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17.04.2009, 20:47 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 215
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Wasserstaub auf meiner Haut
Wasserstaub auf meiner Haut
Weithin hörbar Donnergrollen, Kräfte, die uns schrumpfen lassen, Mahnung, dass wir Achtung zollen, Urgewalt der Wassermassen. Rasend über schroffe Kanten, kopflos, nur der Schwerkraft folgend, ungebremst in freiem Fall. Wasserschnüre, fein gewunden, weißer Vorhang Schicht um Schicht. leuchten selbst in dunklen Stunden, Tausend Prismen brechen Licht. Tropfen prallen auf die Felsen, Wasserstaub auf meiner Haut. Lausche stumm dem Donnerhall. Geändert von Herbstblatt (10.05.2009 um 15:00 Uhr) |
08.05.2009, 22:21 | #2 |
Lyrische Emotion
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Liebe Herbstlaub,
das erinnert mich an den Schatz im Silbersee und die Plitvicer Seen in Kroatien, wo viele Szenen zu Karl Mey-Filmen gedreht wurden. Auch ich habe diesen kroatischen Naturpark vor einigen Jahren sehen dürfen und das war schon sehr beeindruckend. Ja, und dein Gedicht erinnert sehr an eine Szene aus einem Film, wo eine Frau unter einem Wasserfall geduscht hat. (Das kann auch eine Tarzanverfilmung gewesen sein ) Wenn ich mir das so vorstelle, dann ergibt das sogar ein leicht erotisches Bild. Dein Gedicht ist eine gelungene Kombination aus freien und gebundenen Zeilen. Was mir auffiel war die Ausdruckskraft der ersten Strophe, was von dem verwendeten Trochäus herrührt. Du steigst direkt mit einer betonten Silbe ein: Weithin hörbar Donnergrollen, Kräfte, die uns schrumpfen lassen, Mahnung, dass wir Achtung zollen, (der) Urgewalt der Wassermassen. Ich würde das "der" am Anfang der letzten Zeile weglassen, dann ist es auch rhythmisch stimmig. Die zweite Strophe ist relativ frei, aber flüssig, habe eine kleine Veränderung vorgenommen (s.u.). Was ich nicht verstehe, ist, daß du in Strophe 3 nicht wieder zum kraftvollen Trochäus greifst, sondern einen durchgängigen Jambus verwendest. Das verschleppt irgendwie den ganzen Takt. Lies es mal so: Wasserschnüre, fein gewunden, weißer Vorhang Schicht um Schicht, leuchtet selbst in dunklen Stunden, tausend Prismen brechen Licht. Die vierte Strophe ist wieder frei, reimt sich jedoch in der 3.Zeile mit Z3 von S2. Alles in allem ein schönes Gedicht. Abschließend zeige ich dir noch einmal meine Vorschläge im Gesamtergebnis: Weithin hörbar Donnergrollen, Kräfte, die uns schrumpfen lassen, Mahnung, dass wir Achtung zollen, Urgewalt der Wassermassen. Rasend über schroffe Kanten, kopflos, nur der Schwerkraft folgend, ungebremst in freiem Fall. Wasserschnüre, fein gewunden, weißer Vorhang Schicht um Schicht, leuchtet selbst in dunklen Stunden, tausend Prismen brechen Licht. Tropfen prallen auf die Felsen, Wasserstaub auf meiner Haut. Lausche stumm dem Donnerhall. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald Foto: Falderwald 2005
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
09.05.2009, 15:55 | #3 |
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Liebes Herbstblatt,
sehr schön und stimmungsvoll. Mir gefällt auch der Wechsel zwischen gereimten und ungereimten Versen sehr gut. Das ist eine tolle Idee. Faldi hat schon die kleinen Schwachstellen angesprochen; genau da hatte ich auch Probleme! Vielleicht inspirieren Dich seine Vorschläge, es würde Deinem Gedicht sehr gut tun. Ach, eines noch: Mit Wasserstaub kann ich gar nichts anfangen. Mit Staub verbinde ich immer etwas Trockenes, selbstverständlich verstehe ich, was Du damit ausdrücken möchtest! Eine Alternative habe ich allerdings auch nicht, aber vielleicht fällt Dir noch was anderes ein? Ich habe Dein Gedicht sehr gerne gelesen und mich damit beschäftigt. Herzliche Grüße, Medusa. |
10.05.2009, 10:17 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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liebe herbstlaub,
