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14.01.2012, 22:56 | #1 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
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Scharade
Scharade
Noch schicksalhafter als ein naher Tod ist, was mir eine magischschwarze Nacht in einem Vollmondtraum leibhaftig bot. Im Sternenflug auf einer Flammenyacht befahl es mich durch alle Dimensionen zum Zentrum einer unbekannten Macht. Am Eingang wachten brennende Dämonen mit Strahlenschwert im Feuerfederkleid und über ihnen tanzten Elektronen. Zum Firmament hob sich der Strom der Zeit durch alle Galaxien und bizarr verschmolzen Zukunft und Vergangenheit. Und alles ruhte schrecklich still und starr - aus meinen Augen rann ein Spiegelbild und hier war ich und drüben stand ein Narr. Sein glockenhelles Lachen klang so mild und freundlich war die grüßende Gebärde, so wissend war sein weiser Blick und wild entsprangen seinen Händen stolze Pferde und aus des Raumes Tiefe malte er für sie das Abbild einer weiten Erde. Ein grünes Land entstand, ein Berg, ein Meer und immer wieder wechselten die Szenen und alle Rosse liefen dort umher. Der Wind der Freiheit sog an ihren Mähnen, es schien, als ob sie dieses Glück empfänden und aus des Narren Augen lachten Tränen. Zwei Zähren hielt er in den Zauberhänden- ein Atemhauch, zwei Blitze, zwei Gestalten, sein größtes Werk begann sich zu vollenden. In Auren, welche flirrend sie umwallten, entstanden edle Körper und Gesichter, um sich in ganzer Schönheit zu entfalten. Ganz sanft entließ er die Bewusstseinslichter in seine große Weltensymphonie und schuf für seine Melodien Dichter. Gefangen in der eignen Fantasie, vernahm ich, wie er meinen Namen rief und ich erkannte mich in der Magie. Die Flammenwächter beugten sich ganz tief, der Weg war frei zu meines Wesens Innern, doch alles zog vorüber, weil ich schlief. Und ich, ich konnte mich an nichts erinnern. ... Die Lebenstage ziehen in die Ferne, der Wille wird schon schwächer, doch das Herz erbebt beim Anblick der allabendlichen Sterne. Ein tiefes Seufzen senkt sich himmelwärts, die Freiheit meines Geistes lauscht gebannt den letzten Tönen eines Weltkonzerts. Zwei Tränen ruhen still in meiner Hand. Falderwald . .. .
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
15.01.2012, 20:42 | #2 | |
ADäquat
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Hallo Faldi,
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16.01.2012, 18:03 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Faldi,
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© Bilder by ginton Ich fühle, also bin ich! Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi) nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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16.01.2012, 22:52 | #4 | |
Lyrische Emotion
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Hallo zusammen,
ich habe momentan so einen Output, daß ich es kaum schaffe, hinter euren netten Kommentaren herzukommen, geschweige denn selbst kommentieren zu können, verspreche aber, mich jetzt erst mal zurückzuhalten und Letzteres nachzuholen, wenn ich alles beantwortet habe. Danke euch allen... Hi Chavi, ich erlebe gerade die Renaissance einer neuromantischen Phase über mich kommen... Die Scharade ist ein Worträtsel, bei dem die Begriffe pantomimisch vorgespielt werden müssen. Und so besteht auch der größte Teil des Textes aus Bildern und bildlichen Darstellungen. Das LI führt resümierend durch einen Traum und trifft in einer fernen Welt auf einen Narren, der quasi aus ihm selbst entspringt. Es ist sein Spiegelbild und es führt ihm etwas ganz ohne Worte vor. In dieser Welt ist er (während des Traumes) gefangen und er muss feststellen, daß er selbst der Initiator dieses ganzen Spektakels war. Seine Fantasie war die treibende Kraft. Sie erschuf Lebewesen, die Pferde, eine Welt für sie und an ihrem Wohlbefinden war zu erkennen, daß sie gelungen