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Kurzgeschichten Geschichten, Erzählungen, Märchen, Fabeln |
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13.01.2010, 11:22 | #1 |
Gesperrt
Registriert seit: 06.11.2009
Beiträge: 624
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Auch das ist Deutschland
Meine Eltern feierten 2008 silberne Hochzeit. Meine Mutter lud dazu ihre einzige noch lebende Schwester aus Peru ein.
Es ist sicher keine Schande das zu sagen, aber meine Verwandten in Peru haben nicht die finanziellen Möglichkeiten sich eben mal ein Ticket nach Deutschland zu kaufen, so bezahlten meine Eltern das hier und kümmerten sich um die ganzen Formalitäten, Einladung usw. und so bekam meine Tante in Lima problemlos ein Touristenvisum für drei Monate in Deutschland. Es gibt keine Direktverbindung von Lima nach Frankfurt (wir wohnen in Bad Homburg), aber mit der Iberia über Madrid gibt es gute Verbindungen, zwar nicht täglich, aber immerhin. Es klappte auch alles gut und meine Tante verlebte schöne drei Monate im Sommer bei uns. Am 21. September lief ihr Visum ab, ein Sonntag, der Rückflug ging am 22. September, ein Montag. Nun denkt man so, am 21. läuft das Visum ab, am 22. fliegt sie zurück, wo sollte da ein Problem sein? Wir brachten sie zum Flughafen, sie checkte ein, und vor der Sicherheitskontrolle mussten wir uns verabschieden. Meine Eltern hatten ihr noch einen Betrag von 1000 Euro mitgegeben, als Geschenk für die Familie. Was sie dann erlebte, erfuhren wir erst einen Tag später, als meine Mutter sie anrief und wissen wollte, ob sie gut angekommen sei. Meine Tante wurde von der Bundespolizei direkt an der Passkontrolle in Gewahrsam genommen, da ihr Visum seit gestern (!) abgelaufen sei. Ihr wurde vorgeworfen, sich einen halben Tag illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten zu haben. Man durchsuchte sie und beschlagnahmte die 1000 Euro. Man liess sie zwei Dokumente unterschreiben, in Deutsch, deren Inhalt sie nicht verstand, aber verängstigt unterschrieb. Niemand hat ihr was übersetzt. Dann wurde sie links und rechts von uniformierten Beamten flankiert ins Flugzeug gesetzt. Als mein Vater das erfuhr rief er sofort einen Anwalt an, den er kennt, der sich mit solchen Sachen befasst, um wenigstens das Geld für meine Tante wiederzubekommen. Dieser Anwalt tat wirklich alles, was möglich war. Jetzt hat er aufgegeben. Es ist nichts zu machen. Die Bundespolizei ist formal im Recht. Meine Tante unterschrieb dort zwei Dokumente, das eine besagt, dass falls die 1000 Euro als Strafe für ihr Vergehen (ein halber Tag illegal in der BRD) zu hoch oder gar nicht fällig wären, sie einverstanden wäre, das Geld einer gemeinnüzigen Einrichtung zuzuführen. Das zweite Dokument ist eine Erklärung in der sie bestätigt, dass ihr alles in Spanisch übersetzt und erkärt wurde und sie alles verstanden habe. Dass das nicht den Tatsachen entspricht, ist nicht zu beweisen und wenn die Aussage irgendeiner Peruanerin den Aussagen von Beamten der Bundespolizei widerspricht, dann ist sie nicht glaubwürdig. So ist das in Deutschland. Als ich meinem Vater (der Deutscher ist) sagte, dass ich das alles nicht verstehe, antwortete er nur: "Das ist Deutschland". Die Geschichte passierte 2008. Warum ich sie heute ausgrabe hat einen einfachen Grund. Meine Tante wollte - trotz alledem - 2009 wieder zu uns kommen. Die Deutsche Botschaft in Lima hat ihr allerdings ohne Angabe von Gründen ein Touristenvisum für die Bundesrepublik Deutschland verweigert. So schnell wird man zum Kriminellen, zum unerwünschten Ausländer. In Deutschland. Meine Tante hat dann bei der spanischen Botschaft in Lima ein EU Visum bekommen, oder Schengen Visum, und konnte damit problemlos in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Lustig, oder? Corazon |
13.01.2010, 15:13 | #2 |
ComMODa
Registriert seit: 09.08.2009
Ort: Zürich, Schweiz
Beiträge: 314
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Salut,
deine Geschichte ist bedauernswert. Ich lebe nicht in Deutschland und bin der Meinung, dass die Sache mit den 1000 Euro hier, in der Schweiz, nicht so abgelaufen wäre. Denn die sofortige Konfiszierung ihres mitgeführten Barvermögens ist das Einzige, was mich an deiner Erzählung erstaunt. M.E. keine saubere Strafpraxis. Anonsten kann ich nur einmal mehr erwähnen, dass Emotionen in Rechtsfragen weder Bedeutung noch Berechtigung haben. Die Laufzeit eines Visums ist nicht umsonst beschränkt. Es ist überaus naiv von euch, zu glauben, auf einen Tag mehr oder weniger käme es nicht an. Mir etwas mehr Umsichtigkeit hättet ihr sie einen Tag früher zum Flughafen geleitet, denn ihr wisst sicher um die genaue Überprüfung der Personalien und Aufenthaltsberechtigungen. Das ist Punkt Nummer eins. Punkt Nummer zwei ist die freiwillige Unterschrift der Schwester deiner Mutter. Wer sich hier ein bisschen auskennt, weiss, dass nichts unterschrieben werden darf, wenn man mit dem Inhalt nicht einverstanden ist. Gut, ich kann verstehen, dass sie sich gedrängt und genötigt fühlte, ja vielleicht sogar aus Angst unterschrieben hat. Trotzdem - mein Mitleid hält sich in Grenzen. Liebe Grüsse Louis |
13.01.2010, 18:50 | #3 |
Eiland-Dichter
Registriert seit: 23.02.2009
Beiträge: 79
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mag schon sein loius, aber gemein ist es trotzdem...
