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Alt 15.11.2009, 13:54   #1
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: SpreeAthen
Beiträge: 565
Standard Das Chorkonzert

Der a-capella Chorgesang
ist anders, als man sonst gesungen,
denn tragen muss der schlichte Klang,
den man den Noten abgerungen.

Die langen Töne zu gestalten,
geduldig, stetig crecendieren;
wenn man sie nur auf Zeit gehalten,
sie oft den Sinn nicht präsentieren.

Das alles kam nur selten vor,
als samstags das Konzert stattfand;
ein großer homogener Chor
sang wachsam an der Leitung Hand.

Auch die Dynamik war vom Feinsten,
piano man gut durchgehört;
Gesangskultur gab’s auch im kleinsten
fortissimo, nicht arg geröhrt.

Die „Tränen“ waren leicht gezwungen,
etwas gequält klang da der Schmerz;
bei „Freude“ man sich freigesungen,
da spürte man, es lacht das Herz.

Der Pepping, der war wunderbar,
nicht zu pathetisch, nicht gehetzt;
wenn auch die Tonart erst nicht klar,
war sprachlich er gut umgesetzt.

Und als der letzte Ton verhallt,
so wie er in den Raum gelenkt,
wenn innerlich die Faust geballt,
der Dirigent die Arme senkt,

dann fällt der Stein ganz von der Brust,
den man mit Bangen stets getragen,
denn zugleich auch mit großer Lust
schwang mit die Angst, hier zu versagen.

Das Publikum war sehr beseelt,
es klatschte froh, minutenlang,
wohl dankbar, dass es nicht gefehlt
hat im Ereignis mittenmang

der anspruchvollen, edlen Werke,
die hier heut warn hervorgebracht
mit Leitungskunst und Sangesstärke -
und ging beschwingt hinaus zur Nacht.
__________________
gestörte Kreise
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Alt 15.11.2009, 15:18   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Pfalz
Beiträge: 4.134
Standard

Lieber Archimedes,

welch ein Lob auf
a capella,

wenn auch hier rasch hervorgebracht?
Ich kann Dir im Tenor soo zustimmen!

Bei dem crecendieren mußte ich mich erst kundig machen. Sollte ich das richtig gelesen haben, bezieht es sich auf die Zwölftöner. (Die mir zu unharmonisch sind).

Die in der fünften Strophe erwähnten Titel kenne ich wohl nicht.

Dieser Darbietung wäre ich gern teilhaftig gewesen, weil geschulte Stimmen immer ein Genuß sind.

Des Dirigenten Qualen und Ängste kann ich sehr wohl nachempfinden.
Ebenso den "Vom Herzen gefallenen Stein".


Lieben Gruß
vom
musikliebenden
cyparis

(der in der alten Mode hängenblieb)
Leier ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.11.2009, 23:25   #3
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 5.637
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Lieber Archi,
ich bin ganz sicher, dass du unter den Chorsängern gewesen bist.
Wer einen Auftritt vom Lampenfieber an über den Verlauf bis zum erlösenden Applaus verfasst, verdichtet, der muss wissen, wovon er spricht.

Besonders gut:

Zitat:
Zitat von Archimedes
Die „Tränen“ waren leicht gezwungen,
etwas gequält klang da der Schmerz;
bei „Freude“ man sich freigesungen,
da spürte man, es lacht das Herz.
Ich habe einst Chöre und Orchester auf Konzertreisen als Dolmetscherin begleitet. Kein Vergleich mehr zu den Konzerten, die ich davor besucht habe.
Ich erlebte ihre Aufregungen, ihr Lampenfieber, ihre Eitelkeiten und weil ich meist auch bei den Proben gewesen bin, auch die Patzer bzw. die Anpfiffe, die vom Dirigenten kamen.
Seither höre ich die Menschen und ihre "Arbeit" viel intensiver an und sehe viel mehr in ihren glücklichen Gesichtern zum Schluss.

