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Alt 13.04.2018, 14:02   #1
Chavali
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Standard Karl Marx


In Trier vor zweihundert Jahren
kam Karl der Marx zur Welt,
in überaus krausigen Haaren,
was seiner Mutter gefällt.

Er schrieb in späterer Zeit
ein vielbeachtetes Buch,
heut ist es wieder soweit,
dass es zum Lesen gesucht.

Und eine Stadt im Osten
warf den Namen weg.
Er war auf dem falschen Posten
und diente nicht mehr dem Zweck
dem Westen zu imponieren.

Und heute gibt's deshalb in Trier
ein schlangenlanges Spalier,
ein neues Denkmal von M.
zu präsentieren.




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Chavali ist offline  
Alt 13.04.2018, 23:04   #2
Felix
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Hallo Chavali,

diese beiden Verse irritieren mich:

"Und eine Stadt im Osten
warf den Namen weg."

Der Name war Karl-Marx (der so einiges zu Personenkulten gesagt hat).
Dass die SED-Führung aus der alten Stadt Chemnitz "Karl-Marx-Stadt" gemacht hat (und damit die Brüder im Osten nachäfften - die aus St. Petersburg "Leningrad" und aus Wolgograd "Stalingrad" machten), war nicht auf dem Mist der Chemnitzer gewachsen. Als die demokratischen Regeln Gültigkeit bekamen, wurde aus "Karl-Marx-Stadt" wieder Chemnitz.
Ich bin heilfroh, dass eine andere Stadt im Osten, an deren Universität Karl Marx seinen Doktortitel erwarb (in absentia), ihren Namen behalten durfte.

Ich denke, die Chemnitzer haben den aufoktroyierten Namen nicht "weg geworfen", sondern wolletn ihren alten, ehrwürdigen Namen wieder haben.

Gruß,
Felix

Geändert von Felix (14.04.2018 um 12:19 Uhr)
Felix ist offline  
Alt 14.04.2018, 09:47   #3
mallarme
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Liebe Chavali,
ein ambivalentes Thema dem Du Dich da gestellt hast.
Zunächst erst mal Marx selbst, ich halte ihn für einen
genialen Philosophen, einen der großen Denker des 19.
Jahrhunderts dem alle Ehre gebührt.
Seine Analyse des Kap. stimmt in allen Punkten und gilt
nach wie vor, er hat auch die weitere Entwicklung voraus
gesehen die uns ja erst jetzt ereilt. Seine Synthese war
aber eben nicht der große Wurf, abgesehen davon, das
die Umsetzung bei uns und auch in anderen Ländern wenig
damit zu tun hatte. Unberechtigter Weise haben wir ihn für
uns vereinnahmt. Aber man kann es ihm auch in keiner Weise
übel nehmen, er hatte ja auch keinerlei Beobachtungsfeld
wo er seine Synthese auch nur in Teilen hätte verifizieren
können. Dann hätte er vermutlich festgestellt, dass die große
Triebkraft des Entwicklung, der menschliche Egosimus, einfach
nicht zu bändigen ist. Ohne ihn geht es nicht, aber mit ihm
eben auch nicht. Schwieriges Feld.
Das es so nicht weiter gehen kann wie es momentan läuft,
das ist auch klar, das würde in eine Katastrphe führen. Aber
ich habe leider auch keine Idee wie es gehen könnte. Eine
Rückkehr zum Sozialismaus ist wahrscheinlich die schlechtere
Alternative.

Aber das hat jetzt schon sehr weit weg geführt vom eigentlichen
Thema. Die totale Vereinnahmung von Marx hat natürlich zur
wietestgehenden Ablehnung geführt. Und insofern gebe ich Felix
da vollkommen recht. Die Chemnitzer, zumindest die Denkenden,
haben sicherlich nichts gegen Marx gehabt, nur eben die Umstände
und die Art und Weise haben zum Widerstand und zur Ablehnung
des Namens geführt.

Man sollte Marx unbedingt weiter ehren und seine Gedanken in
Ehren halten, aber ein Städtename muss es vielleicht nicht sein.
Die Plätze und Straßen die nach ihm benannt sind sollten sicher
beibehalten werden. Ich hätte auch kein Problem damit gehabt,
wenn die Karl Marx Uni den Namen behalten hätte, damit hätte
der Spannungsbogen zwischen Wiederaufbau der Unikirche und
die Namensgebung noch eine neue und interessante Dimension
bekommen. Aber das ist nur meine Meinung und muss auch nicht
unbedingt richtig sein.

Ansonsten war es ein interessanter Ansatz den Du in Deinem
Gedicht verfolgt hast und gerade das sind Themen und vor allem
die Auseinandersetzung damit sollte in der Lyrik stärker Berücksichtigung
finden. Das ist spannend.
Sehr gern gelesen und kommentiert.
Beste Grüße
mall
mallarme ist offline  
Alt 14.04.2018, 16:10   #4
Stefan
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Hallo Herr Felix,

Zitat:
Zitat von Felix Beitrag anzeigen
Als die demokratischen Regeln Gültigkeit bekamen, wurde aus "Karl-Marx-Stadt" wieder Chemnitz.
Was meinst du damit? Wann soll das gewesen sein? Meinst du etwa die Annexion der DDR durch die wertewestlichen Imperialisten, das Überstülpen kapitalistischer Gesetzmäßigkeiten über fremdes Volkseigentum?

