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04.03.2018, 17:32 | #1 |
Gast
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Der Nachtwanderer
Und schleichend gingst du in die Nacht hinein
und bahntest deinen Weg ganz ohne Schatten. Es war nun Herbst, das Laub im Einsamsein des Blätterfalls: die Fauligen und Matten, die leicht und ängstlich sind bei jedem Fall, sie sollen schweigen, um allein zu sein. Und klingen Lieder leis im Widerhall der kleinen Schritte, die du lange hältst, die, wie beim feinen Schleifen von Kristall, sich selbst entmanteln, leuchten und du fällst wie aussortiert in kalte Sternenherde, dann steigst und schwebst du bis ins dunkle All. Da wird es lauter rauschen als das Meer; da findet Lärm sich mit der weiten Stille und mündet ewig stumm, sich streckend schwer ins Nichts. An dessen Ende steht ein Wille: ganz schwere- und auch namenlos und leer, singt er im Unbekannten dunkle Lieder. Und seine Werke werden Welt in dir und sanft kniest du in Ehrfurcht vor ihm nieder. Geändert von Eisenvorhang (10.03.2018 um 22:36 Uhr) |
04.03.2018, 18:46 | #2 |
TENEBRAE
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Hi EV!
Willkommen zurück unter altem Namen! Ein schönes, sinnenschweres Gedicht über die Schönheit des Nachterlebens. Lyrisch hoch verschlüsselte Bilder präsentieren sich dem Leser, beinahe schon zu viele auf engstem Raume, sodass man beim Lesen mit der Übersetzung der Symbolik kaum nachkommt. Einzig in S3Z3 ist dir ein metrischer Schnitzer unterlaufen: Das "rohem" passt nicht in den Takt, da man es in deiner Version auf Silbe 2 betonen müsste, um im Rhythmus zu bleiben, und das geht gaaaar nicht! Altern.: "die wie beim feinen Schleifen von Kristall" S2Z4 - Komma nach "leuchten". Ein paar weitere stilistische/sprachtechnische Tipps: Und schleichend gingst du in die Nacht hinein und bahntest deinen Weg ganz ohne Schatten. Es war nun Herbst, das Laub im Einsamsein des Blätterfalls, der Fauligen und Matten, die leicht und ängstlich sind bei jedem Fall - sie sollen schweigen, um allein zu sein. Und klingt das Echo leis im Widerhall der kleinen Schritte, die du lange hältst, die, wie beim feinen Schleifen von Kristall sich selbst entmanteln, leuchten; und du fällst wie aussortiert in kalte Sternenherde. Dort steigst und schwebst du bis ins dunkle All. Dort wird es lauter rauschen als das Meer; da findet Lärm sich ab mit weiter Stille und mündet ewig stumm sich streckt sich schwer ins Nichts. An dessen Ende steht ein Wille: ganz schwere- und auch namenlos und leer, singt er im Unbekannten dunkle Lieder. Und seine Werke werden Welt in dir und sanft kniest du in Ehrfurcht vor ihm nieder. Besonders die letzte Strophe erinnert mich schon sehr an Rilke! Sehr gelungen (bis auf die von mir angezeigten kleinen sprachlichen Feinheiten ... )! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
04.03.2018, 19:28 | #3 |
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Hi eky,
der Nachtwanderer als Reflektionsprozess, ein Wandel und Verstehen der irdischen "Niedrigkeit." Das Laub, das fällt, die matten und fauligen Blätter, wie sie in das Einsamsein fliegen, um dort zu ruhen, um dort am Ende ihres Lebens endlich allein sein zu können. Sind sie doch vom lauten Leben gesättigt. "Matten" und "Fauligen" sind kritisch zu verstehen. Wer rastet und faul ist, wird fallen... Die Schritte des Wanderers, im Sinne des Fortbewegens, das sich Entwickelns und sich ins Verhältnis zu allem setzend. Ich wage es zu behaupten, ein Jeder, der in der Nacht spaziert, wird in den Sternhimmel blicken und schnell für sich herausfinden, wie klein doch alles ist, was uns umgibt. Die Gedanken schweben in das All. In der Astrophysik gibt es die Theorie des Raumklangs. Dort spricht man auch, soweit ich weiß, von Raumlärm, von einem Eigenklang der Tiefen. Ähnlich wie beim Meer. Der Lärm findet sich deswegen nicht mit der Stille ab. Man findet Lärm mit der Stille dort. Die Klänge der Weiten. Ein eigentliches Paradoxon, weil im Raum nichts ist. Nur Vakuum. Die Weiten meinen für die einen Ruhe und für die Anderen sind sie kaum aushaltbar, wegen großer Sehnsucht. Hier existiert auch Interpretationsfreiraum. Der Lärm für Unruhe. Sehnsucht erzeugt Unruhe. Das All und all die Fragen um das Universum, verschwinden im Nichts, weil wir kaum etwas wissen... Deswegen erstreckt es sich schwer und stumm, weil es keine Antworten gibt. Hier könnte man auch einen Gottesbegriff vermuten. Aber schlussletztlich knieen wir alle vor der Erhabenheit des Universums nieder. Die meisten Vorschläge habe ich übernommen. Der Metrikschnitzer kotzt mich gerade an . Danke für den Hinweis!!! Und danke für den Kommentar und das Lob! vlg EV Geändert von Eisenvorhang (04.03.2018 um 19:45 Uhr) |
04.03.2018, 22:45 | #4 |
Gast
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Hi EV!