da es leider rechtskräftig zu sein scheint, das man ihrer tante das geld abnahm und dieses geld einer angeblichen spende zuwies, sie derart übers ohr schlug und mit lügen eine tat rechtfertigt, die in deutschland oft purer alltag ist... allerdings kann ich ein wenig beruhigen...selbst deutsche werden in deutschland wie ausländer behandelt und mit unverständlichen dokumenten hinters licht geführt... ob eine peruanisch - deutsche übersetzung verständlich gewesen wäre, ist ohnehin fragwürdig... das ist wie mit idiotentests...die schreiben eine doppelte verneinung in einen text, somit entsteht ein klares einverständnis, von der person die unterzeichnet...so schnell kann man oft gar nicht gucken... bisher dachte ich immer das beamtenschriftstücke auf peruanisch geschrieben sind, weil man kaum ein wort versteht... gibt es wirklich keine möglichkeit rechtlich dagegen anzugehen? vielleicht flog sie ja am 22. um halb 3 uhr morgens? somit wäre es kein halber tag...ein halber tag hat 12 stunden nach meinem wissen...sogar 11:59 uhr als eingetragene flugzeit, wäre rechtlich gesehen noch kein halber tag... ich find es schrecklich wie deutschland ausnimmt, was es auszunehmen gibt...besonders die kleinen dummen die ohnehin nichts dagegen tun können...und die großen dicken sitzen ganz oben und tun so als gäbe es eine welt außerhalb des parlamentes nicht mich nervt das...sobald man in meiner gegenwart über deutschland spricht, werde ich contraproduktiv |
14.01.2010, 09:35 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Absoluter Wahnsinn ist das! Unglaublich!
Gruss Pedro
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>Die Kritiker nehmen eine Kartoffel, schneiden sie zurecht, bis sie die Form einer Birne hat, dann beißen sie hinein und sagen: „Schmeckt gar nicht wie Birne.“< (Max Frisch) |
14.01.2010, 10:42 | #5 | |
ADäquat
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Liebe Corey,
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14.01.2010, 10:53 | #6 |
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Jetzt kommen mir meine Familie und ich wie Outlaws vor
Liebe Chavali, natürlich hast du Recht, Louis Lazar auch, Gesetz ist Gesetz! Aber bei den Erkundigungen meines Vaters und dessen Anwalt stellte sich heraus, dass die Beamten durchaus einen Ermessensspielraum haben. In diesem Fall hätte der Beamte z.B. auch lediglich eine Ermahnung aussprechen können. Oder eine gebührenfreie Verwarnung. Oder eine gebührepflichtige Verwarnung so um die 30 Euro. Wäre alles möglich und legal gewesen. Aber er hat halt bei der alten Frau die volle Härte des Gesetzes angewandt. Ob das sein musste? Liebe Grüsse von der gesetzlosen Corazon |
14.01.2010, 11:26 | #7 | |
ADäquat
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Liebe gesetzlose Corazon,
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14.01.2010, 11:41 | #8 | ||
ComMODa
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Salut Pringles,
Zitat:
Diese Geschichte rechtlich zwar harsch, aber korrekt. Und Corazon, Zitat:
Fälle wie dieser wirst du in jedem - in jedem - Rechtsstaat finden und es ist m.E. nicht einmal ein Fehler im System. Liebe Grüsse Louis |
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14.01.2010, 11:48 | #9 | |
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Beiträge: 624
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Zitat:
ich wollte nicht über Deutschland meckern. Ich bin dankbar, dass ich hier leben darf. Es gibt hier keine Folter, keine Gewalt gegen politische Gegner, keine Willkür. Ich möchte in Peru nicht gegen das Gesetz verstossen, oder generell in Südamerika. Ich meinte nur, der Beamte hätte bisschen lockerer sein können. Ich habe mich noch nie über Deutschland beschwert. Corazon Geändert von Corazon (14.01.2010 um 11:50 Uhr) |
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14.01.2010, 12:26 | #10 |
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Liebe Corazon,
ich möchte hier keineswegs die deutschen Beamten in Schutz nehmen! Aber sie vertreten nun mal unsere geltenden Gesetze, die ja nicht schlecht sind, und uns vor Willkür und anderem Unbill schützen. Deine Geschichte ist anrührend und ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Soweit ich weiß, gibt es überall an den Flughäfen Beamte, die Fremdsprachen beherrschen, sogar Japanisch soll im Angebot sein , und Formulare werden auch in den gängigen Sprachen angeboten. Darum fällt es mir schwer, die "untergeschobenen" Dokumente zu glauben; gerade an den Flughäfen ist besonders geschultes Personal im Einsatz (ich rede hier nicht von den 1-Euro-Jobs!). Was die Zeitüberschreitung betrifft, so gefällt mir das ganz und gar nicht, ich hätte gewiss anders gehandelt . ABER: Die Ein- und Ausreisebestimmungen sind halt so, daran gibts nichts zu deuteln. Die Zeiten müssen eingehalten werden. Schau mal, ein Beamter drückt bei vier Stunden ein Auge zu, der andere erst bei vier Tagen, das geht nicht, auch wenns weh tut! Wenn ich nach Amerika reise, muss ich mich auch an die dortigen Bestimmungen halten, da drückt auch kein Beamter ein Auge zu. Was Deiner Tante widerfuhr ist traurig, aber nicht mehr zu ändern. Schön, dass sie wieder ungehindert einreisen kann. Liebe Grüße, Medusa. |
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