18.01.2018, 01:14 | #1 |
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Versuch einer kleinen Verslehre
Dem Zügel des Rosses vergleich ich das Metrum,
die Sprache zunächst dem lebendigen Fohlen, das ohne Kandare und sonstigem Zaumzeug die Freiheit genießt und die höhere Schule des Reitens erst später erlernt. „Hoppla hopp, mein Pferdchen lauf Galopp!“, so klingen fröhlich erste Kinderreime, „aber brich dir nicht die Beine!“ Springt das Pony taktvoll weiter, freut sich jeder Reiter: Der Trochäus ist gelungen, Pferdchen, du bist gut gesprungen! Das höchste Glück für Menschenkinder findet sich auf Pferdes Rücken, doch manchmal purzelt jäh ein Reiterlein vom flotten Pony runter und humpelt mühsam, schmerzverzerrt die Miene, Richtung Stall davon. Den Jambus hat es zwar entdeckt, doch lieber wär es doch geritten. Den geübteren Reitern gelingts im gestreckten Galopp die gefährlichsten Hürden mit Schwung und gekonntem Geschick im rasantesten Tempo zu nehmen. Der Zuschauer staunt: Die geschwinden und schwierigen Päste mit Vornamen A (na), sie gelangen dem Reiter mit einiger Mühe und Glück. Am Abend, die Pferde warn längst schon im Stall, erklang in der Scheune die Fiedel und auch die Schalmei, Die Reiter erwählten zum Tanze und Tandaradei ihr Mädchen und tanzten den Walzer und allüberall vernahm man die Stimmen Verliebter: Im Amphi, dem Brachys, da lässt es sich wundervoll tanzen und lieben. Liebst du den Walzer, du Schöne, du Feine, dann schwinge das Röckchen und dreh dich im Kreise, bewege die Beine im Takte der jubelnden Geigen, vermeide die Tritte auf wirbelnde Füße und wieg dich im Rhythmus der blauen und wogenden Donau und schon bist du strahlender Stern auf den Dielen des blanken Parketts und von allen beneidet. Als erstes greif zu Jamben, lass das Reimen, genügend sind fünf Füße bei den Versen und du erlernst mit Freude Jamben schreiben. Dann wechselst du, o Dichter, flugs den Rhythmus und traust dich mutig an den nächsten Versfuß. Stolz erhobnen Hauptes kommen flugs aus der Feder aufs Papier; zur Freude aller Leser kann der Dichter dann beginnen, Reime aneinander reihen oder kreuzweis zu versuchen: Erst mal jambisch, dann trochäisch, später sicher auch im Takt des Wiener Walzers oder auch im Polkatempo. Aber jetzt genug davon - beginnt zu üben. |
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