Coole Nummer! Dieses Gedicht ist für mich ein bisschen wie eine opulente Mahler-Symphonie... ich muss es ein bisschen Portionieren und in mehreren Anläufen schrittweise konsumieren... keineswegs ein Qualitätsnachteil, aber es verzögert einen umfassenderen Kommentar meinerseits. Ergo jetzt auch erstmal adhoc nur eine Nebensächlichkeit: "Und klingt das Echo leis im Widerhall" ist für mich ein verkürzter Konditionalsatz und verlangt ein "dann folgt daraus dieses & jenes". Insofern würde ich entweder nach der Sternenherde ein Komma setzen und das folgende "Dort" durch ein "dann" ersetzen oder aber das "Und" in S2Z1 gegen ein "So" auswechseln. Sehr gern gelesen und noch weiterlesend! S. |
05.03.2018, 00:26 | #5 |
Gast
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Hi Sufnus,
sei bedankt, Du hast ein waches Auge, welches mir weiterhilft. Ich nehme das Komma und das "dann". Jetzt sagten mir schon mehrere User, ich solle klarer schreiben. Die Sache ist: ich mag die Gedichten so wie sie sind, weil sie beim Leser was bewirken sollen - die Richtung der Wirkung, will ich nur selten vorgeben. Deswegen finde ich es schön, dass du auf ein Weiterlesen hinweist. Falls du Fragen hast, nur zu: ich kann alles, im besten Willen, verteidigen. Es ehrt mich außerdem. Hab Dank! vlg EV |
05.03.2018, 18:20 | #6 |
Gast
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Ich würde mich dem nicht anschließen und durchaus in Deinen Gedichten das Dunkle und Unklare verteidigen: "Je inkommensurabler und für den Verstand unfasslicher eine poetische Produktion, desto besser" (J. W. v. Goethe).
Ich denke aber, dass der Nachtwanderer, bei aller höchst wünschenswerten Unklarheit (die den Gedanken Raum lässt), doch noch von einer größeren Präzision der Rede profitieren könnte (unklar oder inkommensurabel ist nicht gleich unpräzise). So finde ich in dem Gedicht noch einige Formulierungen, denen etwas rein Dekoratives und zugleich Willkürliches anhaftet, weil sie (soweit das ein Leser, der nicht der Autor ist, überhaupt "fair" beurteilen kann) wahrscheinlich nicht dem Inhalt, sondern dem Reim oder Metrum geschuldet sind. Warum etwa ist es (inhaltlich) notwendig, dass das "lyrische Du" schleichend in die Nacht geht? Und beißt sich das nicht mit "bahntest Deinen Weg"? Das Schleichen will zumindest für mich nicht ganz mit dem Wegbahnen zusammengehen. Wird das Bild nicht insgesamt präziser, wenn z.B. "Und schleichend" durch "Wie träumend" ersetzt wird? Etwas unpräzise finde ich auch noch die Formulierung "Und klingt das Echo leis im Widerhall". Zum einen, weil für mich Echo und Widerhall dasselbe bezeichnen, zum anderen, weil die widerhallenden Schritte und das Fallen in Sternehände für mich gedanklich etwas unverbunden nebeneinander stehen. Auch gegen das "Schritte, die Du lange hältst" schaue ich etwas an, der Ausdruck erscheint irgendwie gesucht, nicht zwingend. Eine Art "roter Faden" ohne plumpe "Leichtverständlichkeit" entstünde hier für mich z. B. durch eine Formulierung wie "Und ragt das Schweigen in den Widerhall / der kleinen Schritte, die der Tag verkürzt". Mein Sermon klingt jetzt alles wieder furchtbar krittelig... aber 1. finde ich das Gedicht bei allem Detailgemoser ungemein anregend und 2. kritisier ich nur rauf-und-runter, als gäbs kein Morgen mehr, wenn ich finde, ein Gedicht ist es wert. |
