um sie wein.
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Alt 13.10.2009, 18:50   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
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Lieber Galapapa,


wie hilflos stehen wir gegenüber, wenn Alter, Krankheit oder Leiden den Zugang zum geliebten Wesen verhindern.
Wer weiß, was in solchen Seelen vorgeht? Existieren noch Erinnerungen, wird noch Glück und Leid gefühlt? Werden ganz andere Welten (innerlich) beschritten?
Plötzliches Aufflackern des einstigen "Ich" verwirrt, quält und wiegt zuzeiten in trügerischer Hoffnung.
Ich habe es miterlebt und war oft versucht, voller Wut und Trauer mit dem Schicksal/Gott/Himmel zu hadern.

Du hast ein tief berührendes Gedicht daraus gemacht!

Lieben Gruß
von
cyparis
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Alt 15.10.2009, 18:30   #3
Galapapa
Galapapa
 
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Hallo Cyparis,
danke für Dein aufbauendes Lob!
In Deinem Kommentar kann ich die eigenen, schmerzlichen Erfahrungen erkennen.
Die vielen Fragezeichen sprechen für sich. Man steht in der Tat vor einem Rätsel.
Einerseits muß man doch vermuten, dass ein Mensch in einer solchen Situation in seiner Welt sehr einsam ist, andererseits erscheinen einem die Betroffenen immer wieder erstaunlich ruhig und ausgeglichen, machmal geradezu fröhlich.
Man muß mit der eigenen Hilflosigkeit fertig werden...
Vielen Dank und einen herzlichen Gruß an Dich!
Galapapa
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Alt 15.10.2009, 19:52   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber Galapapa,
berührend, traurig im Inhalt - fließend weich im Lesefluss, als sollte dieser die Freundlichkeit der Betroffenen Person spiegeln.
Der Leser schaut noch auf den Text, selbst wenn er bereits zweimal gelesen hat.
Du hast ein Schicksal und die Hilflosigkeit gekonnt umgesetzt.
Sogar als Kommentator fühlt man sich ein wenig hilflos.
Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 16.10.2009, 13:39   #5
Feingeist
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Lieber Galapapa,

trotz der Hilflosigkeit zeigst Du mir hier ein lyrisches Ich, das einen hohen grad an Selbstreflexion besitzt und in diesem Sinne trotz der schmerzvollen Erfahrung(en) psychisch gefestigt ist.

Die einzigen Textstellen, in die ich mich wirklich nicht hineinversetzen möchte, sind das "Warum?" und "So lass ich traurig sie allein zurück" - doch auch hier beweist das LI mMn Stärke: Es hat versucht alles zu verstehen, alles zu ergründen, es hat sich aufgeopfert, um ins LD hineinfühlen zu können; doch wenn nur eine Blockade zurückkommt, ein Nicht-Kommunizieren, dann tut das LI gut daran sich trotz der eigenen Seelenqualen vom LD abzuwenden, vielleicht mit der Aussicht, irgendwann zu begreifen, dass diese Entscheidung richtig war.

Und auch für das LD empfinde ich die Situation nicht als hoffnungslos: Auch wenn es nicht dazu in der Lage war, auf einer psychisch gesunden Basis mit dem LI zu harmonieren, so war es doch mutig genug, dem LI ansatzweise einsichten zu gewähren - ins Nichts, in die Trauer, die Angst, die Zwänge, die Mutlosigkeit... Ein Schimmer von Selbstcourage; es könnte ein Lichtblick sein - zur psychischen Öffnung in anderen Lebensbereichen, zur Selbstliebe -;

Lieber Galapapa, ich befinde mich in einer Situation, die dieses Gedicht sehr treffend beschreibt und dahingehend habe ich es interpretiert - mein Mitgefühl, aber auch meine Anerkennung für den, der dieses Thema so realitätsnah verdichten kann! Mitreißend!

Liebe Grüße

Feingeist
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Alt 17.10.2009, 11:01   #6
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Dana,
Über Deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut, und ich möchte Dir, insbesondere für das Lob, herzlichen Dank sagen!
Neben der Ungewissheit über den seelischen Zustand der Betroffenen ist es in der Tat die Hilflosigkeit, die den Angehörigen belastet. Wie kann ich ihr/ihm helfen? Wie muß ich mich verhalten, um sie/ihn nicht zu beunruhigen?
Dazu kommt das Erleben eines Verlustes, obwohl der geliebte Mensch noch vor einem steht und am Leben ist. Somit ist für mich die schlimmste Frage: "Wer ist das?....
Mit einem lieben Gruß an Dich!
galapapa


Hallo lieber Feingeist,
auch Dir herzlichen Dank für den lobenden Kommentar!
Du hast das Gedicht wundervoll und mit sehr einfühlsamen Worten interpretiert. Man spürt die eigene Betroffenheit in Deinem Kommentar.
Nun, man kann so etwas auch nur schreiben, wenn man selbst einmal solches erlebt hat. Bei mir liegt dies schon einige Jahre zurück, und es waren drei geliebte Menschen, die so aus meinem Leben gegangen sind.
Das Weggehen noch zu Lebzeiten, den Verust zu erleben, obwohl der Betroffene noch vor einem steht, das war für mich mit das Schlimmste.
Die beiden Textstellen, die Du nicht nachvollziehen konntest, will ich noch kurz näher erläutern.
Das "Warum" ist ein Ausdruck der Rat- und Hilflosigkeit. Warum trifft es gerade diesen Menschen? Warum geschieht so etwas mir?...
Das "Alleinlassen" soll nicht einen endgültigen Abschied beschreiben, sondern den Umstand, dass man sein eigenes Leben daneben weiterleben muss und nicht 24 Stunden beim Patienten bleiben kann. Man verabschiedet sich nach einem Besuch und lässt den Patienten in seiner fremden Welt allein, besorgt, auch wenn es nur für Stunden ist.
Ich wünsche Dir all die Kraft und Geduld, die Du brauchen wirst, um diese Prüfung zu meistern!
Mit einem genz herzlichen Gruß!
galapapa

Geändert von Galapapa (17.10.2009 um 11:23 Uhr)
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