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Versunkenes Aus anderen Gefilden - Altes - Neu Aufpoliertes |
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26.12.2015, 11:46 | #1 |
Kiwifrüchtchen
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Schlaf, Kindlein schlaf...
Überarbeitete Version
Schlaf Kindlein schlaf Sie hat das Schweigen wie ein Laken über sich gezogen, zerrt hart an Strähnen schweißverklebter Haare, von ihrer Stirn läuft Scharlachrot in dünnen Schlieren und malt bizarre Muster auf die Kissen. Der Vater hüt' die Schaf' Verflucht der stumme Gott vergangner Kindertage, beschworen jedes Wesen aus den Zwischenwelten lauscht sie gebannt dem Schattenzonenraunen, des blinden Spielmanns leisen Lautenschlägen Die Mutter schüttelt's Bäumelein und da - ein Wispern der ihr so vertrauten Stimme. Sie folgt dem Ruf, so schnell sie ihre Beine tragen. Im Morgengrau steht sie an seiner nassen Ruhestätte, der Kahn des greisen Fährmanns liegt vor Anker. Es fällt herab ein Träumelein Den Handel für die Überfahrt besiegelt speist sie die Schale Charons mit Rubinen, die träge, warm aus ihren Händen fallen - der Fahrpreis hin zum Land der Namenlosen. Schlaf, Kindlein schlaf -------------------------------------------------- Und hier das Original: SCHLAF KINDLEIN, SCHLAF... Sie hat das Schweigen wie ein Laken über sich gezogen. Mit klammen Fingern zerrt sie an den schweißverklebten Haaren. Von heißer Stirn läuft grelles Scharlachrot in dünnen Schlieren. Sie starrt auf die bizarren Muster auf den weissen Kissen. DER VATER HÜT' DIE SCHAF'... Sie hadert mit dem Gott der längst vergang'nen Kindertage, versucht, in Vollmondnächten die Dämonen zu beschwören, lauscht wie gebannt dem Raunen aus den Schattenwelten. Der alte Spielmann mit der bleichen Fratze schlägt die Laute. DIE MUTTER SCHÜTTELT'S BÄUMELEIN... Die helle, so vertraute Stimme wispert ihren Namen. Sie folgt dem Ruf, so schnell sie ihre schwachen Beine tragen. Im Morgengrau erreicht sie seine nasse Ruhestätte. Der Kahn des greisen Fährmanns liegt im Ufersand vor Anker. ES FÄLLT HERAB EIN TRÄUMELEIN... Bereit, den Handel für die Fahrt mit Charon abzuschließen, speist sie die Opferschale mit den glänzenden Rubinen, die träge, warm aus ihren hingestreckten Armen fallen - der Fahrpreis für die Reise in das Land der Namenlosen. SCHLAF KINDLEIN, SCHLAF...
