17.06.2010, 20:25 | #1 |
Verstorbener Eiland-Dichter
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Sommernacht
Sommernacht
Wie lieblich die Nacht war! Frieden lag über Wäldern und Wiesen, die Straßen verlassen, kein Lüftchen regte die Blätter im Hag. Dem Lauscher im Lande wurde die große Stille vernehmlich nur durch das Murmeln des Baches im grünen Bette der Au. Mit Daunen dunklen Gewölks deckte der Himmel die Erde, zu wahren die Wärme des Tages vor der neidischen Kälte des Alls. Die schwere Süße duftender Blüten hing in der Luft, gleichsam betäubend den Atem der Zeit – Die Welt lag im Traum. – Da teilte die Wolken behutsam die lächelnde Göttin Selene, ihr Glanz brach hervor, und auf silbernen Strahlen glitt sie zur Erde. Behende durchstreifte sie eilenden Flugs die weiten Gefilde, kaum daß der flüchtige Fuß den Tau im Grase berührte. Und dennoch erweckte ihr schimmernder Glanz manch schlummerndes Leben, das sich bisher noch befangen im Schutze des Dunkels verbarg. Es zirpte die Grille, die Nachtigal hob verschlafen ihr Köpfchen, verhalten begann sie ihr Lied, zu preisen die Schönheit der Nacht. Und allüberall regt sich auf einmal heimliches Treiben, es raschelt in Hain und Gehölz, und es wispert in Hecke und Busch. Allen Gefahren zum Trotz wagt sich das Mäuslein hervor, denn die Beere funkelt im Licht und duftet so lieblich und lockt. Der alte Hase streckt seine Läufe und richtet die Löffel, deucht es ihm doch, als hoppelt die Häsin, die junge, vorbei. Der Mutter vertrauend verläßt auch das Kitz den schützenden Waldrand und bestaunt mit großen Augen die Wunder der nächtlichen Welt. Jetzt beginnen die Frösche sogar ein gewaltiges Loblied zu üben, und baden im Perlmutterregen, wo der Bach am Steine sich bricht. Der Igel selbst, der rauhe Geselle, schnauft heut’ behaglich, er, der sonst nur geschäftig der Suche nach Nahrung obliegt. Verborgen den Sinnen des Schläfers, der dem Tage nur huldigt, treiben ihr munteres Wesen nun die Geschöpfe der Nacht Sie alle belebte der Kuß der zärtlichen Göttin Selene, und keines ersehnte die Stunde, da Eos den Zauber zerstört. Nur Reinke, der Räuber, schnürte vom Anstand verdrossen zur Seite, war doch das Mäuslein, das zarte, ihm eben beizeiten entkommen. Sedinus |
01.07.2010, 22:56 | #2 |
Gast
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Hei hei Sedinus,
mein erster Eindruck? Zu viel, zu lang, zu gedrängt. Dennoch: Ein nettes Werk über all die Nachtaktiven. Die Maus als kleiner roter Faden, sehr sinnig und mE gelungen. Nur beim Fuchs verstehe ich das "geschnürt" nicht wirklich? Der Form halber würde ich das Werk zergliedern und nicht derart zentrieren. LG, L. |
06.07.2010, 19:28 | #3 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Lieber Sedinus,
hör nicht auf Limes, er ist wahrscheinlich noch zu jung und zu lebhaft, um sich in diesem "Mikrokosmos" zu verlieren. Ich habe jedes Geschehen bildlich aufgenommen und die lyrischen Verse genossen. Goethe hätte zu dir gesagt: "Sedinus, damit kommst du meinem Osterspaziergang sehr nahe." Ich wurde über dein Gedicht daran erinnert und habe es im Anschluss gelesen. Google macht's möglich. Der schnürende Reineke tat mir besonders gut. Er verzog sich und das Mäuslein durfte die Sommernacht leben. Gefällt mir sehr, sehr gut. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
15.07.2010, 00:04 | #4 |
Lyrische Emotion
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Beiträge: 9.913
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Hallo Sedinus,
ein wirklich langer Text, den der geneigte Leser klassischer Lyrik aber sicherlich zu schätzen weiß. Natürlich kommt er in einem etwas altmodischen Gewand daher, doch das macht m. E. den Reiz hier aus. Die Bilder sind wunderbar lyrisch und auch die Metaphern wissen wir zu gefallen. Besonders schön finde ich das Bild der lächelnden Göttin Silene, die auf silbernen Strahlen zur Erde glitt. Damit ist das Mondlicht prima eingefangen. Kurz noch zur Aufklärung für limes: Der Fuchs "schnürt" tatsächlich, denn eine Gangart des Fuchses ist der schnelle Trab, der auch fachmännisch "schnüren" genannt wird. Alles in allem transportiert dein Gedicht eine wunderbare (Sommer)Nachtstimmung, die zum Träumen einlädt. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
21.07.2010, 19:57 | #5 |
Verstorbener Eiland-Dichter
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Beiträge: 29
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Lieber Limes,
danke für Deine aufrichtige Kommentierung. Erstaunt hat mich, dass Du mit „schnüren“ nichts anfangen konntest. Inzwischen hat Dir Falderwald ja schon auf die Sprünge geholfen. Ausführlicher bei Google. Wenn jemand ein Gedicht als zu lang empfindet, dann rate ich, es als kurze Ballade zu lesen. Meistens hilft das. Wenn dann allerdings über die Kürze der Ballade geklagt wird, dann weiß ich auch nicht weiter. Gruß von Sedinus Liebe Dana, lieber Falderwald, ich hatte ja schon Gelegenheit mich direkt bei Euch für Eure freundlichen Kommentare zu bedanken. Wenn ich das hier noch einmal tue, dann deshalb, dass nicht im Forum der Eindruck entsteht, ich hätte Eure Kommentare keiner Antwort gewürdigt. Liebe Grüße! Sedinus |
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