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24.08.2011, 16:23 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 03.12.2010
Beiträge: 143
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Der heilige Schlaf
Mühsam schuf Eusebius Klüste
seine Oper "Heilger Schlaf". Diese gibt man in der Knüste - Abonnenten kommen brav. Schicke Roben, teure Sohlen, niemand spart beim Kleiderkauf. Nicht nur in den Metropolen putzt der Mensch sich hierfür auf. Overtüre überstanden - alle harren auf ein Mehr. Anfangs ist Elan vorhanden, jedoch bald fällt Wachsein schwer. Die Musik ist eine zähe, Krause fragt noch nach dem Sinn, doch Herrn Knust, in nächster Nähe, rafft der heilge Schlaf schon hin. Herr Geheimrat Wilhelm Kesser wagt sich weit gedanklich vor: "Welches stumpfe Künstlermesser bohrt sich in mein Kenner-Ohr?" Ach, am liebsten würd er zanken, denn er liebt nur Mozart, Bach, doch dann wird bei dem Gedanken er in Morpheus Armen schwach, sinkt in Richtung Fräulein Buse, fällt in ihren Ausschnitt, tief. Seelig schnarcht er in der Bluse - schlimm, wenn sie nicht auch schon schlief, doch die pfeift durch die Polypen, was das Flötenspiel ergänzt. Auch den Müller hört man piepen, weil er längst schon geistig schwänzt. Dieser rutscht, in Raumes Hitze, schlafestrunken, wie ein Blitz und pennt heiter, unterm Sitze, sich verkrallend in den Schlitz an dem Rock von Lise Kimpern, die solch Tat nur nicht verdross, weil ihr Morpheus ihre Wimpern schon vor einer Stunde schloß. Müllers Ehgespons, Mathilde, schaut dem "Heilgen Schlaf" noch zu, sieht den Gatten, ist im Bilde, denkt : "Na, warte, Lüstling, du! An solch jungen Weiberbeinen deine greise Herren Hand - das gibt Ärger, will ich meinen!" doch schon wird sie übermannt von dem Blei in ihren Lidern, diesem heilgen Schlaf, der groß und fällt ungeniert dem biedern Herrn Polonius in den Schoß und auch jener weilt schon lange nicht in der realen Welt - ihm ward klar, beim ersten Klange, dass dem Schlummer er verfällt. Auf der Bühne das Finale: Riesentrommelwirbel schlägt gen die müden Köpfe, alle - Huch! nun hat sichs ausgesägt! Jäckchen zupfen, Röckchen glätten, bei dem Vorhang, der jetzt fiel, "Bravo!!!!" rufen, tun als hätten alle Spaß am Bühnenspiel. Und dann ab zur nächsten Schänke, seinen Mund ins Pils getunkt und palavern - man bedenke: "Kultureller Höhepunkt!" Geändert von Löwenzahn (27.08.2011 um 12:32 Uhr) |
25.08.2011, 22:51 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 4.893
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hallo löwenzahn,
gibs zu: du warst auch bei den salzburger festspielen? im ernst: das problem mit dem "heil'gen schlaf" kannte schon haydn! deshalb komponierte er die "synfonie mit dem paukenschlag ( damit die zuhörer zwischendurch immer wieder mal aufwachen ) ich darf dir aber versichern, dass ich beim lesen deines gedichtes NICHT eingeschlafen bin! ( das geht nämlich nicht gut, wenn man lachen muss!) wirklich witzig, die geschichte! liebe grüße, larin |
26.08.2011, 20:57 | #3 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Liebe Löwenzahn,
nein, du warst nicht Gast bei den Salzburger Festspielen. Du bist "Beleuchterin", also schlafgeschützt, und konntest wunderbar beobachten. Ein soooo langes Gedicht, das trotzig ein Muntermacher bleibt, bis zum letzten Vers. Ich war einst zum großen Orgelkonzert in einem großen Dom. Mein Platz war ungefähr im letzten Drittel der Kirchenbänke, so dass ich die meisten Besucher im Blick hatte. Die Schritte des Organisten hallten bereits auf den Fliesen, man hörte ihn die Treppe zur Orgel steigen. Faszinierend die Stille, die jedes Mal die Zuhörer ergriff. Ein jeder lauschte auf die Schritte und wagte weder Bewegung noch Hüsteln. Es waren eigene Werke angesagt und der Künstler war für seine Wildheit und Eigenart wohl bekannt. Der Besuch war ein MUSS für jeden, der etwas von Kultur (hier Orgelmusik) verstand. Zahlreich darunter auch die vielen Förderer (Geschäftsleute, Bänker, Stadtpolitiker und hohe Beamte). (Ich war zu der Zeit seine Sekretärin und stand mit meinen Konzertbesuchen in Ehre und Pflicht.) Der Meister trieb oft seine Spielchen mit dem Publikum - ich könnte unendliche Geschichten erzählen. Hier aber die eine: Er wollte sie wohl gleich zu Beginn wecken (oder erschrecken) und hat sich vom Ton, Akkord oder was immer es gewesen ist, mit seinem ganzen Körper auf die Orgel geworfen. Ich werde das Bild der plötzlichen zuckenden Bewegung im Publikum nie mehr los. Einer Dame fiel sogar der Hut vom Kopf. Klar, dass ich bei der ernsten Musik Tränen gelacht habe, die ich lautlos und vergeblich zu unterdrücken versuchte. Die letzte Strophe gefällt mir besonders gut, weil sie treffend und gerade darum sehr, sehr lustig ist. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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