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.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal Geändert von Lailany (06.01.2016 um 01:57 Uhr) |
27.12.2015, 04:20 | #2 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Liebe Lai,
ein traumhaft schönes Werk. Reimlos kommt das Thema, finde ich, noch besser zur Geltung. Am liebsten hätte ich hier auch (zumindest einige) männliche Kadenzen gehabt, aber ich weiß, dass Du mehr auf die klingenden Endungen stehst, und will nicht zu übergriffig werden. Ich spiele ein bisschen und versuche mal, meine Lieblingsversion zu finden. Die Auslassungspunkte würde ich weglassen (auch im Titel) und die Verse des Kinderliedes (schöne Idee!) irgendwie anders formatieren. Die Großbuchstaben sind mir zu dominant. Das Farbenspiel "Scharlachrot" und "Morgengrau" könnte vielleicht statt durch die (roten) Rubine durch etwas Blaues oder Grünes fortgesetzt werden? Bin sehr angetan! LG Claudi Schlaf, Kindlein, schlaf
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. Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich Geändert von Claudi (27.12.2015 um 04:52 Uhr) |
27.12.2015, 07:28 | #3 |
Kiwifrüchtchen
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Liebe Claudi,
freut mich sehr, dass du von meinem alten Dings angetan bist. Es wird dich vmtl bass erstaunen, wenn ich dir sage, dass ich bei einer der Überarbeitungsentwürfe 3 ! männl. Endungen eingebaut hatte und sie sogar als sehr passend befunden hab. Muss es aber dann doch gelöscht haben, ich find sie nimmer. Doch zeige ich dir noch eine Version mit zweien: Schlaf Kindlein schlaf Das Schweigen wie ein Laken über sich gezogen zerrt sie mit klammen Fingern hart an schweißverklebtem Haar, von ihrer Stirn läuft Scharlachrot in dünnen Schlieren. Sie starrt auf die bizarren Muster auf den Kissen. Der Vater hüt' die Schaf' Verflucht der stumme Gott vergangner Kindertage, und all die Geister, die ihm jemals dienten, lauscht sie des Spielmanns Lautenschlag im leisen Raunen aus der dunklen Anderswelt Die Mutter schüttelt's Bäumelein. und hört das Wispern der vertrauten Stimme, folgt diesem Ruf, so schnell sie ihre Beine tragen, erreicht im Morgengrau die nasse Ruhestätte, der Kahn des greisen Fährmanns liegt vor Anker. Es fällt herab ein Träumelein Den Handel für die Überfahrt besiegelt speist sie die Schale Charons mit Rubinen, die träge, warm aus ihren Händen fallen - ihr Fahrpreis hin zum Land der Namenlosen. Schlaf, Kindlein schlaf... Die Pünktchen sind weg, die am Ende behalte ich aber. Kann nicht am Schlag alle meine Schrullen aufgeben. Vllt magst du noch einmal drüberschauen und mir sagen, was du von dieser Variante hältst. Danke fein für Besuch und Feedback. LG von Lai PS: die Rubine sind eine Metapher und MÜSSEN bleiben, sie sind ein Hauptbestandteil zur Klimax der letzten Strophe. Ich weiß, du ratest gern und wirst es schnell haben, wenn du dich nochmals hineinliest, und das muss nicht mal tief sein. Übrigens, bei diesem Text könnt ich mir sogar vorstellen, mich am Hexa zu versuchen. Mal gucken.
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.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal Geändert von Lailany (27.12.2015 um 10:09 Uhr) |
27.12.2015, 10:51 | #4 |
/ Bil-ly /
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Was für ein fantastischer Schatz ist denn das wieder, liebe Lai!!!
Die neue Version gefällt mir, vor allem auch wegen des Schriftbildes, besser. Ja, und die Rubine sind eine wunderbare Metapher in eine wunderschöne Strophe gelegt; ich vermute, ich weiß um die Bedeutung. Begeistert gelesen! Lieben Gruß charis |
27.12.2015, 14:57 | #5 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Liebe Lai,
