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21.07.2012, 18:11 | #1 |
Galapapa
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Wassergespenster
Am Weiher draußen, unter alten Linden,
ging sie durch morgenfeuchtes Blumengras, den frühen Seelenfrieden dort zu finden. Der Wasserspiegel lag wie blankes Glas und schien im Grau der Wolken zu erblinden. Der Wiesentau benetzte ihre Beine mit Einsamkeit am frühen Sommertag. Als Schleier schimmerte im Dämmerscheine der Nebelflor, der auf dem Wasser lag; Beklemmung fiel auf Uferkieselsteine. Als sie sich über das Gewässer beugte, erblasste vor Entsetzen ihr Gesicht. Ein fremdes Antlitz, das der See ihr zeugte in jenes Tagesanbruchs fahlem Licht, und das sie aus dem trüben Nass beäugte. Sie war in grauenhafter Angst gefangen, und wandte sich vom falschen Bilde ab. Zutiefst verwirrt ist sie davongegangen, verlegte die Vision in tiefes Seelengrab, verborgen, von Vergessenheit verhangen. Doch konnte dieses Schreckgespenst entfliehen, dann hat es ihr die alte Furcht gebracht. Nie hat das Trugbild ihr den Blick verziehen und oftmals in ihr trautes Sein gelacht, als hätt es ihr den Frieden nur geliehen. Geändert von Galapapa (31.08.2012 um 18:21 Uhr) |
29.08.2012, 13:06 | #2 | |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Charly!
Fast schon eine Ballade, wie? Erst mal ein paar stilistische Kleinigkeiten: Zitat:
WARUM sollte das geschehen, und WIE konnte sowas geschehen? Eine Psychose, also Einbildung, oder wahrer Spuk? Und in beiden Fällen: Warum geschieht ihr das? Eine alte Schuld? Zufall? Ein ruheloser Geist im Wasser, einst hier als Hexe ertränkt oder so? So schön dein Gedicht ist, ich vermisse sowas wie eine Verankerung für diese Erzählung, eine Begründung irgendeiner Art für die Geschehnisse, und sei sie noch so vage oder in Anspielungen verborgen. Nun, das ist aber mein ganz persönlicher Eindruck. Andere mögen dieses "In-der-Luft-Hängen" der Geschichte durchaus genießen. Insgesamt eine sehr eingängig und lebhaft geschilderte Gänsehautgeschichte - nix für multiple Persönlichkeiten! Sehr gern gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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31.08.2012, 18:18 | #3 | |
Galapapa
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Hallo Erich,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar und die Mühe, die Du Dir dabei gemacht hast! Erst mal im Einzelnen Deine Verbesserungsvorschläge: S1/V3: Was Du mit "ästhetischer" meinst, hab ich nicht ganz verstanden. "Sich finden" und "etwas finden" erscheint mir inaltlich unterschiedlich. "Sich etwas finden kommt mir sogar etwas mundarlich vor. Keine Ahnung, aber vom Gefühl her möchte ich es mal so lassen. S2/V3: An dem "als" kann ich nichts Linkisches finden. "Wie" sagt ja auch aus, dass es nicht wirklich ein Schleier war, sondern nur so aussah. S3/V2-2: Das Komma werde ich verbessern; danke! Ebenso das "vor Entsetzen", obwohl ich meine, dass "mit" sinngemäß das gleiche aussagt aber eben mit Worten, die weniger alltäglich klingen. Ich möchte hier aber Deinem Rat folgen. Seltsam bin ich selber schon genug. S3/V4: Hier allerdings bin ich anderer Meinung: Das "und", meine ich, kann man hier ruhig einfügen weil es zwei gleichartig aufgebaute Nebensätze voneinander besser (angenehmer) trennt. Außerdem ist mir das "trübe" hier wichtig weil solche Tümpel, so wie ich sie kenne, nie klaren Wassers sind und weil damit die Denkmöglichkeit, sie könnte sich ja getäuscht haben, mitschwingt. Im Uferbereich ist das Wasser ja meist auch nicht so tief, dass es dunkel oder gar schwarz erscheint. Gerade dieses Detail, wie auch schon S3/V2, spiegelt halt auch etwas meinen eigenen Stil und davon möchte ich ungern abweichen. S4: Hier möchte ich gern beide Deiner Vorschläge übernehmen. Die Erklärung, die Du für Deine Geschichte suchst, musst Du selber finden. Ich möchte in diesem Zusammenhang an Märchen erinnern; denk doch mal so herum. Außerdem steht der Text ja auch unter "Phantastisches". Du sagst ja selber Zitat:
Das hat auch etwas damit zu tun, dass mich Geheimnissvolles, nicht Erklärbares fasziniert. Nüchtern betrachtet ist natürlich die ganze Geschichte eine Metapher, deren Hintergrund auf verschiedene Arten verstanden werden kann. Sind es Erscheinungen einer Depression oder vielleicht Symptome einer Psychose? Mit anderen Worten: Man sollte hier nicht nach einer logischen Erklärung suchen. Ich hab mich gefreut über Deinen Kommentar und danke Dir nochmals Herzliche Grüße! Galapapa |
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01.09.2012, 15:53 | #4 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
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Beiträge: 8.570
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HI, Charly!
