|
09.10.2011, 09:52 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
|
Intermezzo
Wie wähnten wir uns fern der letzten Nacht -
nun rückt der Abschied unaufhaltsam näher. Der Abend zieht sich eine Fratze an und lacht erbarmungslos herab. Viel banger und auch weher wird mir ums Herz! Die Zukunft aber liegt verschwommen da, wie hinter Milchglasscheiben. Bald gehst du fort - und meine Zuversicht verfliegt wie Sand im Winde. Wirst du mir noch schreiben? Was bleibt zurück, wenn nicht ein Scherbenhaufen? Im späten Licht, das noch die Sonne gibt, sieht mans und spürt, wie Tränen über Wangen laufen - vorbei, dahin: Ein Traum ins Nichts zerstiebt! Dein letzter Gruß: Du stehst schon vor den Schranken. Ein Blick zurück - dann drehst du dich zum Gehn. Ich bleibe hier, mit all den zagen Nachtgedanken, die leis und unerhört noch lang in deine Richtung flehn. Geändert von a.c.larin (20.10.2011 um 18:58 Uhr) |
09.10.2011, 12:11 | #2 | ||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
|
Hallo, liebe larin,
"Intermezzo" - ein Zwischenspiel, etwas, das nur von kurzer Dauer ist. Ich finde, der Titel ist sehr gut gewählt. Die Frage ist, um welche Art von "Zwischenspiel" es sich handelt. Es könnte eine Urlaubsromanze sein oder es handelt sich um eine außereheliche Beziehung, in der das LD sich doch entschieden hat, zur Familie zurückzukehren. Möglich wäre auch eine Beziehung, die nicht "tief" gehen sollte, in der sich das LI aber doch verliebt hat. Ebenso kann es sich auch um eine Scheidung handeln ... Das LD scheint hier außer dem "letzten Gruß" nicht sehr "präsent" zu sein, das erweckt in mir die Vermutung, dass für ihn die Trennung nicht so belastend ist wie für das LI, dessen Gefühle sehr stark zu sein scheinen. Besonders eindringlich finde ich diese Passage im Gedicht: Zitat:
Die Zukunft scheint unsicher, eben "hinter Milchglas". Das LI fragt sich, wie soll das Leben nur weitergehen? Dann die (zögerliche) Frage: Wirst du mir einmal (wenigstens einmal?) schreiben? Es ist tragisch, vor einem Scherbenhaufen zu stehen, und zu begreifen, dass Tränen nicht helfen, wenn ein "Traum ins Nichts zerstiebt". Wie ich oben bereits erwähnte, dem LD fällt der Abschied offenbar nicht so schwer, denn er macht sich auf seinen Weg. "Schranken" interpretiere ich als Hinweis auf die Abreise, vielleicht mit einem Zug. Ein Blick zurück - das klingt beinahe "beiläufig", einfach nur ein Blick - und dann bleibt das LI alleine stehen, mit den leisen, traurigen Gedanken, die dem LD noch lange "hinterher flehen". Ein wirklich trauriges Gedicht, und sehr berührend. Ich fürchte, es ist immer so, wenn eine Seite (so kommt es mir vor) wesentlich tiefer empfindet als die andere. Formal unterstützt der Wechsel zwischen 5 und 6 Hebungen den Inhalt, es passt zu den "aufgewühlten" Empfindungen des LI. Es braucht zwar einen zweiten "Lese-Anlauf", um in den Rhythmus zu finden, aber ich habe ihn "gefunden". Die Kadenzen sind dabei "behilflich", denn sie sind sehr stringent geordnet, was verhindert, dass es zu "unruhig" wird. Der Wechsel ab Strophe 3 spielt dabei keine direkte Rolle. Auch der letzte Vers, der 14 Silben "lang" ist, harmoniert mit seinem Inhalt. Eine kurze Anmerkung noch: Zitat:
Was diese Zeile betrifft, muss ich aber auch ein bisschen "kritteln", denn 7 Einsilber hintereinander verursachen hier ein kleines Metrumproblem. Ich kann "Wirst" unbetont lesen, aber ich möchte es unwillkürlich betonen - das hat mich beim Lesen hier "stolpern lassen. Es liegt auch an der Zäsur, du verstehst sicher, was ich meine. Für einen Vorschlag müsste man aber umschreiben, und das mache ich dann generell nicht. Es ist dein Gedicht, mal etwas umstellen ja, aber "eingreifen" ist nicht meine Art. Vielleicht denkst du darüber nach? Dein Gedicht hat mir gut gefallen. *Seufz* Traurige Gedichte, wenn sie, wie hier, gut geschrieben sind, sagen mir oft zu - schade, dass ich das selbst einfach nicht hinbekomme. Mir fehlt das "Weiche", fürchte ich. Gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
__________________
.
