16.12.2011, 15:56 | #1 |
Gast
Beiträge: n/a
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der reime macht
der sturmwind treibt
die flocken durch die leeren gassen. wer drinnen bleibt, vertraut darauf, dass niemand draussen sei. man fühlt sich dennoch nicht ganz wohl dabei und klammert sich an warme kaffeetassen. die tür springt auf, der sturmwind hat sie aufgewuchtet und braust herauf, nimmt alle stufen mit nur einem schritt. ich sage: komm, trink eine tasse mit! doch hat dies leider nicht gefruchtet. der sturmwind reisst die tasse samt kaffee aus meinen händen sein atem beisst mich frostig, graupelschaurig im gesicht. ich rezitiere hurtig ein gedicht und kann den albtraum so beenden. |
17.12.2011, 10:48 | #2 | ||||
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 1.836
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Guten Morgen, wolo,
"der reime macht" - hier ist die Kleinschreibung sehr angebracht. Hier kann ich unter dem Titel "Der Reime Macht" verstehen, aber auch "Der (der) Reime macht". Mittlerweile weißt du ja, dass ich das mag. Der "Schneesturm" ist eine gut gewählte Metapher für die Stürme, die immer wieder auftreten, denn er enthält (im Gegensatz zu z. B. einem Sommergewitter) auch die Assoziation mit "Kälte". Zitat:
Zitat:
Der Sturm gewinnt schneller an "Boden" als vermutet (gehofft, geglaubt, gewünscht), er ist da, "bevor man sich versieht". Das "Friedenangebot / angebotene Arrangement", indem der Sturm "eingeladen" wird, eine "Tasse Kaffee" mitzutrinken - nein, das "fruchtet" nicht, wenn versucht wird, mit der "Gewalt" des Sturms "Frieden" zu schließen. Zitat:
Zitat:
Ja, es hilft, ein "Gedicht zu rezitieren", aber eben nur im "übertragenen Sinne". Ich denke, dass der Sturm damit lediglich "aus dem Haus vertrieben" - aber nicht wirklich beendet wird. Schön wäre es ja! Leider ist das nicht so, nur hat das LI jetzt wieder die Möglichkeit, sich frischen Kaffee aufzubrühen, um zu hoffen, dass der nächste Schneesturm nicht wieder seinen Weg ins Haus findet. Allerdings gibt es eine Wahrheit, die den Schneesturm tatsächlich beenden könnte. Nur bräuchte man dafür viele, sehr viele Gedichtrezitationen - und noch mehr Leute, die "zuhören". Auch das wäre sehr, sehr schön. Bleibt aber, so fürchte ich, illusionär ... Trotzdem: Rezitiere weiter, LI - mein LI macht das auch, immer wieder und unverdrossen. Die "Form" folgt sehr gelungen dem Inhalt. Die kurzen Verse mit zwei Hebungen passen gut, allerdings in Strophe 1 in einem Vers eher nicht: "wer drinnen bleibt". Das ist "passiv", während der Inhalt ansonsten "stürmisch-aktiv" ist. Nur als Anmerkung. Auch die längeren Verse (mit 4 oder 5 Hebungen) gehen mit dem Inhalt "mit". Außerdem wirkt die Struktur des Metrums gut, ich assoziiere das mit "An- und Abflauen" von "Sturmböen". Dass die Kadenzen nicht regelmäßig alternieren, ist ebenfalls stimmig - nicht jede "Bö" ist "gleich". Die Metaphern sind gut gewählt, mir wurde sofort klar, was "gemeint" ist. Besonders gefällt mir dein Neologismus "graupelschaurig". Graupelschauer - Graupel - schaurig. Wieder eines deiner Gedichte, das mir sehr gut gefällt - wirklich. Gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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20.12.2011, 23:59 | #3 |
Gast
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hallo stimme der zeit
wenn ich einen deiner kommentare zu meinen sachen auswählen dürfte, wäre es wohl dieser. er passt wie angegossen und ergänzt mir meine sicht beim schreiben nachträglich beim lesen. dennoch zwei bemerkungen: ich nehme an, dass dir die regelmässigkeit des kadenzenwechsels über die strophen hinweg nicht entgangen ist und dass du mit deiner bemerkung den wechsel innerhalb einer strophe meinst. und: ich brauche ungern worte wie "metaphern" oder "was gemeint ist", weil ich beim schreiben sowohl meiner schlechteren wie meiner besseren gedichte eigentlich immer "in der szene drin" stecke und vor der titelwahl kaum sehe, ob da irgendetwas gemeint sein könnte. vielleicht geht es auch andern so. würde mich interessieren. deine besprechung war ein echter aufsteller lg wolo |
21.12.2011, 09:45 | #4 | ||||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
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Beiträge: 1.836
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Guten Morgen, wolo,
ich gebe dir gerne noch eine "Rückmeldung". Zitat:
Zitat:
Zitat:
Ja, ich stecke auch beim Schreiben "in der Szene drin". Und ich bemerke ebenfalls erst beim Überarbeiten, was genau ich geschrieben habe und die Metaphernwahl, zu der ich "griff" (auch rhetorische Stilmittel, die ich "eingebaut" habe). Wenn ich dann allerdings Änderungen vornehme, geschieht die "Wahl der Mittel" ganz bewusst. Ich sprach in meinem Kommentar von "Metaphern" und von "was gemeint ist", ja. Denn ich bin ja hier die "Leserin". Es ist so, dass nicht alles, was man selbst schreibt, auch von Anderen so verstanden wird, wie es gemeint ist. (Selbst versteht man's natürlich, logisch!) Aber als ein "anderer Kopf" bzw. eben als Leser gibt es auch Gedichte, die einen ganz schön vor "Rätsel" stellen, was denn "gemeint sein könnte". Ich habe dir hier also ein Kompliment gemacht! Bei meinen Gedichten erhalte ich auch oft Kommentare, die etwas anderes "herausinterpretieren", als ich "hineingelegt" habe - selten, dass jemand anders genau das herausliest, was ich sagen wollte. Das sind für mich dann immer fast "Sternstunden", wenn es doch mal so ist. Es ist leicht, das eigene Gedicht zu verstehen. Aber gar nicht einfach, es andere "richtig" verstehen zu lassen. Das meinte ich damit. Nimm das getrost als dickes Lob! Zitat:
Liebe Grüße Stimme
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