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Alt 21.09.2009, 13:04   #1
Seeglitzern
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Herbstzeitlosen

Mit seiner Feder unterstreicht er etwas, steht danach auf, geht zur Tür, nimmt seinen Hut vom Haken und geht.

Draußen leuchten die Herbstzeitlosen besonders stark. Der Kopf eines Gartenzwerges liegt zertreten auf dem schmalen Kiesweg.

Neben der Straße ein unbefestigter Weg, der zu einer Mülldeponie führt. Nächstes Jahr werden dort Reihenhäuser stehen.

Die Baumkronen wachsen bereits zusammen, es ist ein wenig düster; die Kastanien beginnen zu fallen. Ein kalter Schauer befällt, hier auf dem Weg.

Es schleift, hier auf dem Waldstück, es schleift und es raschelt.

Ein altes Waldgasthaus hat längst geschlossen. Ein umgestoßener Aschenbecher zeugt von einem verrauchten Leben.

Der Verkäufer aus dem Baumarkt legt sich schlafen. Er träumt heute gut. Wissen kann er es nicht.

Die Kassiererin im Supermarkt zieht die Flasche über den Scanner und lächelt. Sie denkt an Morgen.

Die Wäsche weht im Wind, ein Socken liegt zerknüllt im Gras. Eine Katze schleicht ums Haus und erstarrt wegen der Wühlmaus.

Der Herr im blauen Haus liegt im Bett und liest ein Buch. Sein Rücken tut weh; er steht auf und trinkt ein Glas Wasser, der Wasserhahn rinnt voll aufgedreht. Der Hahn wird zugedreht.
Schritte am Parkett, Schritte zurück ins Schlafzimmer, Schritte… hört man nicht.

Es schleift, bald am Ziel.

Alles geplant. Das Plastik versteckt das Blut, es hat sich an einer Stelle gesammelt bildet eine Lache, es bildet, ein letztes Mal.
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Alt 30.09.2009, 18:11   #2
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

hallo cori,

ein düsteres herbstbild hast du da komponiert - man ahnt es gleich, dass da noch etwas schlimmes nachkommt! mit knappen sätzen beschreibst du die umgebung und fängst so das gefühl der bedrohung meisterhaft ein.
wieso?
warum?
wer?
möchte man zu fragen beginnen.

an dieser stelle würde jetzt im fernseher irgendein insert erscheinen und das hautabendprogramm ginge los.
nicht für uns, hier! unsere neugier wird dahinwelken wie die herbstzeitlosen!

toll gemacht!
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.10.2009, 16:39   #3
Seeglitzern
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo Larin,

in dieser Geschichte ist ein Mord passiert, soviel erfahren wir. Wir erfahren auch, dass es ein Rundherum gibt. Auch, dass der Mann aus dem Baumarkt, wie immer, etwas verkauft hat, wo später die Leiche drin sein wird. Der Nachbar hat andere Sorgen und die Kassiererin verkauft Schnaps an den Mörder. Man hat doch immer die gleichen Bilder im Kopf und nie von denen, die unwissentlich beteiligt waren. Es gibt immer wieder Situationen, wo wir reingezogen werden, ohne, dass wir es wissen oder jemals erfahren. Seltsame Sache.

Danke für Deine Kritik, Danke.

Alles Liebe cori
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Alt 18.10.2020, 06:39   #4
Rotgold
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Mir erscheint das eher wie eine Art Haiku in Prosa als wie eine Kurzgeschichte.
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Alt 18.10.2020, 18:41   #5
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Zitat:
Zitat von Rotgold Beitrag anzeigen
Mir erscheint das eher wie eine Art Haiku in Prosa als wie eine Kurzgeschichte.

*Seeglitzern* ist schon lange hier nicht mehr aktiv, Rotgold. Leider.

Ich vermisse sie, weiß gar nicht, ob und wo sie noch schreibt...


LG Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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