|
||
20.10.2011, 18:33 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
|
hallo stimme der zeit,
manchmal ist das halt so: der eine geht - und der andere hat das nachsehen! (und da ist es egal, ob es an den bahnschranken, den schranken eines flugsteiges oder nur an den gesellschaftlichen schranken wäre: ungleich gestrickt bleibt ungleich gestrickt! ) meine assoziation zu "sand im wind" war: der wind über der wüste wirbelt sand / staub auf. und der sand kann ins auge gehen. dort brennt er dann ziemlich lästig und unangenehm! naja - gewisse liebschaften wirbeln auch staub auf (das könnte sogar nützlich sein) was in der vorstellung für mich noch dazugehört: wüstensand kann ziemlich weit vertragen werden! genauso können auch (heimliche) liebschaften noch weit ausufern und allerhand nach sich ziehen. siehe auch: scherbenhaufen! rauch hingegen braucht gar keinen wind - der nervt bereits einfach so! du willst es also noch schlimmer haben? das kann ich gar nicht glauben..... interessant war für mich der hinweis mit der "einsilber- zeile". wow! du liest ja mit der leselupe! kompliment! ich habe da jetzt ein wenig nachgebessert. mal sehen , wie dir das gefällt. liebe grüße, larin |
20.10.2011, 18:56 | #4 | ||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
|
Liebe larin,
Zitat:
Zitat:
Liebe Grüße Stimme
__________________
.
|
||
20.10.2011, 19:01 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
|
na bitte, wer sagts denn?
wir sind halt ein gutes team! gerade irritiert mich noch ein phrase : "leis und unerhört" wäre da "leis und ungehört" nicht besser?( wegen des doppelsinnes von "unerhört" ,meine ich) jetzt kann ich mich gar nicht entscheiden..... |
20.10.2011, 20:07 | #6 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
|
Hi,
also ich bevorzuge trotz des "Doppelsinns" unerhört, denn das "Flehen" des LI bleibt unerhört - oder es verhallt ungehört. Gedanken "hört" man ja nicht laut, deshalb gefällt mir unerhört besser. Ich finde, allein durch den Zusammenhang mit dem "flehn" ist doch eigentlich klar, welche Bedeutung es hat - meine ich. Aber das ist natürlich deine Entscheidung, ich kann nur meine Meinung "abgeben". Hoffentlich hilft's. Liebe Grüße Stimme
__________________
.
|
20.10.2011, 21:48 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
|
na gut, dann lass ich es so, wie es ist.
danke! |
21.10.2011, 18:54 | #8 | |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
|
Hallo larin,
__________________
. © auf alle meine Texte
|
|
25.10.2011, 19:48 | #9 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
|
Zitat:
es geht ja hier ums gedicht - die situation dahinter gefällt wohl kaum jemandem ( es sei denn, man wäre derjenige, der gerade hinter der schranke verschwindet und sich denkt: puh, noch mal entwischt! ) wär direkt mal interessant, die sache von der anderen seite her zu beschreiben.... danke fürs lob! lg, larin |
|
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|