2 Sachen: Mit ästhetischer meinte ich: Sprachlich schöner, elaborierter. "sich...zu finden" im Sinne von "für sich...finden", eine Dativkonstruktion, empfinde ich als lyrisch angenehmer als das schlichte, vergleichsweise etwas platt klingende "den...zu finden". Aber ich respektiere natürlich wie immer deine Präferenzen. Märchen haben immer einen Grund, aus dem heraus jemandem etwas geschieht, denn so vermitteln sie ihre Moral - und jeder Hörer/Leser WEISS genau, WARUM dieser Person dies zustößt, sei sie gut oder böse, sei es Ungerechtigkeit, die im Lauf der Geschichte gesühnt/gerächt werden muss oder gerechte Strafe für Untat und Lüge. Und man weiß immer, WER schuld ist. Und selbst in den seltenen Fällen, wo ein Märchen eingangs die Ursachen und Motive aus spannungstechnischen oder erzählungsdynamischen Gründen verschweigt, wird es irgendwann doch geklärt und aufgelöst - auf diesen Aha-Effekt verzichtet kein guter Geschichtenerzähler, denn er weiß: Die Menschen WOLLEN wissen, WARUM! Ich möchte sogar behaupten, so gesehen verhält sich dein Gedicht eher entgegengesetzt zur klassischen Märchentradition. Das wollte ich noch loswerden. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
02.09.2012, 10:00 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 4.893
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Hallo galapapa,
das ist ein sehr gänsehautverdächtiger Blick in die Tiefen der Unbewussten - sprachlich märchenhaft-mythisch-poesievoll umgestzt! Was ich schön finde, ist, dass sich dabei die Spannung allmählich aufbaut: Das "morgenfeuchte Blumengras" und der "schimmernde Schleier" beginnen noch ganz harmlos, kippen aber bald in "Beklemmung", "Entsetzen" und "grauenhafte Angst". Dem allen kann sich das Lyrich nur duch die Flucht entziehen - trotzdem bleibt das Unbehagen am Schluss..... Altmeister Hitchcock hätte seine helle Freude daran gehabt. Schaurig schön zu lesen! Lg, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
02.09.2012, 12:42 | #6 |
Galapapa
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Liebe larin,
danke für Deinen Kommentar zu meinem Gedicht und Dein Lob! Dieser Text ist die Überarbeitung eines Gedichtes, das ich vor drei Jahren, als ich anfing zu schreiben, verfasste. Es war mit den ganzen Schwächen des Anfängers behaftet und bedurfte einer neuen Auflage. Dabei habe ich dann dieses phantastische Element benutzt, um, wie im Märchen, dem Beschriebenen einen breit interpretierbaren Hintergrund zu geben. Natürlich freue ich mich sehr, dass das so gut anzukommen scheint. Phantastisches in Verbindung mit der Natur, das ist die romantische Abteilung, in der ich mich am wohlsten fühle, zumal wenn's dann auch noch gruselig wird. Ich danke Dir nochmals und grüße Dich herzlich! Galapapa Hallo Erich, da muss ich nochmal nachhaken denn Du hast meinen Bezug zu den Märchen völlig falsch verstanden. Natürlich haben Märchen alle einen konkreten Hintergrund; es wird anhand von Geschichten und Vorgängen versucht zu erklären, warum der Wolf böse ist und sterben und die böse Hexe verbrennen musste. Bei meinem Hinweis auf Märchen ging es mir darum, dass auch hier Phantastisches, Dinge die gar nicht wirklich sind oder geschehen, benutzt werden um einen Hintergrund für das Erzählte zu schaffen. In meinem Text bietet sich hier das mysteriöse, unwirkliche Element geradezu an, um den Leser in die Tiefen des Unbewussten zu führen, um es mit den Worten von larin zu sagen. Man kann diese Stimmung, die das Gedicht innehat auch kaputtreden und sagen: Warum sieht die Frau ein fremdes Spiegelbild? Weil sie unter einem Verfolgungswahn leidet oder weil ..... Lyrik wäre dann meiner Meinung nach fehl am Platze. Ich grüße Dich herzlich! Galapapa |
04.10.2012, 11:20 | #7 |
Lyrische Emotion
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Hallo Galapapa,