Freundliche Grüße
Stefan
Stefan ist offline  
Alt 14.04.2018, 23:04   #5
Felix
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Standard

Hallo Stefan,
habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, was die Abschaffung des aufoktroyierten Stadtnamens "Karl-Marx-Stadt" betrifft?
Karl Marx, dessen Bedeutung ich nicht infrage stelle, wäre wohl mit diesem Personenkult nicht einverstanden gewesen. Die Bürger/Bürgerinnen Chemnitz sind nicht gefragt worden und haben, kaum dass der Unrechtsstaat DDR im Orkus der Geschichte verschwunden war, ihren alten Namen wieder ins Leben gerufen.
Dass die DDR annektiert wurde - sag mal, in welchem Wolkenkuckucksheim wohnst Du denn?
War es etwa nicht die sich allmächtig dünkende DDR, die ihre eigene Nationalhymne nicht mehr singen durfte, weil da der von Becher getextete Vers "Deutschland, einig Vaterland" schon in der ersten Strophe stand?
Hast Du es nicht mitbekommen, dass die Menschen in Erfurt "Willy, Willy" riefen, als der Bundeskanzler ans Fenster seines Erfurter Hotels trat und die Stasileute versuchten, diese Rufe in "Willi Stoph" umzuwandeln versuchten?
Hast Du etwa auch nicht mitbekommen, dass man kurz vor Weihnachten 1981 die Stadt Güstrow wie eine Festung abriegelte, um zu verhindern, dass die wahre Meinung des Volkes zur Geltung kam?
Hast Du nicht die Rufe in Dresden, Leipzig, Jena und in vielen anderen Städten vernommen "Wir sind das Volk!", die dann in dem Ruf gipfelten: "Wir sind ein Volk!"
Hast Du nichts von den Anstrengungen auf dem politischen Parkett mitbekommen, die aus den beiden Teilen Deutschlands wieder ein Deutschland machten?
Annexion sieht anders aus.
Kennst Du die DDR, als sie noch existierte? Heruntergekommene Städte,
dem Erdboden gleich gemachte Kirchen, Stadtkerne? Hast Du den Pleitegeier nicht über diesem Fehlversuch "DDR" schweben sehen?

Heinz

Geändert von Felix (15.04.2018 um 11:38 Uhr)
Felix ist offline  
Alt 15.04.2018, 09:23   #6
Chavali
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Hallo Felix, hallo mallarme, hallo Stefan,

Zitat:
Zitat von Felix
diese beiden Verse irritieren mich:

"Und eine Stadt im Osten
warf den Namen weg."
am Freitag sah ich einen Bericht über die Aufstellung eines chinesischen (!) Geschenks an die Stadt Trier:
Anlässlich des 200. Geburtstages von KARL MARX eine Steinstatue, ein Denkmal, von ebenjenem.
Das war für mich der Anlass, in diesem Forum *Stammtisch*, in dem ich mich sonst höchst selten bewege,
diesen Text, der absolut ad hoc entstanden ist, einzustellen.
Und zwar mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Dass die Entnamisierung von Karl-Marx-Stadt so und aus jenem Grunde gelaufen ist, weiß ich natürlich.
Das war auch nicht der Punkt - sondern dass man da ein neues Denkmal aufstellt und dort (teilsweise)
am liebsten vergessen würde, wer K.M. war und was er geleistet hat.
Also eher eine halbsatirische Komponente.
Ach, was soll ich weiter erklären:
Eure Antworten sind so wie sie sind, ich kann mich nur allemal bedanken für die Reaktionen,
wenn ich auch nicht jede Meinung gut heißen kann.

Was du, Felix, über die Demos in L, DD und sonstwo weißt, das kenne ich auch, allerdings waren einige,
wenn nicht mehr als einige, vom Westen organisiert worden.
Aber das nur nebenbei, weil du die Demos thematisiert hast.

Und Felix: Demokratisierung?
Ist das demokratisch, wenn das Volk bei (nicht offiziellen) Abstimmungen
seine Meinung zu sagen wir 75% bekundet, die Regierung aber das genaue Gegenteil von dem
ausführt, durchführt und sich den Shit um die *demokratische* Meinung des Volkes schert?


Falls über dieses Thema doch mehr und länger diskutiert werden soll,
kann ich ihn auch verschieben in die Diskussionen.


Vielen Dank nochmals!

LG Chavali
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Chavali ist offline  
Alt 15.04.2018, 10:44   #7
Stefan
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Hallo Felix,
Zitat:
Zitat von Felix Beitrag anzeigen
Dass die DDR annektiert wurde - sag mal, in welchem Wolkenkuckucksheim wohnst Du denn?
In demselben Wolkenkuckucksheim, in dem aus Sicht des Wertewestens auch die Krim annektiert wurde.