Mit deinem Gedicht hast du mich in jene Zeiten zurück versetzt, danke.
Gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 16.11.2009, 01:09   #4
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: SpreeAthen
Beiträge: 565
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Liebe cyparis, liebe Dana, das Gedicht ist quasi die "Kritik" auf das a-capella-Konzert eines Chores, der sonst Oratorien und Kantaten von Bach singt, nämlich dem Bach-Chor. Deshalb Z2: "ist anders, als man sonst gesungen". Das haben sie aber sehr gut gemacht.

Crecendieren tut man, wenn man ein crecendo ausführt, also allmählich lauter wird. Und mit "Tränen" und "Freude" ist eine Motette von Heinrich Schütz gemeint:"Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten." Hierbei besteht die ganze Motette aus diesem einen Satz. Schütz setzt im ersten Teil des Satzes lange, getragene Noten (Töne) ein, während im zweiten Teil fröhliche, kurze Noten bevorzugt werden. Mit "Pepping" ist eine sogenannte "dramatische Evangelienmotette" von Ernst Pepping " Jesus und Nikodemus" gemeint, die rhythmisch und intonationsmäßig schwierig ist. Ich habe nur diese beiden Stücke in die gereimte Kritik einbezogen, das Gedicht wäre sonst zu lang geworden.

Da ich selbst aktiv in zwei Chören singe, sind mir "Aufregungen, Lampenfieber und Eitelkeiten" wie Dana es schön formulierte hinreichend bekannt und deshalb auch als Zuhörer nachvollziehbar.

Ich danke euch für die netten Kommentare und Grüße Euch
Archimedes ...der mit den klingenden Kreisen
__________________
gestörte Kreise
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Alt 16.11.2009, 19:05   #5
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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lieber archimedes ,

als ehemalige chorsängerin kann ich aufregung, lampenfieber und sängerstolz sehr gut nachempfinden. überhaupt ist das gruppenerlebnis beim mehrstimmigen singen ja ein ganz besonderes. nicht nur, dass man töne mit dem körper produziert, man nimmt sie auch mit diesem wahr und gerät dadurch in seiner gesamtheit ( körper, seele und geist) in schwingung!
manchmal hebt man dabei innerlich sogar ein wenig ab.

a capella ( also ohne instrumentale begleitung) erfordert besondere präzision und genauigkeit beim singen, weil man von der intonation her werde "steigen" noch "fallen" darf ( eine verschiebung um einen viertelton klingt dann etwa so, als wäre das ganze stück in "schiss-moll" geschrieben...)

ach, da hast du aber jetzt eine menge erinnerungen bei mir geweckt!
das waren noch zeiten.....

verzückt lauschend der musik und ihren betörenden kängen,
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.11.2009, 20:50   #6
Medusa
Gesperrt
 
Registriert seit: 08.02.2009
Ort: Berlin
Beiträge: 2.213
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Lieber Archimedes,

bisken laaang, wa? Aber ich weiß ja, wie das ist: Erst die Mutter, dann das Söhnchen. Das Lampenfieber und die Erleichterung sind gar nicht besser zu beschreiben, haste toll jemacht!

Chorkonzerte sind etwas ganz Besonderes. Wenn ein Chor es schafft, den Zuhörern alle Angst zu nehmen, das etwas nicht klappen könnte, dann ist er richtig gut!
A capella sowieso!

Sehr, sehr gern gelesen und mich an vergangene, schöne Zeiten erinnert.

Herzliche Grüße,
Medusa.

Geändert von Medusa (16.11.2009 um 21:36 Uhr)
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Alt 16.11.2009, 21:16   #7
Klatschmohn
MohnArt
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: RLP
Beiträge: 1.949
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Lieber Archi,
da wäre ich wohl gerne dabei gewesen, ich habe auch lange gesungen, aber meine Stimme ist ein bisschen tiefer geworden und die Lieder ein bisschen höher, da lässt das Vergnügen am Singen deutlich nach.
A`Capella, so dachte ich, sind doch meist kleinere Gruppen von Sängern, also ein kleiner Chor, der alle Stimmen, samt Begleitung ausführt. Wenn Du dabei bist - Hut ab, bist Du ein Klasse-Sänger. Bist Du aber sowieso. Hab es schon vernommen, (bis der Kopf sich verkühlte)
Liebe Grüße,
Klatschmohn
__________________

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