05.03.2018, 18:25 | #7 |
ADäquat
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Hi Eisenvorhang,
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05.03.2018, 23:03 | #8 |
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Hi Chavali, Sufnus,
ich denke, wenn ich es irgendwann schaffe, etwas mehr Klarheit für andere zu schaffen, wäre das ganz gut. Trotzdem möchte ich mir treu bleiben - denn meinen Gefühlen und Bildern Worte zu verleihen ist mir doch die größte Freude. @Sufnus Ich möchte mich bei dir bedanken. Deine Kritik ist eine mit der besten überhaupt. Du kommst an mein Ufer und versuchst mich von da abzuholen und dann verwebst du konstruktive Kritik, die reichhaltig und klug ist. Ich fühle mich gesehen, ernst genommen und respektiert und erkenne die helfende Hand. Für mich als Dichterneuling ist es relativ schwer, weil ich auch klare Ziele verfolge. Ich schreibe also nicht nur des Ventiles wegen, sondern auch, weil ich irgendwann eine gewisse Qualität erreichen möchte, weil ich spüre, dass in mir etwas irgendwie drückt - eine Art Drang. Hier in meiner Region gibt es keinerlei Möglichkeit mich in dem Bereich zu bilden, auch habe ich keinen Freundeskreis, der die Leidenschaft mit mir teilt. So bleibt nur das Internet und natürlich das Buch als Solches. Im Internet ist es nur leider so, dass man oft auf Destruktives trifft oder ausgeprägtem Egozentrismus und manchmal leider auch Neid. Oder nur Lob, was ja sicherlich wundervoll ist, aber einem nicht weiterhilft, wenn man wohin möchte. Ich weiß, dass mein Weg noch weit sein wird - wird er je enden? Wird der Weg eines jeden je enden? Für mich ist das Dichten wie die Dämmerung - sie erblüht jeden Tag in einer anderen Gestalt und trennt die scheinbar wehen Zeiten voneinander und doch verbindet sie alles. Sie ist derart immanent wie der Begriff der Liebe. Liebe ist liebe ist liebe ist liebe. Zu deinen Gedanken: "schleichend" ist absichtlich verwoben. Ich wollte ein leises und dunkles Bild um eine Figur schaffen. Nur wollte ich "leise" nicht verwenden. Kann man sich den Weg durch die Nacht nicht schleichend bahnen? Hm, gute Frage... Das Echo und der Widerhall - ich feile weiter daran, weil du recht hast. Hab tausend Dank für deine Gedanken, damit kann ich arbeiten. vlg EV Geändert von Eisenvorhang (05.03.2018 um 23:09 Uhr) |
06.03.2018, 15:15 | #9 |
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Ich bedanke mich fürs Bedanken und Bedenken und den fruchtbaren Austausch!