Zitat:
Hast Du es nicht mitbekommen, dass die Menschen in Erfurt "Willy, Willy" riefen, als der Bundeskanzler ans Fenster seines Erfurter Hotels trat und die Stasileute versuchten, diese Rufe in "Willi Stoph" umzuwandeln versuchten?
Keine Ahnung, das war lange vor meiner Zeit. Außerdem fehlt mir hier der Bezug zu Karl Marx.

Zitat:
Hast Du nicht die Rufe in Dresden, Leipzig, Jena und in vielen anderen Städten vernommen "Wir sind das Volk!", die dann in dem Ruf gipfelten: "Wir sind ein Volk!"
Das kann sonstwer gerufen haben. Westliche Agent Provocateurs etwa. Oder glaubst du, der Regime Change in der DDR unterscheidet sich auch nur in einem Punkt von den Regime Changes in Nordafrika, der arabischen Welt oder der Ukraine? Das waren und sind alles Vorarbeiten zur Schaffung der One World.

Zitat:
Hast Du nichts von den Anstrengungen auf dem politischen Parkett mitbekommen, die aus den beiden Teilen Deutschlands wieder ein Deutschland machten?
Diese Anstrengungen fanden bei der West-CDU statt. Sie war die treibende Kraft hinter der sogenannten "Wiedervereinigung". Der Kapitalismus war mal wieder kurz vor der Implosion. Da kamen neue Konsumenten, neues Wirtschaftsgebiet und zu verscherbelndes Volkseigentum gerade recht. Ganz zu schweigen von den Patenten, welche man sich unter den Nagel reißen konnte.

Zitat:
Annexion sieht anders aus.
Bist du Verfassungsrechtler oder warum glaubst du, dies beurteilen zu können?

Zitat:
Kennst Du die DDR, als sie noch existierte? Heruntergekommene Städte,
Ein wenig. Ja, da war Vieles marode. Ganz ähnlich wie heute in Duisburg und anderen heruntergewirtschafteten Städten. Nur mit dem Unterschied, dass die Ursachen anders waren.

Zitat:
Hast Du den Pleitegeier nicht über diesem Fehlversuch "DDR" schweben sehen?
Man kann sich sicherlich darüber streiten, ob die DDR die Kriterien des Staatsbankrotts erfüllte. Das Verhältnis ihrer Schulden zum BIP war jedenfalls günstiger als das der ehemaligen BRD.

Gruß
Stefan
Stefan ist offline  
Alt 15.04.2018, 13:05   #8
Falderwald
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Hallo zusammen,

bevor ihr hier weiter diskutiert und das wieder eskaliert, möchte ich einen kleinen Einwurf machen und darum bitten, den von mir beigefügten Anhang einmal zu lesen.

Als Annexion würde ich die Wiedervereinigung nicht bezeichnen, da diese mehrheitlich von den demokratisch gewählten Parlamenten beider Länder (Volkskammer und Bundestag) ratifiziert worden ist.
Es hat natürlich keine Volksabstimmungen darüber gegeben und über die Motive mag man sich sicherlich streiten können, nichtsdestotrotz hat m. E. weder eine vorhergehende Okkupation noch eine Annexion stattgefunden.
Ich mag das an dieser Stelle auch nicht bewerten, sondern möchte das nur klarstellen.

Was die wirtschaftliche Siuation allerdings angeht, sieht es etwas anders aus, als uns im Allgemeinen weisgemacht wird.

Dazu bitte ich, die folgende Studie der Uni Bremen aus dem Jahre 2006 einmal ausführlich zur Kenntnis zu nehmen. Dann sieht die Sache nämlich ganz anders aus.

Liebe Grüße

Falderwald


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Dateityp: pdf Uni-Bremen September 2006.pdf (245,9 KB, 1056x aufgerufen)
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline  
Alt 15.04.2018, 16:21   #9
Chavali
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Hallo zusammen,

wie mir scheint, gibt es hier doch größeren Diskussionsbedarf.
Deshalb verschieben wir den Faden in die *Diskussion*


Chavali
i.A.d.Mod.

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Chavali ist offline  
Alt 15.04.2018, 16:39   #10
Chavali
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Hi Faldi,

das, was viele ehemalige DDR-Bürger damals (und auch heute) nicht glauben wollten -
nämlich die Pleite des Staates -
hat hier die Uni Bremen 2006 auf beeindruckende Weise erforscht.
Danach hat man also bewusst Unwahrheiten gestreut, um den *Zusammenschluss* DDR - BRD
plausibel zu machen und von der *Großzügigkeit* des Westens zu sprechen.

Danke, dass du uns mit diesem Dokument Einblicke in Tatsachen und Vorgänge
der wirtschaftlich-politischen Lage der DDR in der Vorwendezeit gewährt hast,
die uns wohl sonst verschlossen geblieben wären.


Lieben Gruß
Chavali
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