war. Neue Wesen wurden erschaffen, Geist ihnen eingehaucht und somit waren Gefährten vorhanden, die dieser Sinfonie Bewusstsein und Worte brachten. Somit hatte sich die Fantasie seines freien Geistes eine eigene Welt erschaffen, zwar nur eine Fantasiewelt aber es war die Fantasiewelt des Dichters und zeigt somit, daß in der menschlichen Vorstellung alles möglich ist. Das ist die göttliche, die treibende, die kreative Kraft in jedem Menschen und sie kann konstruktiv oder destruktiv eingesetzt werden. Jeder besitzt sie, nur die meisten haben es vergessen und können sich nicht daran erinnern. Und so geht die Zeit vorüber... Ein wenig mehr steckt noch dahinter, aber das möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten, denn vielleicht wollen noch andere Kommentatoren ihre eigene Fanatsie mit einfließen lassen und diese Welt erkunden. Zitat:
Moin gin, ja, es ist eine Ballade, so ist es jedenfalls gedacht. Sie beinhaltet die Fantasie eines Traumes, so wie sich der Dichter einen großen Traum vorstellen würde. Die angesprochene Szene aus "Herr der Ringe" ist wirklich stark und man kann sie bei YouTube unter "Der Fall des Biestes" einsehen. Aber im Gegensatz zu dort findet hier ja kein Kampf statt, sondern meine Dämonen gehören mehr zu den szenischen Requisiten. Es sollte erst einmal eine bedrohliche und gigantische Atmosphäre aufgebaut werden und die Dämonen sind letztlich nicht mehr, als die eigenen, inneren Dämonen, die dir den Zugang zu dir selbst versperren. Wenn du das erkannt hast, verschwinden sie, bzw. geben dir den Weg frei. Eine Fantasie? Ein Traum? Beides vielleicht, aber auf jeden Fall Stoff genug für eine kleine Ballade... Vielen Dank für eure Kommentare und das Lob... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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22.01.2012, 21:38 | #5 | |
Slawische Seele
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Lieber Faldi,
deine Scharade ist ein Sog. Der Leser taucht in einen phantastischen Bilderstrudel, wie man ihn farbenfroher und prächtiger nicht gestalten kann. Anfang, Ende und Neubeginn der Welten kreisen in Dimensionen, Gedanken und Gefühlen. Mit Welten meine ich die realen in der Unendlichkeit und die vielen eigenen in unserem Innern. Dein Gedicht habe ich mehrfach gelesen und jedes Mal vor Begeisterung tief durchatmen müssen. Doch ist dir noch mehr gelungen: Die Bedeutung und Deutung des Narren. Gegooglet erkennt man die ständig wandelbare Betrachtung. Man nahm sich seiner als Besitz an zur Unterhaltung und wertete ab, sobald er, der Narr, etwas sagte oder spielte, was nicht der ihm auferlegten Hofierung entsprach. Ging es um Wahrheit, die er ironisch und treffsicher gegen den Hof vorbrachte, verlor er seinen "Posten" durch eben solche Possen. Wendete er die Ironie auf Feinde des Herren an, ging es ihm gut - welch eine Ironie in Ironie. Der Narr, der Bajazzo, der Clown sind aber auch Figuren, die sich eine wertvolle Kindlichkeit erhalten haben, die Erwachsene schnell und unklug ablegen. Einzig aus diesem Grunde kommt er bei den "Großen" nicht mehr so an, wie er es sollte. Sie wähnen sich erhaben in Stumpfheit und Sturheit, verlieren Leichtigkeit, Gelassenheit, Fröhlichkeit und Unvoreingenommenheit. Bemänteln sich mit Arroganz, Eitelkeit und Ignoranz. Du hast den Narren anders ins Spiel eingebracht. Er taucht erst nach der Nacht, nach den Dämonen, nach Dimensionen auf - schön, unbedarft und zu einem Neubeginn einladendend - wie es nur ein Kind kann. Er erschafft ein Land, Pferde und zwei Gestalten. Für mich stehen die zwei Gestalten für eine neue, ersehnte Menschschaffung, die nicht real gemeint ist. Die Menschen sind da und sollen es bleiben. Sie sollen sich nur erinnern. Erinnern, was in ihnen tief verborgen ist: Zitat:
Mir ist, als dürften sie nun getrocknet werden. Gern vertieft und abgetaucht - gern zum Narren gesellt. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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01.02.2012, 23:43 | #6 |
