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Alt 06.09.2016, 21:30   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 5.637
Standard Großstadtwelten

.
.

Als wir noch auf den Dorfsandstraßen
hinauf, hinunter barfuss liefen,
das Kiebitznest im Gras belauschten,
den Storch im Fluge laut beriefen,
im Bach vom Staube uns befreiten,
darüber manche Pflicht vergaßen
und nicht auf Zeit die Mahlzeit teilten,
die Wälder Sagen, Märchen rauschten,
die uns die Alten neu erzählten,
am offnen Feuer gern verweilten,
wo unsre Mütter Weisen klagten,
vom Schicksal, das sie nicht erwählten;
da träumten wir von Großstadtwelten.


Für Hanka wurde alles wahr,
die Eltern zogen in die Stadt.
Sie schickte Briefe und beschrieb
wie sie den großen Traum erlebt:

Die Frauen singen keine Lieder,
am Bach zu spielen ist verboten.
Dass Kiebitze auf Wiesen brüten
und dass man jedes Haus betreten
kann ohne Schellen, ohne Klopfen,
scheint niemanden zu intressieren.

Die neue Freundin kommt nicht oft,
die Stadt ist dafür viel zu groß.
Sie wird von einem Bus gebracht
und nach zwei Stunden abgeholt.
.
.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 07.09.2016, 13:22   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Beiträge: 8.570
Standard

Hi Dana!

Du beschreibst den Verlust der Naturnähe wie auch der menschlichen in großen Städten und in Zeiten der Moderne. Da bin ich ganz bei dir! Ich wuchs als eine Art Hybridwesen auf: Halb Städter, halb Landei!
Alle Schultage war ich in der Stadt, an Wochenenden und in den Ferien in unserem Haus auf dem Lande. So gehörte ich irgendwie zu beiden Welten - und letztlich zu keiner, denn in beiden blieb ich außen vor: Im Fall des Falles der "Zugereiste arrogante Reiche" für die Landjugend - oder das "Dämliche Landei, das sich schmutzig macht" bei den Stadtkindern.

Was soll's - vergossene Milch und alter Tobak ...

Du weißt ja, wie ich zu ungereimten Texten stehe, daher konnte ich in lyrischer Hinsicht mit dem zweiten Teil eher wenig anfangen. Der erste Teil ist zwar gereimt, aber eher unregelmäßig, was den Takt leider behindert, weil ein Teil des Leserhirns immer davon abgelenkt wird, die Reimbrücken zu suchen, während er liest. Zumindest mir erging es so, aber vielleicht bin ich da zu akribisch ...

Gern gelesen - da wurden eigene Erinnerungen wach, auch viele schöne!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.09.2016, 23:02   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
Standard

Lieber eKy,

danke, das genügt.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Gern gelesen - da wurden eigene Erinnerungen wach, auch viele schöne!
Die "Ungereimheiten" sind mir bewusst. Irgendwann wurde ich selbst zum "Stadtkind" in einer neuen (und fremden) Welt. Dieser Bruch sollte sich vergleichsweise im Gedicht spiegeln.
(Ich war nicht nur ein Landei, sondern zusätzlich und unverständlich jemand, der keine Bananen kannte. )

Bei meinen Aufenthalten in der Küche höre ich immer denselben Sender mit interessanten und hochinteressanten Beiträgen. Letzte Woche lief eine lyrische Reihe mit Meinungen und Vorträgen zu Gedichten.
Ich versuche hier wertfrei zu bleiben.
Was teilweise (meist) als Gedicht vorgestellt wurde, waren hingestönte Worte, die durch Pausen nach Unterstreichung hangelten und in eine Richtung interpretiert wurden, auf die ich nie gekommen wäre.
Die Sendereihe hat mich ermutigt, dieses zu posten. Es ist schon älter und der Inhalt, Du hast es bestätigt, interpretierbar.
Vielen Dank dafür.

Liebe Grüße
Dana
__________________
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(Frederike Frei)
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Alt 08.09.2016, 12:24   #4
juli
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Beiträge: n/a
Standard Liebe Dana :)

Dein Gedicht liest sich flüssig. in der 1. S. beschreibst du das Leben auf dem Lande. Eine Kindheit, die heute kaum noch ein Kind kennt. Die Worte gehen ans Herz. Ich kann da nichts besonderes hervorheben, weil aus jedem Wort eine Liebe zum Landleben durchklingt. Der Wunsch in einer großen Stadt zu leben, wird in den nächsten S. relativiert, weil Hanka zwar eine Freundin hat, diese aber mit dem Bus kommt, und die Leichtigkeit sich zu sehen, ist für sie verschwunden.

Ich bin in einer Kleinstadt großgeworden, aber mit meinem Vater schon von kleinauf an Rad gefahren. Er war Schornsteinfegermeister und hatte einen Landbezirk. Ich durfte immer mit zu seiner Arbeit. Meine Welt waren Bauernhöfe, Arbeiter, Handwerker und viele viele Tiere. Die Türen standen immer offen, die Hofteiche waren Wassertränken fürs Vieh und gleichzeitig Badeanstalt für uns. Wir wurden nicht krank. Es gab viele kinder als Spielkameraden, die immer da waren und Heuboden. Ich als Städterin war immer lich willkommen bei den Landleuten....

Dein Gedicht steht bei den " Beschreibungen" aber für mich ist es auch fröhlich und nachdenklich zur gleichen Zeit.

Sommerliche Grüße sy

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Alt 10.09.2016, 13:38   #5
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe Syranie,

danke sehr für Deinen Kommi und Glückwunsch zur erfüllten Kinderzeit.
Es stimmt, das Gedicht passte auch in Fröhliches oder Nachdenkliches. Ich postete unter Beschreibungen, weil es nicht ausschließlich fröhlich und nachdenklich ist.
Eine Mischung eben und einzig aus persönlicher Erfahrung, wobei ich eine (Groß)Stadt im damaligen Lande evtl. ganz anders erlebt hätte. Das soll bitte wertfrei ankommen und ich werde einen Vergleich eh nie erfahren.

Nochmals lieben Dank,
liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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