ich hatte Vers für Vers verglichen und war in den meisten Fällen zu einer klaren Entscheidung gekommen. Das im Einzelnen zu begründen, wird aufwändig. Ich beziehe mich daher jetzt nur auf die Veränderungen in Deiner letzten Fassung. "Zerrt hart" geht für mich gar nicht. Das Verb ist so aussagefähig und deutlich, dass die Verstärkung schon Stilblüte wäre. Die bizarren Muster kriege ich deutlicher auf den Schirm, wenn ich mir nur ein Kissen vorstelle statt mehrerer. Den Anfang der zweiten Strophe finde ich unglücklich. Insgesamt versuchst Du, von der siebenhebigen Langzeile (nicht zu regelmäßig, aber kontinuierlich) auf die Blankverse der letzten Strophe hin zu "verknappen"? Gut! Das könnten evtl. sogar durchgehende Blankverse werden. Kann jetzt aber noch nicht sagen, ob das eine Verbesserung wäre. Hexa wäre bei dem edlen Stoff aber auf jeden Fall interessant! Nur zu! Der Übungsfaden liegt ja nun wieder brach. Rubine? Hm, kristallines Wundwasser? Blut? Keine Ahnung. EDIT: Sie gibt all ihren Schmerz ab? Wenn die Auslassungspunkte unbedingt rein müssen , dann bitte nicht ausgerechnet ans Ende! Und wenn schon, dann mit einem Leerzeichen zwischen Wort und Punkten. Ich versuch nochmal eine etwas knappere erste Strophe. Das soll jetzt kein Vorschlag, sondern eher Anregung sein. Schlaf, Kindlein, schlaf ... LG Claudi
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. Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich Geändert von Claudi (27.12.2015 um 18:43 Uhr) |
27.12.2015, 16:38 | #6 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Lailany,
falls du tatsächlich eine derart große Arbeit, wie etwa die Verwandlung in Hexameter vornehmen willst, was zum Inhalt übrigens gut passen würde, dann würde ich nicht Hexmenter sonder Distichen vorschlagen. Du hättest dann eine Verbindung von Elegie und Glosse (bzw. Glosa ), das wäre vermutlich etwas ganz Neues, wofür sich die Arbeite lohnte. Liebe Grüße Thomas P.S.: Das Gedicht ist meiner Meinung nach auch so wie es ist sehr schön. Gerade deshalb wäre es einen Versuch wert.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
29.12.2015, 08:34 | #7 |
Kiwifrüchtchen
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Liebe Kollegen Claudi, Charis und Thomas,
bitte glaubt nur nicht, ich würde eure ausführlichen und interessanten Kommis nicht zu schätzen wissen bzw vernachlässigen. Oh nein! Ich bin nur im Mom noch völlig hin- und her gerissen, woran ich mich versuchen möchte, Hexa oder "Glosa". Um das entscheiden zu können, muss ich mal eine Strophe von jedem basteln und sehen, wie ich als blutiger Laie damit zurechtkomme. Glosa würd mich schon sehr reizen. Claudi, hättest du was dagegen, wenn ich das Material in deinen Hexafaden stelle, auch wenns uU ein Glosa wird? Ich werde natürlich selbst daran basteln, aber vmtl einen Sack voll mit Fragen dazu haben. Meine Lieben, vorerst ein herzliches Dankeschön für eure positiven Kommis. LG von Lai
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.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal |
29.12.2015, 12:38 | #8 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Liebe Lai,
ich denke, im Hexa-Übungsfaden findet alles Platz, was irgendwie mit Hexametern zu tun hat, also Übungen, in denen Hexameter vorkommen, und Fragen dazu. Was auch immer hier mit Glosa gemeint ist (vermutlich die thematische Gliederung durch die einzelnen Liedverse?), probiere einfach aus, was Dir in den Sinn kommt. Das könnten reine Hexameter oder Distichen sein, die wie hier durch die Überschriften in Abschnitte geteilt sind, oder jeweils mehrere Hexameter, die am Abschnittsende mit einem (anderen?) Zweitvers schließen. Oder Du merkst beim Schreiben, dass Du Dich vom Liedtext entfernst, und lässt es einfach laufen. Das Üben finde ich persönlich am Anfang sinnvoller mit Inhalten, die einem nichts bedeuten. Da ist man offener für gravierende Änderungen zugunsten des Verses und der Lerneffekt ist größer. Kann aber sein, dass dieses Thema Dir erst den nötigen Antrieb gibt. Dann lass Dich nicht bremsen! LG Claudi
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. Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich |
29.12.2015, 15:28 | #9 |
/ Bil-ly /
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Liebe Lai, ja probier es aus, aber bitte nicht mit diesem Gedicht! Das muss so bleiben!
Lieben Gruß charis |
29.12.2015, 15:33 | #10 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hallo Charis,
selbstverständlich muss diese Version (jedenfalls so ungefähr) erhalten bleiben! Das heißt doch nicht, dass mit dem Thema nicht weitergearbeitet werden kann? Gerade das macht es doch spannend. LG Claudi
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. Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich |
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