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02.05.2018, 07:48 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Verschleierung
Verschleierung
Zwei Augen ohne Körper und Gesicht, sie wandern schweigend auf und ab im Haus, gespenstisch wie ein Schemen sehn sie aus und huschen schüchtern durch das Dämmerlicht. Der Körper wurde nur geschlagen und missbraucht, drum ging er mit der Weile fort, und das Gesicht hat sich zerweint, und dort wo Liebe war, liegt eine Seele wund. Doch manchmal hüllen sich die Augen in ein schwarzes Tuch mit einem Schlitz darin, das schwer und sittsam bis zum Boden fällt, um montagmittags in die Stadt zu gehen. Und jeder, der es sieht, kann etwas sehen, was man für eine Frau in Burka hält. Alte Version: Verschleierung Zwei Augen ohne Körper und Gesicht, sie wandern schweigend auf und ab im Haus, gespenstisch wie ein Schemen sehn sie aus und huschen schüchtern durch das Dämmerlicht. Der Körper wurde nur geschlagen und missbraucht (von ihrem Mann), drum ging er fort, und das Gesicht hat sich zerweint, und dort wo Liebe war, liegt eine Seele wund. Doch manchmal hüllen sich die Augen in ein schwarzes Tuch mit einem Schlitz darin, das schwer und sittsam bis zum Boden fällt, um montagmittags in die Stadt zu gehen. Und jeder, der es sieht, kann etwas sehen, was man für eine Frau in Burka hält.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (04.05.2018 um 11:15 Uhr) |
02.05.2018, 16:54 | #2 |
TENEBRAE
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Hi Thomas!
Ergreifend! Ein enorm starkes Bild! Details: S1Z1 - Komma anch "Augen" überflüssig. S1Z2 - Können Augen "gehen"? Ein passenderes Vokabel wäre anzudenken. S2Z2 - Das "drum ging er fort" bezieht der Leser erst mal automatisch auf den Mann. Da sollte man über eine klarere Formulierung nachsinnen. S2Z3 - Komma ans Zeilenende. S3Z2 - Komma nach "Tuch" überflüssig. S3Z3 - "das" S4Z2 - Wortwiederholung "sieht/sehen". Meine Vorschläge: Zwei Augen ohne Körper und Gesicht, sie treiben schweigend auf und ab im Haus, gespenstisch wie ein Schemen sehn sie aus und huschen schüchtern durch das Dämmerlicht. Der Körper wurde nur geschlagen und missbraucht von ihrem Mann, drum floh er fort, und das Gesicht hat sich zerweint, und dort, wo Liebe war, liegt eine Seele wund. Doch manchmal hüllen sich die Augen in ein schwarzes Tuch mit einem Schlitz darin, das schwer und sittsam bis zum Boden fällt, um montagmittags in die Stadt zu gehen. Und jeder, der sie schaut, kann etwas sehen, das man für eine Frau in Burka hält. Der Clou daran ist, dass man erst mal glaubt, es ginge an und für sich um eine Muslima und eine Burka, wenn man "nur Augen" sieht. Da wollte ich auch schon einwenden, dass die islamische Frau daheim eben keine Burka trägt, nur außerhalb oder vor Gästen. Dem Fehlschluss unterlag ich auch wegen der missverständlich auf den missbrauchenden Mann beziehbaren Formulierung in S2Z2. Der "Hammer" kommt erst mit der Conclusio, wenn der (unaufmerksamere) Leser erst erkennt, dass es gar nicht um die Burka geht - sie dient nur dazu, ein Symptom zu verbergen, und war anfangs auch gar nicht gemeint! Sehr gern gelesen und bewundert! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (02.05.2018 um 22:48 Uhr) |
02.05.2018, 19:48 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Erich,
du bist mir als Leser eine große Freude, nicht nur wegen der Korrekturen, sondern vor allem, weil du (hier in der zweiten Hälfte deines kommentars) tiefes Verständnis für das Geschriebene zum ausdrck bringst. Herzlichen Dank. Liebe Grüße Thomas P.S.: Dass der Mann "darum" fortgehen würde, wäre eher unwahrscheinlich. Aber die von dir entdeckte Ambiguität finde ich gut.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
02.05.2018, 22:50 | #4 |
TENEBRAE
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Schön, dass sich diese Doppeldeutigkeit auch im Titel niederschlägt - sozusagen eine doppelte "Verschleierung" ...
