20.05.2018, 17:05 | #11 | |
ADäquat
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Zitat:
(Fettdruck von mir)
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. © auf alle meine Texte
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20.05.2018, 18:15 | #12 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Ihr Lieben,
an dem, was Terrapin sagt ist etwas dran, aber wie er es sagt zeigt, dass er noch nicht gut genug darüber nachgedacht hat. Ich werde jetzt nichts erklären, da ich nicht als oberlehrerhaft gelten will. Er wird es mit der Zeit schon selbst herausfinden. Nur so viel: Mit "Leiern" hat das nichts zu tun, man kann jeden Text "leiern", selbst Prosa, und den metrisch strengsten Text lesen, ohne zu leiern. Im konkreten Fall finde ich die (von Chavali angemahnte) zweite Zeile auch nicht besonders gut gelungen, da ich keinen poetischen Grund für die rhythmische Verschiebung erkennen kann. Laies Argument, dass er es "oft so macht" taugt nicht als inhaltliche Erklärung. Ich selbst bin für Erichs Korrekturen und Kommentare dankbar, obwohl ich oft andere Meinung bin. So kann ich mich selbst hinterfragen und ab und zu sogar etwas lernen. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (20.05.2018 um 22:55 Uhr) |
20.05.2018, 18:53 | #13 |
TENEBRAE
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Ich erinnere mich an eine Zeit vor gut 10-8 Jahren, als ich erste Forenluft schnupperte und mir damals heiße Dispute mit arrivierten Forendichtern lieferte. Damals war ICH Terrapins Ansicht, mit teils eben denselben Argumenten.
Im Laufe der Zeit hat sich meine Meinung interessanterweise fast umgekehrt. Heute stören mich Rilke's metrische Ungleichgewichte zum Teil, zumindest dort, wo sie leicht erkennbar sind. Zum Glück war er ein solches Sprachgenie, dass man seine "Taktlosigkeiten" fast nie als solche wahrnimmt. Ich fühle mich keinesfalls gekränkt durch opponierende Ansichten, vor allem, wenn ich sie selbst einmal geteilt habe. Auch den Umkehrschluß, nach dem laut getroffener Aussage metrisch korrekte Dichter nicht groß wären, kann ich nicht nachvollziehen - so hat Terrapin es gewiss nicht gemeint. Ich gönne jedem seine metrischen Ungleichgewichte, wenn er sie haben möchte. Ich zähle sie in meinen Kommis aber für den Fall auf, dass sie ungewollt und unbemerkt waren. Dass ich - zur Zeit - metrisch Korrektes präferiere, mache ich aber ebenfalls deutlich. Ob ich ein "großer" Dichter bin, möge bitte die Nachwelt entscheiden. Ich merke jedenfalls nichts davon: Keine Verlage stehen bei mir Schlange, keine Lyrik-Groupies vor meiner Türe, die ein Kind von mir wollen, ja nicht mal Fanpost ... Ehrlich - ich halte mein Schaffen im Vergleich der wirklich "großen" Namen für bestenfalls durchschnittlich. Außer natürlich, wenn sie "modern" schreiben, reimlos und atavistisch - dann sind sie natürlich nur schwachsinnige Möchtegernwichtige! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
20.05.2018, 20:50 | #14 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallöle Thomas,
mein Argument ist kein Argument und sollte auch keines sein, allein aus dem Grund, dass es meine subjektive Empfindung ist Für mich war die Betonung "wie sie blablabla" von Anfang an irgendwie natürlich. Deshalb passt es eben für mich so. Ich kann es tatsächlich ohne ein Haken lesen und das, ohne dass ich beim Lesen nachdenken müsste. Objektiv mag es sehr wohl falsch sein. Ich bin in keinster Weise ein Experte. Ich bin nur jemand, der versucht, metrisch sauber zu schreiben, und ich denke kaum über die Melodie von Wörtern nach. Auch deshalb, weil ich von der ganzen Theorie keinen Plan habe. Allgemein glaube ich, dass die großen Dichter meistens ihrem natürlichen Sprachgefühl gefolgt sind. Zumindest kommt es mir bei meinen Lieblingsdichtern so vor. Beste Grüße, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
20.05.2018, 22:44 | #15 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Lieber Laie,
wie das "die großen Dichter" gehalten haben, das weiß ich nicht. Aber Goethe zum Beispiel, der ein geniales Sprachgefühl hatte, hat sich sehr gründlich mit der Theorie auseinandergesetzt. So war für ihn das Werk "Versuch einer Deutschen Prosodie" von Karl Philipp Moritz (welches meiner Meinung nach heute noch sehr lesenswert ist, bei Amazon für etwa 20 Euro zu haben) die Ermutigung, die Iphigenie in jambische Form umzuarbeiten (nicht nur Lessings Nathan). Also: Wer kein Sprachgefühl hat, wird nie etwas wirklich Gutes schaffen, aber (meiner Meinung nach, und wohl auch Goethes Meinung nach) reicht Sprachgefühl alleine auch nicht aus. Liebe Grüße Thomas P.S.: Das "wie" hat nach dem Komma und am Zeilenanfang Ton, auch wenn dir es nicht so vorkommt.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
20.05.2018, 22:55 | #16 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hi Thomas,
ok, das glaube ich dir. Goethe war ja in allem Dingen sehr wissenschaftlich in seiner Herangehensweise. Zum "wie": Was genau ist der Grund für diese Betonung? Warum ist sie zwingend? Das würde mich interessieren. Gruß, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
21.05.2018, 07:54 | #17 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Laie,
es wäre natürlich besser, wenn du es selbst herausfinden würdest. Wie sprichst du z.B.: "Wie sie sich entheben." Oder "Ich sehe natürlich, wie sie sich…" ? Es ist aber nicht das Wort "wie" an sich. Da einsilbige Worte keine lexikalische Betonung haben, d.h. fast immer betont und unbetont sein können, ist erst einmal unklar, ob es Ton trägt. Die Betonung richtet sich vor Allem nach der "Umgebung" in der das Wort steht. Nun beginnt die zweite Zeile gleich mit fünf einsilbigen Worten. In dieser Umgebung wirkt beim Lesen vor allem das davorstehende Komma, bestärkt durch die (fast unhörbare) Pause des Zeilensprungs. Worte nach Pausen sind i.A. tontragend, was Sprecher bewusst zur Betonung nutzen, wenn sie monoton klingen wollen. Hinzu kommt die Wirkung der drei kurzen "i" am Zeilenanfang "wie sie sich", wäre der Vokal des zweiten Wortes lang, z.B. "wie schön sie" hätte das "wie" keinen Ton. etc. Hinzu kommt, dass es die zweite Zeile ist. Du denkst beim Schreiben in Jamben, der Leser kann das nicht wissen und muss es beim Lesen erst herausfinden. Am Anfang ist bei ihm das jambische Metrum noch nicht gefestigt. Stünde die Zeile etwas weiter hinten, wäre die leichte Tonbeugung unproblematisch. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
21.05.2018, 11:48 | #18 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Viele Dank, Thomas!
Deine Ausführungen helfen mir sehr. Ich werde deine Hinweise beherzigen. Ich habe eine Änderung vorgenommen. Das wie-Problem behebt es ganz gut, denke ich. Auch wenn es immer noch fünf einsilbige Wörter hintereinander sind. Für mehr reicht es aber im Augenblick nicht. Vielleicht mit etwas mehr Abstand zum Gedicht Beste Grüße, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
21.05.2018, 15:44 | #19 |
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Lieber Laie,
das ist eine gute Idee. Liebe Grüße Thomas
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