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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 01.02.2010, 13:32   #1
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard Die Todsündengedichte - Zorn



Er frisst sich durch jegliche Menschenschichten,
lässt schorfige Wunden und Narben zurück,
er kann auf Vergeltung doch niemals verzichten
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

Die Wut ist gewaltig, betäubt den Verstand,
gräbt schwelende Löcher in den Hort der Vernunft.
Sie quillt aus der Tiefe wie ein schwelender Brand
und setzt sich ein Denkmal zerstörender Zunft.

Der Zorn lässt den Menschen rücksichtslos sein,
ihm sind die Normen des Miteinander egal.
Er rast und wird zum rollenden Stein -
so bleibt bis zum Abgesang ihm keine Wahl.


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (07.02.2010 um 22:57 Uhr)
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Alt 01.02.2010, 16:43   #2
Quicksilver
lebendig
 
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Standard

Hallo Chavali,

das Thema ist sehr interessant. Die Umsetzung hat für mich noch ein paar Schwächen, die du teilweise schnell ausmerzen könntest. Generell holpere ich teils stark bei der Metrik, aber das passt recht gut zur Wut, wenn man so will

Ich greife hier nochmal die Dinge auf, die mir sofort auffielen:

Zitat:
er kann nicht auf Vergeltung verzichten
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.
Für mich ist dies inhaltlich gedoppelt und nur mit anderen Worten ausgedrückt.

Zitat:
Die Wut ist gewaltig und taubt den Verstand,
Taubt den Verstand? Mit "gewaltig, betäubt den Verstand" hättest du denselben metrischen Effekt mit einer nicht derart ungewöhnlichen Wendung.

Zitat:
und setzt sich ein Denkmal der zerstörenden Zunft.
Dieser Vers beispielsweise ist sehr schwer im Daktylus zu betonen. Intuitiv müsste ich xXxxXxxxXxxX betonen, geht aber nicht wegen 3 aufeinander folgender unbetonter Silben. Also muss ich xXxxXxXxXxxX betonen. Wie oben gesagt, passt dies dennoch zur Geschichte des Gedichts.

Zitat:
Er zürnt und wird ein gefühlloser Stein -
Ich weiss zwar, wie du "gefühlloser Stein" meinst, aber es widerspricht sich stark. Man kann nicht gefühllos zürnen - zürnen ist Emotion (Gefühl) pur, nur halt keine gute

Ich hab mir gern Gedanken über die Wut gemacht.

Lieben Gruß
von
Quicksilver

Edit sagt: die Inversion im letzten Vers ist mir fast durchgegangen
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Geändert von Quicksilver (01.02.2010 um 17:00 Uhr)
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Alt 02.02.2010, 23:32   #3
Chavali
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Hallo Quick,
Zitat:
Taubt den Verstand? Mit "gewaltig, betäubt den Verstand" hättest du denselben metrischen Effekt
Super! Das habe ich gestern schon stehenden Fußes gekauft. Danke!
Zitat:
Zitat:er kann nicht auf Vergeltung verzichten
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

Für mich ist dies inhaltlich gedoppelt und nur mit anderen Worten ausgedrückt.
Da magst du Recht haben, finde ich jetzt aber nicht soooo schlimm.
Vergeltung, Rachsucht...kann man auch verschieden interpretieren.
Zitat:
Er zürnt und wird ein gefühlloser Stein -

Ich weiss zwar, wie du "gefühlloser Stein" meinst, aber es widerspricht sich stark.
Man kann nicht gefühllos zürnen - zürnen ist Emotion (Gefühl) pur, nur halt keine gute
Da gehe ich mit und mir gefällt plötzlich diese redewendung auch nicht mehr *grübel*
Ich denk mal nach, vielleicht fällt mir was ein, oder hast du eine Idee?
Zitat:
Generell holpere ich teils stark bei der Metrik, aber das passt recht gut zur Wut, wenn man so will
Ja und nein. Wenn der Text denn wirklich absolut metrisch rein sein soll,
muss ich nochmal drüberschauen.
Die Auftakte jedenfalls sind alle jambisch, das ist schon mal gut.
Zwischendrin der Daktylus
Zitat:
und setzt sich ein Denkmal der zerstörenden Zunft.
ist tatsächlich nicht flüssig zu lesen, weil man erst den Rhytmus finden muss.
Zitat:
Edit sagt: die Inversion im letzten Vers ist mir fast durchgegangen
Ich hatte erst:
ihm bleibt bis zum Abgesang keine Wahl.
aber da fehlte eine Silbe.
Zitat:
das Thema ist sehr interessant
Danke.
Ich habe alle 'Todsünden' verdichtet.
Wenn du sie lesen willst, sag Bescheid, ja?

Lieben Gruß,
Chavali
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Alt 03.02.2010, 23:16   #4
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
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Liebe Chavali, mit scheint, du hast hier die Wut beschrieben und nicht den Zorn. Ich zitiere mal aus Wikipedia:
"Zorn ist eher gegen eine bestimmte Person oder Gruppe gerichtet, während die Wut genauso nach allen Seiten explodieren kann. Der Wut geht im Gegensatz zum Zorn eine Kränkung voraus (etwa eine zutiefst ungerechte Behandlung), die den auf Vergeltung oder Genugtuung gerichteten Erregtheitszustand psychologisch speist. Beim Zorn hingegen speist sich die Erregtheit eher zum Beispiel aus der Versagung eines Anspruchs oder Bedürfnisses. Das Ziel ist hier weniger die Vergeltung, sondern der deutliche Ausdruck von Unmut und Unzufriedenheit, mit dem Ziel das Gegenüber unmissverständlich zu warnen."