LG, eKy
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03.05.2018, 08:01 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Erich,
nochmals Danke. Liebe Grüße Thomas P.S.: Ich habe inzwischen noch eine Änderung vorgenommen, um doch die von Erich angesprochene Ambiguität in der zweiten Strophe zu beseitigen.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (04.05.2018 um 11:18 Uhr) |
04.05.2018, 11:45 | #6 |
TENEBRAE
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Jetzt ist es perfekt! Schönes Ding! Erneut (vom lyrischen Standpunkt) höchst beseelt gelesen!
LG, eKy
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04.05.2018, 21:33 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Erich,
danke. Liebe Grüße Thomas
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05.05.2018, 12:47 | #8 |
ADäquat
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Lieber Thomas,
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05.05.2018, 18:50 | #9 |
TENEBRAE
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Hi Chavi!
Ich habe mir den Artikel "Burka" gelesen. Vieles kannte ich schon, zB dieses abartige "Buhlknabentum", dazu hatte ich vor Jahren eine Doku gesehen. Die absolut gestörte, unterdrückende und unsäglich unnatürliche Art des Ehelebens dort war aber sogar für mich, einen seit Jahren lautstarken Ablehner des strengen Islams und der anhängigen "Kulturen", ein echter Schock! Interessant, dass politische Grausamkeit dieser Art sofort weltpolitisch ausgegrenzt und kriegerisch bekämpft wird (zB Nazis), bei jahrhundertealter "Kulturtradition" oder gar "Religion" hingegen schweigt man lieber betreten und hüllt sich in respektvolles Schweigen! Vom "arabischen Frühling" halte ich wenig. Für die Frauen änderte sich praktisch nichts - von innerkulturellen Revolutionen ist da also wenig zu erwarten - zu groß und übermächtig sind der Druck von Religion, Patriarchat und Tradition, die hier zusammenwirken! Ich halte den extremen Islam für ziemlich unreformierbar. Wo die Mullahs bestimmen, was die Menschen "wissen" dürfen, bleibt selbst das Internet eine geheime Plattform für ein paar hilflose "Umstürzler", und der Westen wird zum gefälligen Feind stilisiert, der die ach so wertvolle Lebensweise (der Männer) bedrohe, der diesen Rebellen einrede, Allah und der Koran wären nicht die ultimative und einzig gültige Wahrheit. Wenn also "die ganze islamische Welt" sich gegen jene von außen Eingreifenden wenden würde, die ernstlich versuchten, diese Missstände auszumerzen und die Geknechteten zu befreien, dann ist eben "die ganze islamische Welt" ein überholtes Unding und nicht wert, fortgesetzt zu werden! Wenn die Menschen dort selbst nicht fähig sind zu differenzieren oder humanistisch zu denken, dann weg mit dieser "kulturellen" Unsäglichkeit, genauso wie die Nazis aus Deutschland: Die Krankheit gehört ausgebrannt, um weiteres Wuchern und das Leiden Ungezählter zu beenden! Ich weiß, diese Ansicht ist nicht gesellschaftsfähig. Ich gehöre allerdings nicht zur Gesellschaft, vielleicht sehe ich darum viele Dinge unbeteilgt klarer, schaue ihren Wesenskern ohne das ganze soziale Lametta drumherum. Es wird also weitergehen. Die Nazis wurden ja auch aus politschen Gründen und in Notwehr bekämpft, ihre Greuel wurden erst nach dem Krieg so richtig publik. Auch heute scheren die Unterdrückten im extremen Islam keine Sau im Rest der Welt. Da geht es nach wie vor um politische oder wirtschaftliche Belange. Gerechtigkeit bleibt zahnlos. Frauen werden weiter versklavt, verprügelt, misshandelt, "beschnitten" und jungfräulich vernäht oder verstoßen, und neunjährige Knaben, die das Pech haben, niedlich zu sein, werden weiterhin "tanzen" lernen und ihre Schließmuskel trainiert bekommen! Soviel zum "Wert der Kultur" ... - ich könnte kotzen! LG, Ky
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06.05.2018, 09:06 | #10 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Liebe Chavali,
ob da Burka steht oder Niqab ist meiner Meinung nach nicht wichtig, ja es könnte sogar Netzmantel oder Bikini stehen, denn bisweilen ist sogar die nackte Haut eine Verschleierung. Es geht mir um eine Metapher für etwas, das es wahrscheinlich in allen Kulturen gibt. Liebe Grüße Thomas
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