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#1 |
Schüttelgreis
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Das Glöckchen tönt. Zu seinem leisen Klagen
gehn wir im Trauerzug zum „Letzten Hieb«. Den Friedwald hatten die Gehetzten lieb, die nach dem Freitod auf den Gleisen lagen. Sie schenkten ihre Lebenssäfte Kranken und fanden keine Zeit, sich hinzusetzen, gezwungen, ständig ohne Sinn zu hetzen, bis schließlich ihre Lebenskräfte sanken. Die beiden konnten so nicht weiterleben. Nun ruhen sie im Wald bei Licht und Rauschen. Wir fühlen uns wie vor Gericht und lauschen, wie Engel an der Himmelsleiter weben. Bald weckt der Frühling wieder brausend Tote und aus den Steinen wachsen tausend Brote. |
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#2 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.946
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Moin Fridolin,
so ganz leicht erschließt sich mir dieser Text nicht, obwohl die "Geschüttelten" wieder erstklassig sind. Aber ich will es mal versuchen. ![]() Die erste Strophe beschreibt ein Begräbnis im Friedwald (so etwas haben wir hier übrigens auch) von zwei Toten, die sich mittels der Deutschen Bahn das Leben genommen haben. Die Passion der beiden war wohl, sich um Kranke zu kümmern, was sie ihr Leben lang mit Aufopferung taten. Dabei haben sie keine Zeit für sich selbst gefunden, sich keine Zeit zum Ausruhen genommen und so sind die eigenen Kräfte schließlich geschwunden. So konnten sie nicht weitermachen, sie sind jetzt beerdigt und die Trauergemeinde fragt sich nun, ob sie da nicht vielleicht hätte etwas tun können, denn diese Engel hatten alleine nicht mehr die Kraft dazu, sie sind nun auf dem Weg in den Himmel. Soweit die drei Quartette, im abschließenden Couplet sehe ich dann ein wenig Zynismus durchblitzen. Der Winter ist kalt, trist und traurig, so wie eine Beerdigung. Doch er geht auch genauso fix wie eine solche vorüber und dann wächst schnell wieder neues Gras darüber. So ist es mit der Vergänglichkeit. Das Alte geht und wird vergessen, weil das Neue kommt. Habe ich das so in etwa richtig interpertiert? ![]() Gern gelesen und kommentiert... ![]() Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
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#3 |
Schüttelgreis
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Hallo Falderwald,
viele meiner Gedichte tragen autobiografische Züge oder sind durch Erlebnisse in meinem persönlichen Umfeld geprägt, so auch dieses. Es geht nicht um eine unglückliche Liebe, wie man beim Freitod junger Leute annehmen könnte, sondern um Überforderungen im Kranken- und Pflegeberuf. Von meiner Tochter, die einige Zeit dort tätig war, weiß ich, dass das Personal schon im normalen Betrieb über die physischen und psychischen Grenzen belastet wird. Hinzu kommt, dass von dem Personal erwartet wird, dass es auch außerhalb der Beschäftigungszeiten jederzeit per Handy für Notfälle erreichbar sein muss, was schon fast die Regel ist. Außerdem ist es so, dass selbst Neulinge oft ohne gründliche Anleitung zu Tätigkeiten gezwungen werden, für die sie nicht die Qualifikation haben. Leider haben sich die beiden, von denen hier die Rede ist, nicht ihren Angehörigen anvertraut, so dass es schließlich zu ihrem Freitod kam. In meinem Gedicht musste ich weitere Einzelheiten verschweigen, weil es sonst allzu persönlich hätte werden müssen. Bei der Bezeichnung "Zum letzten Hieb" handelt es sich um ein Gewann in einem Friedwald. Ich gebe zu, das Thema ist eine schwere Kost und ich wollte eigentlich auch kein Shake-Sonett daraus machen, aber die Verse haben sich wie von selbst so gefügt. Ich habe an anderer Stelle dem Gedicht die obige Erläuterung hinzugefügt, wollte aber mal sehen, ob es auch ohne verstanden wird. Deine Analyse bestätigt Letzteres. Vielen Dank dafür. Die Geschichte liegt schon einige Jahre zurück, geändert hat sich im Pflegebereich nichts. Das Personal ist weiterhin überfordert und schlecht bezahlt. Inzwischen werden schon Kräfte in China angeheuert. Heute habe ich im Fernsehen einen Bericht gesehen über so eine Chinesin, klein und zierlich, die sich schwertun wird, mit der Pflege der meist größeren und oft korpulenten Patienten zurechtzukommen. LG Fridolin |
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