Der Zorn ist in der Regel wohldurchdacht. Wir reden ja z.B. von Volkszorn oder von Gottes Zorn. Ich würde den Titel in "Wut" umbenennen, dann stimmt es.

"schwärend" finde ich nicht gut, denn das bezieht sich ausschließlich auf die Wunde: eine eiternde Wunde ist eine schwärende Wunde. Ich würde stattdessen schwelend nehmen. "Sie quillt aus der Tiefe wie ein schwelender Brand" hat neben dem andauerden noch das unterschwellige, hinterhältige, das gut zur Wut passt.

Die Metrik finde ich unausgegoren. Ich nehm mal die 1. Strophe
Er frisst sich durch alle Menschenschichten, xXxxXxXxXx
lässt schorfige Wunden und Narben zurück, xXxxXxxXxxX
er kann nicht auf Vergeltung verzichten xXxxxXxxXx
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück. xXxxXxxXxxX
Die 1. und 3. Zeile finde ich gut. Die 2. und 4. Zeilen holpern mir arg.

Im Ganzen finde ich, dass das ein sehr eindrucksvolles und vom Ansatz gelungenes Werk ist, und daher es wert zur Überarbeitung.
Gruß Archimedes ...der mit den schwelenden Kreisen
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gestörte Kreise

Geändert von Archimedes (03.02.2010 um 23:19 Uhr)
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Alt 05.02.2010, 12:43   #5
a.c.larin
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halo chavali,

irgendwie werd ich das gefühl nicht los, dieses gedicht schon mal gelesen und auch kommentiert zu haben. kann es ein, dass du es in diesem forum schon mal eingestellt hast?

im übrigen schließe ich mich der meinung von archimedes an:
ich glaube auch, dass du hier eher die wut beschrieben wurde und nicht der zorn.
jetzt muss ich doch noch mal graben, ob ich irgednwo einen alten kommentar von mir zu diesme thema finde....


liebe grüße, larin
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Alt 05.02.2010, 19:25   #6
Chavali
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Lieber Archi,

du hast ganz recht mit der Definition aus Wikipedia, ich habe gerade auch nachgeschaut.
Der Text ist einige Zeit alt - ich meine, so zwei Jahre mindestens.
Zitat:
Im Ganzen finde ich, dass das ein sehr eindrucksvolles und vom Ansatz gelungenes Werk ist, und daher es wert zur Überarbeitung.
Ich hatte ihn schon in einige Foren eingestellt und es gab immer wieder etwas zu verbessern, so auch jetzt wieder, wie mir scheint

Was das Versmaß in S1 betrifft, so betone ich etwas anders:

Er frisst sich durch alle Menschenschichten,
lässt schorfige Wunden und Narben zurück,
er kann nicht auf Vergeltung verzichten
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

xXxxXxXxXx
xXxxXxxXxxX
xXxXxXxxXx
xXxxXxxXxxX
Zitat:
Die 1. und 3. Zeile finde ich gut. Die 2. und 4. Zeilen holpern mir arg.
Ich sehe es gearde umgekehrt:
Zeilen 2+4 sind perfekt gleichmäßig, Z 1+3 haben unterschiedliche Betonungen.
Schau noch mal bitte.
Zitat:
"schwärend" finde ich nicht gut, denn das bezieht sich ausschließlich auf die Wunde: eine eiternde Wunde ist eine schwärende Wunde. Ich würde stattdessen schwelend nehmen. "Sie quillt aus der Tiefe wie ein schwelender Brand" hat neben dem andauerden noch das unterschwellige, hinterhältige, das gut zur Wut passt.
Das ist eine gute Idee - ich werde deinen Vorschlag annehmen.

Hab herzlichen Dank!


Liebe larin,
Zitat:
irgendwie werd ich das gefühl nicht los, dieses gedicht schon mal gelesen und auch kommentiert zu haben. kann es ein, dass du es in diesem forum schon mal eingestellt hast?
Tatsächlich?
Das würde ich nicht ausschließen, jetzt, nachdem du mich darauf aufmerksam gemacht hast.
Na, nun steht er drin und ich habe eigentlich immer mal wieder wertvolle Tipps bekommen
Wegen Wut oder Zorn - liest du bitte meine Antwort an Archi?
Allerdings wollte ich eher den Zorn bedichten - der Text ist offensichtlich etwas emotionaler ausgefallen
Danke dir!


Freundliche Grüße,
Chavali

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Alt 06.02.2010, 14:10   #7
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
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Liebe Chavali, da ist mir ein Fehler unterlaufen. Natürlich sind die 2. und 4. Zeilen im Versmaß. Die erste und dritte Zeile haben für mich kein Versmaß, reimen sich nur am Ende.

Er frisst sich durch alle Menschenschichten, ( Er frisst sich durch jegliche Menschen(ge)schichten,)
lässt schorfige Wunden und Narben zurück,
er kann nicht auf Vergeltung verzichten (er kann auf Vergeltung so niemals verzichten)
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

In diesem Sinn würde ich überarbeiten.
Gruß Archimedes ...der mit den verdehten Irrtümerkreisen
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gestörte Kreise
Archimedes ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.02.2010, 22:56   #8
Chavali
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Lieber Archi,

schön, dass du nochmal reinschaust.
So hätten wir das dann also geklärt.

Deine Ideen zur Angleichung des Versmaßes für die erste und dritte Zeile sind richtig gut.
Ich werde sie wohl dann übernehmen

Danke dir!
Ganz liebe Grüße,
Chavali
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