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Alt 23.03.2009, 10:37   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Waldgemäuer

Lang vordem von alter Zeiten
Menschenhand erbaut, entgleiten
Stein um Stein die welken Mauern
ihrer Form, die lang zu dauern
einst ein Wille sie erzog.
Stück für Stück verblasst ihr Nutzen,
Feinden und der Zeit zu trutzen,
die sie sanft zur Erde bog.

Stauden wurzeln in den Ritzen,
Brocken, die schon locker sitzen,
fassen bebend nach den Stürmen,
die sie lösen aus den Türmen,
von der Schanzen morscher Wand.
Aus den Büschen, die sie säumen,
ragt ein Kranz von alten Bäumen
fast wie einer Krone Rand.

Beinah scheint's, als diene alles
hier der Schönheit des Verfalles,
der mit Harmonie vernichtet,
was der Menschen Stolz errichtet,
um der Erde Herr zu sein.
Überwucherte Ruinen
sagen Suchenden, sie dienen
keinem mehr, ob groß, ob klein.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (23.03.2009 um 14:11 Uhr)
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Alt 23.03.2009, 13:49   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Pfalz
Beiträge: 4.134
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Nein, nein und nochmals nein!!!

Mir fügen sich die Komplimente nicht mehr, mein Lob ist ausgeschöpft.
Wie soll ich angesichts solcher Dichtkunst noch Worte finden?
Lyrik kann Schmerzen bereiten - süße.

Hier schaue ich in einen "Fernen Spiegel" und sehe Coucy vor mir.


cyparis
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Alt 24.03.2009, 16:52   #3
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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Lieber Erich,

Nolens- volens hier gelandet,
an die Mauern angebrandet,
sink' ich tiefer in dein Bild:
Was die ersten Zeilen wehren,
noch an Klarheit kurz entbehren,
wird durch spätere gefüllt.
Nun erkenn' ich im Gemälde
der Ruinen, die in Bälde
ihren hohen Dienst getan,
früher Zeiten Lebensklänge,
lang verklungene Gesänge,
Menschenhoffnung, Menschenwahn.

Was der Dichter kühn bedichtet,
was die Zeit so forsch vernichtet-
ach, wie war es lieb und wert!
doch die Elemente nagen,
ohne Jubeln, ohne Klagen
wird erschaffen und zerstört.
Und auch wir sind kleine Teilchen,
Gast auf Erden nur ein Weilchen,
doch ich find' es ziemlich nett,
Hand in Hand dahinzugleiten,
viele Wege zu beschreiten,
sie zu lieben im Duett!

(verzaubert, bezaubert im flüsternden Wald,
ergeh' mich und dreh mich und fliege wohl bald....)
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 25.03.2009, 09:45   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Ach, wie dank ich euch, ihr Lieben,
nur das Wort, das ihr geschrieben?
Wie nur sag ich, ach, ihr macht
mich durch was ihr dargebracht
größer, als mir zu erträumen
je ich wagte an den Säumen
jener, die vor mir gewesen,
und von denen wir nun lesen.

Andern mag das Wort erkalten
in moderner Lyrik Schrei.
Unsereins ist bei der alten
Schönheit mit Gefühl dabei.
Uns verstummen nicht die Weisen
wohlgereimter Seelenlieder,
und wir gehn darin auf Reisen
mit dem Herzen - immer wieder.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (29.01.2010 um 10:07 Uhr)
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Alt 25.03.2009, 11:25   #5
Lena
Lyrische Träumerin
 
Registriert seit: 13.02.2009
Ort: Dort, wo meine Träume mich nähren.
Beiträge: 686
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Ach´Erich seufz..

Lieber Erich

Es gibt eine Hand voll Menschen, deren Gedichte die ich nie mehr in meinem Leben missen möchte. Dazu gehörst du.

Du entführst mich in eine Welt der Bilder und der Gefühle, denen ich mich nicht entziehen kann, und auch nicht möchte.

Es war mir wie immer ein besonderes Vergnügen

Lena
__________________
~ Mit lieben Gedanken ~


©auf alle meine Werke
............
Marion Baccarra
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Alt 25.03.2009, 17:25   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Ach, Lena, seufz...

Immer wieder lese ich hinschmelzend mit Entzücken, wie herrlich ich andere beschenken konnte. Natürlich nicht so ganz uneigennützig: Mir schwillt schon gewaltig der Kamm ob der Füllhörner des Lobes, die ihr über mich vergießt!
Laßt mich bloss nicht größenwahnsinnig werden!

"Er war so groß, er war so stolz!
Nie sagte es ihm einer:
Die Geister, die sich selbst
für große Geister halten -
die sind meist umso kleiner!" (Zitat aus: "Sedimente")

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Geändert von Erich Kykal (08.07.2017 um 17:15 Uhr)
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Alt 25.11.2009, 00:08   #7
Louis Lazar
ComMODa
 
Registriert seit: 09.08.2009
Ort: Zürich, Schweiz
Beiträge: 314
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Salut Kykal,

du wirst es kaum glauben - ich streifte ziellos auf der Suche nach neuem Stoff durch die Foren und, siehe da, ich fand eine Schilderung aus deiner Feder, die noch nicht allzu sehr mit überschwänglichem Lob bedacht wurde.

