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Alt 17.02.2018, 14:13   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ich bin ein Priester nur für die Kollekte,
ich wette nur, wenn ich bestimmt gewinne.
Ich schaue Filme einzig der Effekte
und Kitzel wegen für die tauben Sinne.

Ich bin ein Held der Ungelegenheiten,
ich schmecke kaum, was ich hinunterschlinge.
Ich liebe/hasse mich wie keinen Zweiten
und bleibe dennoch mir das Maß der Dinge.

Ich bin die Leugnung heiliger Momente,
ich glaube nie, was mir die Welt berichtet.
Ich bin der Grabstein tausender Talente,
der ewig zweifelnd seine Zeit vernichtet.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 18.02.2018, 17:04   #2
Sufnus
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Lieber und reichlich bewunderter eKy!
Ich bin echt begeistert von diesem Gedicht und fordere eindringlich zahlreiche Lobpreisungen von Forenseite ein... sehr sehr cool... schicke Sprache, originelle Gedankenführung, runde Sache!
Das liebe/hasse finde ich ja ganz besonders lässig... mag ich sehr!
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Alt 18.02.2018, 20:37   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Sufnus!

Einfordern musst du in meinem Namen nichts, das wäre des Guten zuviel.

Genauso wie zuviel des Lobes das Gelobte eher lächerlich wirken lassen kann - aber es liegt mir fern, dir dahingehend eine auch nur marginale Absicht unterstellen zu wollen.

Also vielen Dank für die Honneurs.

Das Gedicht ist eine aufrichtige Selbstbeschreibung meines Daseins zwischen Betäubung, Selbstzweifel und innerer Trägheit.
Von der anderen Seite betrachtet bin ich natürlich ein wahrer Genießer, ein kritisch alles Hinterfagender sowie ein kontemplativer Weiser.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
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Alt 19.02.2018, 13:02   #4
Sufnus
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Hi eKy!
Mein Lob ist ganz ernst gemeint und ohne verborgenen Stachel... ich mag Dein Gedicht wirklich sehr.
Eine schöne Vergleichsfolie bietet "ich bin der Eine und bin Beide" von Stefan George... ein furchtbar unsympathischer Zeitgenosse, aber - wenn auch ein paar Stufen unter unserem Rilke stehend - doch keiner von den ganz und gar unbegabten Dichtern. Ich denke insofern ein sprachlich-qualitativer Vergleich mit George ist jetzt mal keine dichterische Herabsetzung.
Und da muss ich sagen, dass Dein Gedicht nicht nur auf Augenhöhe ist, sondern in seiner gefühlsmäßigen Tiefe, Menschlichkeit, formalen Sicherheit und sprachlichen Originalität eindeutig das Rennen macht. Also von daher aus vollem Herzen: Chapeau!
Und hier noch das Werk von George zum Vergleich (Du wirst sicher Deine Freude am kräftigen metrischen Holperer haben, der dem guten S.G. da unterlaufen ist ).
Grüße!
S.
--------------

Ich bin der Eine und bin Beide
Ich bin der zeuger bin der schooss
Ich bin der degen und die scheide
Ich bin das opfer bin der stoss
Ich bin die sicht und bin der seher
Ich bin der bogen bin der bolz
Ich bin der altar und der fleher
Ich bin das feuer und das holz
Ich bin der reiche bin der bare
Ich bin das zeichen bin der sinn
Ich bin der schatten bin der wahre
Ich bin ein end und ein beginn.
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Alt 19.02.2018, 16:09   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Sufnus!

George mag ich gleich aus mehreren Gründen nicht leiden, angefangen mit seiner Interpunktionsfeindlichkeit und Alleskleinschreibung, weiters wegen seiner konstruierten, gefühlsfernen und oft sehr geschraubt klingenden Werke, bis hin zu seiner persönlichen Hybris und Verstiegenheit.

Aber ich bin nicht gekränkt durch den Vergleich, bei dem ich ja - wie du sagst - das Rennen mache!

Er hat "Altar" falsch betont. Da ist er aber nicht der einzige, deshalb habe ich persönlich schon länger gemutmaßt, ob man dieses Wort zumindest im lyrischen Gebrauch nicht durchaus auf Silbe 1 betonen darf.
Eindeutig konnte mir das bis heute niemand beantworten. Jedenfalls klingt es scheußlich unnatürlich, ich würde es nie so verwenden!

Ursprünglich hatte ich in den drei ersten Zeilen der ersten Str. beim Schreiben ebenfalls diese "Ich bin ..."-Wiederholung. So ein "Mantra" im Text hat durchaus seinen lyrischen Reiz - indes, beim Probelesen danach erschien es mir doch ein wenig hölzern und leiernd, darum schrieb ich es um.

LG, eKy
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Alt 20.02.2018, 18:17   #6
juli
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Moin Moin eKy,

Ich komme um dein "Ich - Gedicht" nicht rum. Das LI wirkt ehrlich bis zur Selbstbekämpfung. Es gibt viele Menschen, die sich hinter einem " man" verstecken. Das hier klingt ehrlich. Die letzte S. hat mich besonders bewegt.

Sehr gerne schon mehrfach gelesen.

Liebe Grüße sy
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Alt 20.02.2018, 21:09   #7
Erich Kykal
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Hi Sy!

Ja, ich bin ein Zweifler! Ich zweifle alles an, vor allem auch mich selber.

Schon im Religionsunterricht in Volks- und früher Mittelschule (damals noch Pflicht für alle) habe ich gezweifelt - da war mir einfach zuviel Unlogisches dabei, was nicht zu meinen persönlichen Erfahrungen mit Welt und Menschen passte!

Dieses Zweifeln schützt zwar gut vor Irrglaube, Doktrin und Gruppenzwang, aber es lähmt auch, denn wer zweifelt, engagiert sich nicht - egal wofür.

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (23.02.2018 um 00:40 Uhr)
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Alt 22.02.2018, 14:18   #8
Kokochanel
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ein Gedicht über den Zweifler, nicht ohne den wehmütigen Unterton, dass es/er wahrscheinlich nicht mehr zu ändern ist. Wundervolle Worte hast du gefunden, lieber Erich. Auch, wenn man nicht wüsste, dass es autobiografisch ist, wäre ein solcher Mensch gekonnt beschrieben und das so poetisch, dass es nachhallt.
Sehr gerne gelesen mit lG von Koko
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Alt 23.02.2018, 00:41   #9
Erich Kykal
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Hi Koko!

Vielen Dank für das nachhallende Lob!

LG, eKy
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Alt 23.02.2018, 20:15   #10
Dana
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Lieber eKy,


Zitat:
Zitat von Erich kykal
Das Gedicht ist eine aufrichtige Selbstbeschreibung meines Daseins zwischen Betäubung, Selbstzweifel und innerer Trägheit.
oh nein, nie und nimmer. Wäre es so, dann könnte es den Leser nie so berühren.
Für micht gibst Du eine Beobachtung wieder, die bange macht, die weh tut und bitter macht.
Eine Beobachtung, die unaufhaltsam sättigt, gewinnen lässt und hungrig und verloren einen Grabstein beschriftet.

Ein ganz, ganz GROSSES in dieser Rubrik.
Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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