Lyrische Emotion
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Liebe Dana,
der Narr begründet seine Sonderstellung darin, daß er keinen festen Platz in der Gesellschaft besitzt und sich deshalb auch keinen Normen verpflichtet fühlt. Es gab Zeiten, da wurde er sogar in die Nähe des Teufels gerückt. Da der liebe Gott die Menschen ja nach seinem Bilde erschuf, konnte solch eine nutzlose, unvollkommene und verkehrte Kreatur niemals sein Ebenbild sein. Ich bin fast geneigt zu sagen, daß Narren zu solchen Zeiten sogar die weisesten Menschen gewesen sein müssen, weil sie diesen Unsinn ganz bestimmt nicht geglaubt haben. Eben deshalb waren sie ja Narren, die einen Spiegel bei sich trugen, weil sie selbstverliebt waren und Gott nicht erkannten. Daran kann man wieder einmal erkennen, wo die Dummheit eines Glaubens hinführen kann, wenn irgendetwas bestimmten Dogmen widersprach. Es gab aber auch Zeiten, da hielten sich Städte oder Höfe ihre Narren, die als sozialkritische Figuren eine Aufgabe zu erfüllen hatten. Man konnte sich ja damit herausreden, daß die Worte eines Narren nicht ernst genommen werden könnten. So entstand die sogenannte Narrenfreiheit. Ich habe den Narren hier als Metapher gewählt, weil in jedem Menschen ein Narr steckt und er dennoch einzigartig ist. Und selbst ein so "minderwertiges" Wesen wie er, repräsentiert die Kraft des Lebens und der Natur, weshalb er in diesem Text zum Schöpfer von Welten und Lebewesen wird, wenn auch nur in der Phantasie. Aber gerade die Vorstellungskraft ist es, was die Menschen auszeichnet, was einen Menschen erst zum Menschen macht. Ob gut oder böse lassen wir mal dahin gestellt sein, hier geht es nicht um irgendwelche moralischen Prinzipien, sondern ganz alleine um das Bild für sich. Ich freue mich, wenn du Spaß daran hattest und mit mir und diesem Text ins innere und äußere Universum abtauchen konntest. Ja, die Tränen dürfen trocknen, aber vertrocknen dürfen sie nicht, niemals. .. . Vielen Dank für deine Rückmeldung und das Lob... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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11.02.2012, 20:49 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hmmm,
was für eine schöne melodie klingt da zwischen und durch die zeilen - sehr geheimnisvoll und magisch! für mich könnte das gedicht deshalb schon bei " konnte mich an nichts erinnern" enden. der zauberer im innern, der unbewusst bleibt - und der doch alles formt und gestaltet, ohne dass wir wissen müssten, wie : eine schöne metapher für das leben hast du da gefunden! ich bin ganz hingerissen. liebe grüße, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
13.02.2012, 20:40 | #8 |
Lyrische Emotion
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Servus larin,
oh, das liest man wirklich gerne... Eigentlich war der Text ja auch nach der von dir zitierten Zeile schon am Ende. Ich las ihn mehrmals durch und dann flossen mir die nächsten Zeilen wie von selbst aus der Feder, dagegen konnte ich mich gar nicht wehren. Und da sie ja auch im direkten Bezug zum vorhergehenden Text stehen, konnte ich mich nicht dazu überwinden, sie vom Rest zu trennen. Wir haben zuerst den fantastischen Traum, der in Vergessenheit versank und dann den Protagonisten, der ein kleines Resümee zieht und feststellt, daß er immer noch innerlich erbebt, wenn er zu den Sternen schaut. Vielleicht ahnt er etwas, an das er sich nicht mehr erinnern kann... Das musste irgendwie dazu, ich konnte nicht anders. Der Text war eh schon ziemlich lang... Ja, die Metapher für das Leben hast du schön herausgestellt. Und wir müssen wirklich nicht immer wissen, wie etwas funktioniert... Vielen Dank für Kommentar und deine Gedanken, und daß du dich hast hinreissen lassen... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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