Du hast geschrieben, dass Du "irgendwann eine gewisse Qualität" erreichen möchtest. Was meinst Du damit genau? Oder eher: weißt Du schon, was Du damit meinst? Geht es Dir darum, dass Du zu einem Punkt kommst, an dem Du sagst, jetzt ist (für Dich) keine weitere Verbesserung im Rahmen der formalen und inhaltlichen Vorgaben mehr möglich? Oder geht es eher darum, etwas Neues zu schaffen? Also: Vollendung oder Innovation? Mit dieser Frage hängt eng zusammen, wie Du Dich zur "Klarheit" stellen möchtest. Wenn Du schreibst, dass Du "irgendwann mehr Klarheit für andere" schaffen möchtest, höre ich einen gewissen Wunsch heraus, ein Publikum zu "erreichen". Ist das so? Dann wäre es m. E. äußerst wichtig, sich klarzumachen, welcher Art dieses Publikum sein soll: In exponentiell abnehmender Zahl sind das: Der "Mensch auf der Straße" (deutschsprechender Anteil der Weltbevölkerung) oder die Anhänger traditioneller Lyrik (geschätzt ein knapper sechsstelliger Haufen) oder die Leser "neuer" Lyrik (Enzensbergersche Konstante: 1354 Mitmenschen) oder die "Influencer" des Literaturbetriebs (geschätzt vielleicht 100 bis 200 Leute). Nur so ein paar Gedanken aus dem Dunstkreis: Wenn man seinen Weg gehen möchte, muss man erst mal wissen, wo man überhaupt hin will. |
06.03.2018, 16:15 | #10 |
Gast
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Hi Sufnus,
ich hole etwas aus und versuche die Information komprimiert zu halten. Die Lyrik liebte ich schon als Kind und Jugendlicher, allerdings in Gestalt der Prosa und auch nur für mich. Ich weiß noch, es liegt viele Jahre zurück, ich war um die dreizehn Jahre alt, stand ich mit einer Freundin auf einer Brücke über einen Bach und sie sagte zu mir: "Wie schön der Bach plätschert". Ich erwiderte: "Es ist kein Plätschern, es ist ein Perlen". Ich verlor mich unzählige Nächte tief in solchen Vorstellungen. Irgendwann zeigte ich ein paar Prosazeilen einen Mitschüler, was ein Fehler war, weil ich ausgelacht wurde und daraufhin der "Schulschwuli" war. Ich hörte sofort auf mit schreiben und seither ruhte es viele Jahre, bis letztes Jahr Anfang April, wo ich mich hier erstmalig anmeldete. Im Sprachunterricht war ich auch sehr schlecht, ich hasste nur noch die Schrift. Als ich noch studierte, gegen 2016, vergaß ich im Vorlesungsraum mein Heftchen, in dem wenige Zeilen von mir geschrieben standen. Der Professor fand es und kontaktierte mich mit Email. Nicht nur das Finden des Heftchens war ein Zufall, sondern auch, dass er selbst Literatur studiert hatte. Was ich aber damals noch nicht wusste. In einer Email riet er mir mit Nachdruck dazu, mich ernsthaft der Lyrik zu widmen. Ich solle Metrik lernen und mich mit allen großen Dichtern auseinandersetzen. Er schlug sogar private Treffen für Gespräche vor, denen ich allerdings nicht mehr nachkommen konnte, weil ich da schon wieder in der Heimat wohnte und sowieso ziemlich ausgelaugt war. Ich kam dem aber nicht nach und erst letztes Jahr mit dem Gesamtwerk von Hesse und Rilke, welche zufällig in meinen Händen landeten, entbrannte endgültig die Liebe zur Schrift in mir. Anfang Mai erkrankte dann meine Mutter schwer und ich hörte erneut mit schreiben auf. Jetzt habe ich allerdings wieder sehr viel Zeit und es gibt nichts, was mich aufhalten kann. Meine Ziele sind: - Werke zu verfassen, die kaum Korrektur in Schrift bedürfen - Ich will lernen ausdrucksvoll und flexibel im Sprachlichen zu werden und gut zu verdichten - dem Nötigsten wahre Schönheit verleihen - Ich will lernen geduldig zu sein und an Gedichten zu arbeiten, im Moment schreibe ich um die fünf Gedichte pro Tag, was ich eigentlich nicht gut finde - "gut Ding will Weile haben" - Ich will nicht klar für ein Publikum schreiben, aber mit Zeilen berühren - die Leser sollen sich berührt fühlen, auch wenn sie nicht sofort wissen, was sie berührt... - Vielleicht schaffe ich es irgendwann mehrere Bände zu veröffentlichen - Ich möchte es schaffen, mich in versierten Kreisen respektiert und geschätzt zu wissen, als autonomer Dichter, der in keinerlei Schattierung von jemandem steht.. Ich weiß nicht, ob ich das alles schaffen werde, aber ein was weiß ich definitiv: Ich kann es schaffen, wenn ich nie aufgebe und fleißig bin, weil noch kein Meister vom Himmel fiel. Danke, für Dein Interesse! Geändert von Eisenvorhang (06.03.2018 um 16:20 Uhr) |
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