Ich schrieb schon einmal unter deinem Gedicht über den Nil, dass ich deine beschreibenden Werke als ganz besonders stark empfinde und nicht umhin komme, sie mit begeisterten Worten zu preisen. Du hast da einfach - wie soll ich sagen? - ein grosses Talent, Dingen lyrisches Leben einzuhauchen. Und dazu noch mit Leichtigkeit. Wirklich, wirklich (!) beneidenswert.

So will ich auch hier ein ehrliches Lob aussprechen: Schierer Wahnsinn, wieviel Wirklichkeit aus deinen Zeilen spricht und ich seh' es schon kommen: Gleich deinem Nil-Gedicht werde ich auch dieses hier irgendwann hersagen können.

Trotzdem bleibt ein Wermutstropfen:
Zitat:
Laßt mich bloss nicht größenwahnsinnig werden!
Da bist du ganz dein eigener Herr - hoffe ich zumindest. Fast dächte man, es sei schon zu spät.



Begierig gekommen, bereichert gegangen ist
Louis Lazar
Louis Lazar ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.11.2009, 08:50   #8
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
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Hallo. Louis!

Vielen Dank für dein Lob - ich denke ,ich kann damit umgehen!

Larins Antwort zeigt hier deutlich, dass ich nicht der einzige bin, der gut mit Worten kann - ihr Kommi sollte eigentlich schon als eigener Faden gepostet werden!
Außerdem wird mir nach der Lektüre meines persönlichen Lieblings Rilke durchaus immer wieder bewußt, wo ich im Bezugsrahmen der wahrhaft Großen tatsächlich rangiere...

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2010, 23:49   #9
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,
deine Gedichte kann ich nur noch lesen und genießen.
Kopfzerbrechen machen mir Kommentare für dich.
Wie sag ich's dir, ohne dich mit dem "ewigen Dankeschön" auf die Palme zu bringen?

Erzähle mir etwas von dir.
Wann entstehen diese Verse? Direkt am Waldgemäuer?
Oder gehst du mit diesen Bildern nach Hause, setzt dich in deine Dichterecke und lässt Revue passieren?

Was oder wie du es auch machst - es geht ein und bleibt.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2010, 09:25   #10
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
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Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Andern mag das Wort erkalten
in moderner Lyrik Schrei.
Unsereins ist in der alten
Schönheit mit Gefühl dabei.


servus erich,


die alte schönheit spricht wirklich gefühlvoll und wunderbar melodiös aus deinem gedicht hier und hat auch mich verzaubert. du malst stilsicher hier ein wortgemälde, das in seiner anmutung für mich an einen caspar david friedrich erinnert - ganz der romantischen landschaftsmalerischen tradition verpflichtet und ihr gerecht werdend.

noch viel mehr freude hätte es mir bereitet, dir dieses lob auszusprechen und meine anerkennung, hättest du dir den für dich ja typischen seitenhieb auf die moderne lyrik unterlassen können.... das steht dir eigentlich nicht gut zu gesicht imho, zeugt es doch von ausgrenzung und nicht-wissen-(wollen).

es gibt auch im modernen lyrik-bereich gefühlvolles. es kommt nur anders sprachlich gewandet daher und ist nicht - da stimme ich dir zu - jedermanns lesart, weil weniger leicht zugänglich. muss es auch nicht sein. genau darum gehts ja auch dabei.
und genauso hat das umgekehrte seine berechtigung. und keins davon ist "besser", "höher" o.ä.

ich persönlich unterscheide in lyrik, die berührt, weil sie in inhalt und form überzeugend, aufs neue und eindringlich gelungen ist - in beiden sparten, gereimt in alter tradition UND modern mit neueren sprachlichen mitteln. es gibt da wie dort auch gefühlsleeres und schlecht gemachtes.

du hast es nicht not, die gereimte dichtkunst zu verteidigen zu versuchen, indem du immer auf die moderne hinhackst. das kommt bei gebildeterem publikum eher als nicht-wissen des so vorgehenden an und tut der traditionellen lyrik daher auch keinen gefallen.

ich weiß, ich geh dir damit auf die nerven, weil ich das schon wieder loswerden muss. aber glaub mir: dein gedicht hier ist derart schön und spricht für dein talent und gefühl, dass ich mir nicht verkneifen kann, dir zu sagen, dass genau solche kleinen seitenhiebe dein ansehen eher schmälern - zumindest beim aufgeschlosseneren publikum.

und jetzt lass ich dich auch schon wieder in ruh. (bis zum nächsten schönen gedicht von dir...oder so).


wirklich sehr gern gelesen und genossen. ein text wie deiner hier ist es, der die traditionelle dichtkunst auch heute noch legitim macht. denn er ist tatsächlich ein kunstwerk. er ist so stark und überzeugend: er steht für sich allein, um diese botschaft zu transportieren. viel schöner und überzeugender als alle so ausgrenzend formulierten abwertungen des "anderen".


gruß,

fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
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