ich hatte dieses Gedicht schon vor ein paar Tagen gelesen und meinen Kommentar dazu fast fertig, als ich ihn mit einem falschen Klick ins Nichts schoss... Das kann zwar jedem mal passieren, aber ich war so sauer, daß ich mich einfach nicht mehr zu einem neuen aufraffen konnte. Das will ich aber jetzt nachholen. Bei einer solchen Geschichte fragt sich der Leser willkürlich, was hat die Protagonistin denn nun wirklich dort im See gesehen, wenn nicht ihr eigenes Antlitz? Aber alles Übernatürliche findet sich in einer realen Ursache, auch wenn man diese nicht immer zu benennen vermag. Wer kennt das Gesicht im Spiegel (auch im Wasserspiegel) besser, als der, der sich selbst darin betrachtet? Liegen nicht alle Erfahrungen eines Lebens darin vereinigt? Niemand weiß um die Gesamtheit dieser Erfahrungen, nur der Betrachter selbst kann diese darin entdecken. Und wer hat in seinem Leben, sei es aus jugendlicher Unerfahrenheit, Fahrlässigkeit oder Unbedachtheit (oder Altersstarrsinn ), nicht schon einmal ein Unrecht begangen, dessen er sich bei entsprechender Einsicht schämt, freilich ohne es je rückgängig machen zu können? Wenn man daraus gelernt hat, hat es allerdings auch seinen Zweck erfüllt und ich glaube Ludwig Feuerbach hat gesagt, der Mensch kann durchaus ein schlechtes Gewissen haben, ohne sich dafür verachten zu müssen. Welche Erfahrungen die Protagonistin gesammelt hatte und was sie dort im See erblickte, wird sie wohl nur selbst wissen, denn das wahre innere Wesen eines Menschen bleibt allen anderen auf ewig verschlossen, weil jeder eine eigene Sicht auf die Dinge besitzt. So können wir also nur hoffen, daß sie sich von den Geistern, die sie rief, eines Tages doch noch befreien kann... Sehr schöner lyrischer Text, den ich gerne gelesen und kommentiert habe... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
05.10.2012, 11:44 | #8 |
Galapapa
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Lieber Falderwald,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar und natürlich auch für Dein geschätztes Lob! Du bringst hier mit Deiner Sichtweise einen ganz wichtigen Aspekt zu diesem Text mit ein: Das Spiegelbild als Gesamtheit der eigenen Erfahrungen. Wie wahr, es ist eben nicht nur ein Abbild, das man da betrachtet, man sieht in gewisser Weise sein eigenes Leben und nicht Wenigen missfällt deshalb auch, was sie sehen. Gerade hierin steckt die interessante Deutungsmöglichkeit, die Du aufgetan hast: Sehe ich mich noch so, wie ich bin oder wie ich mich gern hätte. Eine solche Verfremdung der eigenen Betrachtung könnte doch eines Tages die Erkenntins in Form eines ungekannten Bildes verursachen. Auch psychische Veränderungen und Erkrankungen führen oft zu Trug- und Zerrbildern der eigenen Erkennung. Vom Narzissmus bin hin zum Minderwertigkeitsgefühl gibt es da eine ganze Palette an Erscheinungen, die meist die Umwelt im weitesten Sinne dem Induviduum aufgeprägt hat. Über solche Dinge und sich selber nachzudenken, das ist es, was ich mit dem Text erzeugen wollte. Du hast es mit Deinem Kommentar diesbezüglich auf den Punkt gebracht. Ich kann Dir sehr gut nachempfinden. Einen langen Kommentar, eine ausführliche E-Mail geschrieben zu haben und dann mit dem falschen Knopfdruck zu vernichten, das ist bitter und passiert auch mir immer wieder. Lange E-Mails schreibe ich inzwischen deshalb immer erst in eine Word-Datei. Ansonsten halte ich mich an den uralten Trostspruch meiner Ahne (Großmutter): "Der Krieg war schlimmer." Der funktioniert immer. Nochmal herzlichen Dank und liebe Grüße an Dich! Galapapa |
22.07.2012, 20:12 | #9 |
Galapapa
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Hallo Lipiwig,
es freut mich, dass Dir mein Gedicht gefallen hat; danke für Deinen Kommentar und Dein Lob. Herzliche Grüße! Galapapa |
25.08.2012, 00:58 | #10 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
das geht tiefer; tiefer als der Weiher es sein kann - an der Realität vorbei gemessen, ob des Schlamms, des Moders, der unter der Oberfläche ist. Ein phantastisches Gedicht, das nicht nur der Rubrik entspricht. Wir verdrängen allzu gern, bzw. aus der Not heraus. Manchmal scheint es zu gelingen, durch Vergessenheit (Str. 4 - "verhangen" - sehr schön) und dann holt es uns ein und fordert an. Weil es in "Vollmond" unter Phantastisches und Science Fiction steht, zeigt es verborgene, verhangene Tiefen an, die fast eiligst einer Therapie bedürfen. Nein, es sind die "umwobenen" Momente, die sicher bedeuten und doch undeutbar bleiben. Ich würde gerne behaupten, diese "Wassergespenster" zu kennen, aber deuten kann ich sie nicht. Ich habe gelernt, mit ihnen zu leben. Gefällt mir sehr. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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