20.12.2018, 16:24 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Gegenwind
Der Wind schlägt ins Gesicht
wie ein Fehdehandschuh, stemme mich dagegen mit meinem Gewicht aber scheitere doch nur immer zu. Er wirft mich zu Boden, ich falle wie ein Stein und so weit weg ist das Oben, dass Stabil - und Gefestigt sein. Ich bleib einfach liegen, höre den Windlärm schallen, würde mich jetzt gern an dich schmiegen doch hab Angst noch mehr zu fallen. Ich muss jetzt aufstehen - scheiß auf das Risiko! Will wie ein Draufgänger draufgehen aber lebendig und froh! Geändert von Sebastian (23.12.2018 um 00:16 Uhr) |
20.12.2018, 23:45 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Stefan,
vielleicht wäre es gut, wenn du an dem Text noch etwas arbeiten würdest. Die Form ist nicht optimal. Da du Reime verwendest, nehme ich an, dass es kein Prosagedicht oder freie Lyrik sein soll. Wenn dem so ist, bewegst du dich in einer Form, in der eigentlich ein Metrum erkennbar sein sollte. Die Anzahl der Hebungen in deinem Text schwankt jedoch zwischen 2 und 5 pro Zeile. Da keine regelmäßige Füllung erkennbar ist (es gibt drei trochäische Zeilen, ansonsten geht es recht munter zu) wäre eine konstante Anzahl der Hebungen wichtig (oder eben regelmäßige Füllung). Zusätzlich verstärkst du den struppigen Rhythmus ab und zu durch einen unschönen Hebungsprall ("Wind schlägt", " bleib einfach"). Weiter verstärkt wir das Stocken durch das (häufige aber nicht konsequent durchgehaltene) Verschlucken der "e" am Ende – stemm, scheiter, fall, hör, würd, wie'n. Wahrscheinlich wirst du sagen, das sei dein Stil. Aber ist es guter Stil? Die letzte Zeile der zweiten Strophe müsste korrekt " dass Stabil- und Gefestigtsein." geschrieben werden (wie das Sein, das Nichtsein) und nach der zweiten Zeile der Strophe würde ich eine Punkt setzten. Auch möchte ich dir raten, über die Schwierigkeit nachzudenken, gute Ich-Gedichte zu schreiben. Es ist meiner Meinung nach viel einfacher und wirkungsvoller, das "ich" außen vor zu lassen. Um anzudeuten, was ich damit meine, erinnere dich z.B. an Shakespeares König Lear, und das Unwetter, dem er ausgesetzt ist. Er beschreibt nicht in einem Monolog, was mit ihm los ist, wie seine Seele bis zum Wahnsinn zerrissen wird, was in einem Drama ja gut möglich wäre. Das Unwetter wirkt als Metapher viel stärker, als jeder Ich-Monolog, der zwangsläufig durch die Vermittlung der Sprache gemildert ist. Schließlich solltest du noch überlegen, ob es auch ein bisschen weniger drastisch geht, ob man z.B. gleich vom Wind zu Boden gehauen werden muss, um nach Mamma zu rufen. Du bist noch jung, und in deinem Alter habe ich auch gerne mit Signalfarben gepinselt, aber die Wirkung ist nicht optimal, etwa so, wie die etwas zu starke Schminke nicht zur Verschönerung beiträgt. Nimm das als Tipps eines alten Knackers und nicht als Kritik. Du musst deinen Stil selbst finden, aber darüber nachdenken, das wird kann schaden. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
23.12.2018, 00:20 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Thomas,
vielen Dank für deine sehr hilfreichen Anmerkungen, von denen ich schon einige übernommen habe. Bezüglich des Stockens, muss ich sagen, dass es auch vor dem Hintergrund des Themas durchaus gewollt war, ich aber die nicht optimale Wirkung verstehen kann. Daher: Wenn du Ideen zur Umgestaltung hast wäre ich dankbar dafür. Bezüglich der Drastik und der Ich-Perspektive möchte ich sagen, dass ich oft aus der Emotion heraus schreibe und dementsprechend ungefiltert und roh und eben nicht subtil oder irgendwie intersubjektiv ist es dann manchmal auch. Die Anmerkung mit den Ich-Gedichten werde ich mir aber definitiv durch den Kopf gehen lassen und mal versuchen, ob ich da für mich auch andere Wege gehen kann. Bei der Drastik muss ich sagen, dass ich die als Mittel schon mag, aber auch weiß, dass es nicht jedermanns Geschmack ist. Das lässt sich generell über dieses Gedicht sagen und deswegen auch danke für deine Ehrlichkeit und für die sachliche Art der Formulierung. |
23.12.2018, 07:56 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Sebastian,
Verbesserungsvorschläge sind schwer zu machen, ich bin auch generell der Meinung, lieber in Zukunft berücksichtigen, anstatt nachträglich verschlimmbessern. Besonders wenn man spontan geschrieben hat. Liebe Grüße Thomas
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23.12.2018, 11:29 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo und guten Tag,
das Gedicht wirkt sehr "roh" - eben , wie Du sagst, aus der Emotion heraus geschrieben. Gute Ideen wurden ja schon einige genannt. Ich möchte noch über das "Bild" in der ersten Strophe was sagen: Der Wind als Fehdehandschuh. Dies finde ich sehr gelungen und sprechend. Gruß volleer
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Das Leben ist gut und licht.
Das Leben hat goldene Gassen. Fester wollen wirs fassen. Wir fürchten das Leben nicht. R.M. Rilke Du kannst nicht in die Vergangenheit gehen und neu beginnen. Aber Du kannst jetzt anfangen, ein neues Ende zu schaffen "Nicht müde werden / sondern dem Wunder / leise / wie einem Vogel / die Hand hinhalten" Hilde Domin |
24.12.2018, 12:51 | #6 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Vielen Dank Thomas für deine Einschätzung. Ich versuche, dass alles in Zukunft in Betracht zu ziehen und für mich selbst einzuarbeiten. Vielen Dank auch für deinen Kommentar vollleer. Es freut mich, dass dieses Bild sehr gut rübergekommen ist, da es ja genauso impulsiv entstand wie der Rest, worin Chance aber auch immer Risiko liegt.
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