ein wunderschönes gedicht über die stimmung am wassserfall - falldis ergänzungen passen wirklich perfekt ( was wunder, er hat den "fall" im namen!). den "Wasserstaub" kann ich mir gut erklären : es ist dieser mikrofeine sprühregen, der einem in der nähe von wasserfällen umgibt, kaum noch als tropfen wahrnehmbar - sehr feine wortschöpfung! der wechsel zwichen gereimt - ungereimt ergibt eine interessante mischung , so, wie es auch am wasserfall zu sehen ist : da strömt das wasser ja auch nicht gleichmäßig dahin, wie aus einer wasserleitung...... faszinerendes schauspiel, gerne gelesen larin
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10.05.2009, 11:11 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Faldi,
Danke, dass du dich so intensiv mit meinem Gedicht auseinander gesetzt hast. An den Plitwitzer Seen war ich zwar noch nicht, meine Impressionen stammen aus Norwegen, aber dein Bild passt sehr genau in die Stimmung die ich beschreiben wollte. Deine Vorschläge erscheinen mir sehr bedenkenswert und ich werde sicher einiges davon übernehmen. Liebe Medusa, Den Wasserstraub werde ich ganz bestimmt nicht ersetzen, denn ich habe ihn auf der eigenen Haut gespürt und wenn ich mir dieses Bild vergegenwärtige, spüre ich ihn immer noch. Hast du noch nie an einem mächtigen Wasserfall gestanden? Natürlich ist der Wassserstaub nicht trocken. Wenn man an einem sehr heißen Tag an einer solchen Stelle steht, kann es sein, dass man trotz des feinen Sprühnebels nicht nass wird. Liebe Larin, Ich sehe, dir sagt der Wasserstaub sehr wohl etwas. Für mich war es ein Experiment mit dem Wechsel zwischen gereimten und ungereimten Versen. Gerade bei Naturbeschreibungen erscheint mir dies eine gute Möglichkeit, weil sie mehr Freiheiten bietet und dadurch genauere Beschreibungen ermöglicht. Einen Wasserstaubfreien Sonntag wünscht euch das Herbstblatt |
10.05.2009, 11:53 | #6 |
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liebe herbstblatt,
da fällt mir grad ein: es hat ja auch "parfümzerstäuber" - also wenn parfüm stauben kann , dan doch wasser erst recht...! lg larin
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10.05.2009, 12:37 | #7 |
asphaltwaldwesen
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hallo herbstblatt,
wenn das hier so weitergeht, werd ich doch glatt noch zu naturgedicht-liebhaberin! ein sehr gelungenes festhalten eines naturerlebnisses les ich hier. und larin ist mir mit dem "zerstäuber" zuvorgekommen. den "wasserstaub" auf der haut hab ich auch schon oft und gern gespürt. feiner als gischt, sanft und erquickend und irgendwie genau dadurch viel eindringlicher fühlt sich das an. das grollen, das die kraft des wassers hörbar macht. der wasservorhang, das in unzähligen prismen gebrochene licht. du hast in deinem gedicht alles verpackt, was die sinne angesichts solcher naturschauspiele wahrnehmen können. den geruch der wasserdurchsetzten luft ergänz ich mir beim lesen fast schon von allein, so lebendig ist dein text. sehr spannend macht ihn auch das wechselnde reimschema. das ist ein echter hingucker und lässt innehalten. dadurch liest man das gedicht gleich noch ein eitzerl konzentrierter. sehr schön! lieber gruß, fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan |
13.05.2009, 00:08 | #8 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Liebe Larin,
danke, dass du dich von meinem Sprühnebel befeuchten ließest. liebe Fee, ja im Moment gibt es viele sehr schöne Naturgedichte, so dass es jedes Mal eine Freude ist, hier vorbei zu schauen. Es freut mich, dass du das meinige dazu zählst. einen lieben Gruß vom Herbstblatt |
13.05.2009, 00:52 | #9 |
gesperrte Senorissima
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Oh,
bin ich so spät, liebe Herbstblatt? Ich wollte viel früher schreiben. W e l c h e Wasser Du hier beschrieben hast (konkret), spielt für mich keine Rolle. Ich sehe alles vor mir, was du in Deinem wunderbar gestalteten Gedicht geschildert hast. (Sooo entstehen Regenbögen ganz nah!). Hier "sitzt" jede Zeile, jedes Wort. Bezaubernd! Lieben Gruß von cyparis |
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